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Kahlschlag (German Edition)

Kahlschlag (German Edition)

Titel: Kahlschlag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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zwischen die beiden und legte die Arme um sie. »Eigentlich sollte ich euch verhaften, aber verdammt – Holiday ist schließlich nicht mein Zuständigkeitsbereich, habe ich recht?«
    »Genau«, erwiderte Clyde.
    »Na also«, sagte Sunset. »Dann sind mir wohl die Hände gebunden. Kommt rein. Es gibt gebratenes Eichhörnchen.«
     

KAPITEL 32
     
     
    Als Hillbilly wieder oben im Bett lag, versorgte die Hure seine Wunden, aber ihm gefiel das ganz und gar nicht, weil sie gesehen hatte, wie er verprügelt worden war. Und nicht zu knapp. Noch dazu von einem alten Mann. Und sonderlich gut sah er gerade auch nicht aus. Als er sich im Spiegel betrachtete, erblickte er jemanden, den er nicht kannte. Jemanden, der überall Schnittwunden hatte – als hätte er eine besondere Form von Syphilis – und dazu eine gebrochene Nase, aufgeschlagene Lippen, ein zugeschwollenes rechtes Auge und eine Wange, wie sie eigentlich nur ein Backenhörnchen haben sollte, das sich gerade jede Menge Nüsse hineingestopft hat. Dabei war die Wange nur geschwollen, weil er einen Backenzahn verloren hatte. Seine Eier waren auch nicht so gut beieinander. Sie hatten sich infolge des Tritts schwarz verfärbt wie verdorrte Pflaumen kurz vorm Herunterfallen. Von dem Sturz tat ihm alles weh. Seine Knie waren aufgeschlagen und seine Ellbogen auch. Er konnte kaum fassen, dass er sich nichts gebrochen hatte. Er fühlte sich innerlich ganz durchgerüttelt, als wäre irgendetwas Großes und Schnelles ratzfatz durch ihn hindurchgefegt.
    Die Blonde zupfte ihm mit den Fingernägeln einen Glassplitter aus dem Penis und legte ihn auf ein Taschentuch auf dem Nachttisch. Als sie mit einem feuchten Tuch sein Gemächt bedeckte, zuckte er zusammen. »Du kannst jetzt gehen«, sagte er.
    »Bist du sicher, mein Schatz?«
    »Ja. Ich möchte, dass du gehst.«
    »Das war ein übler Sturz. Du könntest innere Verletzungen haben. Vielleicht solltest du nicht allein bleiben.«
    »Doch. Du kannst gehen.«
    »Kommst du mich besuchen?«
    »Klar.«
    »Es kostet dich auch nichts. Du warst ja noch nicht fertig, weißt du.«
    »Ich weiß. Aber jetzt geh erst mal.«
    Sie stand auf und zog sich an. Als sie an der Tür stand, sagte sie: »Tut mir leid wegen deiner Gitarre.«
    »Schon gut.«
    »Du hast ja noch die Mundharmonika.«
    Hillbilly nahm den feuchten Lappen aus seinem Schritt und warf ihn nach ihr. »Raus, hab ich gesagt.«
    Der Lappen traf sie an der Schulter. Sie öffnete die Tür und schlüpfte rasch nach draußen.
    Hillbilly lag da und überlegte, was er als Nächstes tun sollte. Außer schnelle Bewegungen zu vermeiden. Dann kam ihm eine Idee, auf die ihn Rooster gebracht hatte. Sie entsprach allerdings nicht ganz dem, was Rooster im Sinn gehabt hatte. Er dachte über die Wohnung oberhalb der Drogerie nach, wo McBride wohnte. Dort musste er hingehen, mit dem Mann reden und herausfinden, ob bei dem, was McBride und Henry vorhatten, nicht auch für ihn was rausspringen konnte.
    Er war stolz auf seine Fähigkeit, immer den Weg des geringsten Widerstands zu wählen. Aber wenn es darum ging, jemandem etwas heimzuzahlen, dann war dieser Weg nicht der richtige. Er würde über scharfe Steine klettern und den verschissenen Arsch eines Maultiers küssen, um sich an jemandem zu rächen, der ihn schlecht behandelt hatte, vor allem an einem alten Mann, der ihn vor einer Scheißhure hatte blöd dastehen lassen.
    Er überlegte, dass er am besten gleich aufstehen, sich anziehen und zu McBride gehen sollte, aber sein Körper war anderer Meinung. Er sagte: Leg dich hin, Junge. Dir geht es nicht sonderlich gut. Und Hillbilly gehorchte. Sollte sein Körper doch seinen Willen haben. Aber in seinem Kopf arbeitete es, und er schmiedete Pläne, einer gemeiner als der andere.
     
    Nachdem sie mit dem Essen fertig waren und die Geschichte von der Tracht Prügel, die Lee Hillbilly verabreicht hatte, noch einmal erzählt worden war, und alle im Zelt saßen und Kaffee tranken, schlüpfte Sunset mit einem weißen Stoffstreifen, den sie von einem Handtuch abgerissen hatte, nach draußen. Sie befestigte ihn an einem Ast auf der Rückseite der großen Eiche.
    Ben trottete herbei und sah ihr zu. Als der Streifen hing, ging sie in die Hocke und streichelte ihn. Jetzt konnte sie nur noch abwarten, ob Bull auftauchen würde. Sie hoffte, er würde kommen. Sie brauchte ihn. Und sie war sich ziemlich sicher, dass Zendo ihn – ohne es zu wissen – ebenfalls brauchte.
     

KAPITEL 33
     
     
    Zwei Tage

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