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Kahlschlag (German Edition)

Kahlschlag (German Edition)

Titel: Kahlschlag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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die Jahre. Dass er so von einem alten Mann vermöbelt worden war, hatte sein Selbstvertrauen ziemlich erschüttert. Seit seiner Kindheit, als ihn sein Daddy ein paarmal mit einem Riemen geschlagen hatte, bis er bewusstlos war, hatte ihm niemand mehr eine derartige Tracht Prügel verabreicht. Seit er von zu Hause abgehauen war, war er in keinem Kampf mehr unterlegen, und jetzt hatte er gegen einen alten Mann verloren, und vor ihm saß ein weiterer alter Mann, und vor dem hatte er Angst. Mehr als vor Sunsets Vater. Diesem Kerl fehlte etwas, das eigentlich hätte da sein sollen. Das sah man in seinen Augen.
    Und nicht genug: da war auch noch dieser große Nigger, der Two hieß, und der hatte mit sich selbst geredet, als wäre jemand bei ihm. Die Fragen waren nicht an McBride gerichtet gewesen, sondern ins Nichts hinein, und er hatte sie sich selbst beantwortet. Und, verdammt noch mal, jetzt saß dieser große Nigger neben ihm auf dem Sofa, hatte ihm eine Hand aufs Knie gelegt, und Hillbilly, der konnte sich keinen Reim darauf machen, wusste nicht, was das sollte, aber die Hand lag da wie eine große schwarze Krabbe, schwer und warm und fest wie ein Langholzgreifer.
    Die Blonde war aus dem Zimmer geschickt worden. Hillbilly wünschte sich, sie wäre da, wünschte, er wäre vorher netter zu ihr gewesen. Er brauchte dringend ein freundliches Gesicht. Diese Kerle waren nur schwer zu überzeugen. Mit Männern war das oft so – sie durchschauten ihn, vielleicht nicht völlig, aber doch so weit, um auf der Hut zu sein. Mit Frauen war das etwas ganz anderes. Er redete gern mit Frauen. Er war gern in ihrer Nähe, und sie hatten ihn gern um sich, aber diese zwei – oder waren es drei? – ließen sich nicht beeindrucken.
    »Dann willst du dich also an dem Mann rächen, mit dem du dich geprügelt hast?«, fragte McBride und zündete seine Zigarre an. Er saß da in seiner weißen Rüschenschürze und seiner niggerschwarzen Perücke, und der große Neger, der trug einen Gehrock, wie man es vielleicht bei einem dieser Männer erwarten würde, die mit einem Stab vor einer Kapelle oder einem Orchester herumwedelten. Und dazu hatte er auch noch eine Melone auf dem Kopf.
    »Das ist das eine, ja«, antwortete Hillbilly. »Das andere ist, dass ich gedacht hab, ich könnte vielleicht ein bisschen Geld verdienen.«
    »Wenn man dir so zuhört, könnte man den Eindruck bekommen, du weißt Bescheid über diese Ölgeschichte«, sagte McBride. »Als wüsstest du alles.«
    Hillbilly nickte.
    »Wer alles weiß, kann ganz schön Ärger kriegen, nicht wahr, Two?«
    »Das kann er durchaus«, entgegnete Two. Und dann, mit einer anderen Stimme: »Genau so ist es, mein Freund.«
    »Zeig ihm doch mal ein bisschen, wie Ärger aussieht, Two«, sagte McBride. Two drückte Hillbillys Kniescheibe so fest, dass Hillbilly schon dachte, sie würde rausspringen. Er umklammerte Twos Handgelenk mit beiden Händen.
    »Lass los«, sagte Two. Und seine andere Stimme sagte: »Ja, tu das.«
    Hillbilly ließ los, und Two drückte weiter zu. Unwillkürlich fuhr Hillbilly mit der Hand zum Mund und biss sich ins Fleisch, um nicht zu schreien. Als er schon dachte, er würde sich die Hand abbeißen oder seine Kniescheibe würde herausspringen, ließ Two los und streichelte Hillbilly den Oberschenkel.
    »Das ist schon ein wenig ärgerlich«, sagte McBride. »Ich mag es nicht, wenn jemand weiß, was ich treibe, ohne dass ich es ihm erzählt hab. Ich mag nicht, dass du es von Rooster weißt, weil ich Rooster nicht leiden kann. Er ist weggelaufen, musst du wissen. Klüger, als er aussah, der Junge. Ich hatte keine Verwendung mehr für ihn, und ich vermute, das wusste er, und ihm war klar, was kommen würde. Für dich hab ich vielleicht noch Verwendung. Ich wette, du siehst ziemlich gut aus, wenn dein Gesicht heil ist. Stimmt das?«
    »Ja«, entgegnete Hillbilly. »Stimmt. Aber meine Nase, die wird nie wieder gerade sein.«
    McBride brach in schallendes Gelächter aus, und Two grinste so breit und hämisch, dass seine weißen Zähne blitzten.
    »Ich hab mal gegen Jack Johnson gekämpft, als er noch ein Niemand war«, sagte McBride. »Er hat mir die Nase gebrochen. Das hab ich aber erst später gemerkt. Wenn mir nicht ein Wirbelsturm in die Quere gekommen wäre, dann hätte ich vielleicht gewonnen. Das wird sich nie mehr klären lassen. Wir mussten aufhören, bevor wir richtig angefangen hatten. So eine Nase ist ne komische Sache. Die bricht ganz leicht. Komm, ich zeig’s

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