Kahlschlag (German Edition)
machen. Das ging nur mit einer Gitarre.
Hillbilly dachte an den Farbigen, dem die Mundharmonika und die Maultrommel gehört hatten, und an die Hobos, die mit ihm zusammengewesen waren, und verspürte einen Anflug von Reue. Er war nicht stolz darauf, dass er ihnen im Schlaf die Kehlen durchgeschnitten hatte, aber er hatte die Sachen nun mal gebraucht. Die Mundharmonika, die Maultrommel, das bisschen Geld, das sie bei sich hatten, ein paar Kleinigkeiten, die er gern haben wollte. So wie er das sah, war ihm gar nichts anderes übrig geblieben. Es war leichter gewesen, sie im Schlaf zu töten. Wenn er versucht hätte, einen zu berauben, und es zu einer Rauferei gekommen wäre, hätte er drei auf einmal gegen sich gehabt, und obwohl er ein guter Kämpfer war, wollte er es nicht mit dreien gleichzeitig aufnehmen müssen. Er hatte schon vor langer Zeit gelernt, dass der einfachste Weg der beste war. Die Hobos waren gut zu ihm gewesen, hatten ihr Essen und ihre Musik mit ihm geteilt, aber er hatte getan, was er getan hatte, weil das nun mal der Lauf der Welt war.
Auch Sunset war gut zu ihm gewesen. Und die eine Nacht, oben auf dem Aussichtspunkt, war sie ganz besonders gut zu ihm gewesen. Er hätte das gern länger fortgesetzt und noch mehr aus der Sache rausgeholt, aber er hatte der Tochter nicht widerstehen können. Er wusste, dass man ihn irgendwann dafür drankriegen würde, dass er sie gevögelt hatte.
Vielleicht sollte er allmählich weiterziehen und nicht länger in Holiday rumhängen. Lieber in die nächste Stadt gehen und dort in ein paar Kneipen spielen. Wenn er genug Geld verdiente, könnte er ein besseres Leben haben. Nicht einfach nur eins mit mehr Besitztümern, sondern ein besseres Leben, in dem er nicht mehr so viel lügen, betrügen und morden musste. Vielleicht könnte er das schaffen. Kurze Zeit hatte er gedacht, mit Sunset könnte ihm das gelingen. Aber dann war da die Tochter gewesen, süß und reif und willig. Offensichtlich war immer dann, wenn er gefunden hatte, was er sich wünschte, etwas Interessantes auf der anderen Seite des Zauns, und danach musste er einfach greifen.
Er legte die Zigarette auf die Untertasse neben dem Bett und strich der Hure über den Hintern. Sie wachte auf, drehte sich um und grinste ihn an. »Du bist wirklich ein gut bestückter Mann, Hillbilly.«
»Freut mich, dass dir das auffällt.«
»Geld willst du mir aber keins geben, oder?«
»Ich hab momentan kein Geld. Das ist alles für die Wohnungsmiete und für die Gitarre draufgegangen. War das Lied, das ich für dich gesungen hab, nicht Bezahlung genug? Teufel auch, sogar Jimmy Rodgers hätte das nicht besser machen können.«
Die Hure lachte. »Von einem Lied kann ich mir nichts kaufen. Aber es war nett. Und ich weiß nicht, ob Jimmy Rodgers es besser gemacht hätte als du. Jimmy Rodgers hab ich noch nicht gehabt.«
»Ich kann noch ein Lied singen, für die nächste Runde.«
»Schätzchen, das brauchst du nicht. Komm her.«
Das hier ist die Wohnung«, sagte Clyde, der die Taschenlampe auf die Nummer gerichtet hielt, die oben an der Treppe stand. »Das ist die Adresse, die er mir gegeben hat.«
Lee nickte.
Es war nicht weit oben, nur ein paar Treppenstufen an der Außenseite des Gebäudes hinauf, und schon war man da. Durch das Fenster sahen sie, dass drinnen Licht brannte. Unterhalb des Fensters verlief eine Gasse, in der einige Mülltonnen standen.
»Er ist stärker, als er aussieht«, sagte Clyde. »Der hat mir das Fell gegerbt, als wär ich der letzte Trottel, der sich nicht wehren kann. Ich hab mich angestellt, als hätte ich ne Augenbinde um und wär mit dem Schwanz an einen Amboss gekettet.«
»Also gut«, sagte Lee. »Sie bleiben, wo Sie sind, und ich gehe rauf.«
»Ich hab nicht gesagt, dass ich Angst hab. Ich hab nur gesagt, er ist bösartig wie ein Keiler mit Terpentin auf den Eiern. Er ist nicht groß, aber er hat mich verprügelt, als wär ich ein Krüppel. Lassen Sie sich eins gesagt sein: Wenn er will, ist dieser Kerl der Teufel.«
»Ich weiß, dass Sie keine Angst haben. Ich will trotzdem, dass Sie hierbleiben.«
»Ich hab nen Totschläger dabei, wenn Sie den wollen.«
»Nein, behalten Sie ihn.«
»Dann nehmen Sie die Taschenlampe. Die ist ziemlich schwer.«
»Nein. Die behalten Sie auch. Ich sehe genug.«
»Dass sie schwer ist, hat nichts mit Sehen zu tun. Ich hab gemeint, dass man ihm damit das Hirn zu Brei schlagen kann.«
»Ich weiß, aber behalten Sie sie trotzdem.«
»Wir
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