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Kahlschlag (German Edition)

Kahlschlag (German Edition)

Titel: Kahlschlag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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Versuch, den Geschäftsführer aufzutreiben, damit er ihnen den Laden öffnete. Sie holte ein Montiereisen aus dem Kofferraum ihres Autos und stemmte damit die Hintertür des Ladens auf. Dann gingen sie hinein und suchten sich im Licht einer Taschenlampe, was sie brauchten: Munition, Waffen, sämtliche vorhandenen Schrotflinten. Als Nächstes holten sie Marilyn aus dem Bett, und anschließend zwängten sie sich alle ins Auto und fuhren dorthin, wo sich Bull und Zendo mit seiner Familie aufhielten.
    »Aber Sie haben doch gesagt, Bull täte bei uns bleiben«, protestierte Zendo.
    »Ich weiß, was ich gesagt habe«, erwiderte Sunset. »Aber die Lage hat sich geändert.« Sie erzählte ihnen, was passiert war, und fügte hinzu: »An dich werden sie gar keinen Gedanken verschwenden. Und falls doch, wissen sie nicht, dass du hier bist. Wenn du willst, kannst du dich auch draußen im Wald verstecken. Aber Bull muss ich mitnehmen. Solltest du aus irgendeinem Grund nichts von uns hören, sagen wir bis heute Abend, dann solltest du lieber verschwinden.«
    »Und wohin?«, fragte Zendos Frau.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Sunset.
    Bull stand auf und sagte: »Tu du die Schrotflinte behalten, Zendo. Die leistet dir prima Gesellschaft. Ich glaub, der Constable hat recht. Wir knöpfen sie uns vor. Ich hätt das ja gleich gemacht. Aber ich bin ja auch nicht das Gesetz.«
    »Die werden alle Hände voll mit uns zu tun haben«, versicherte Lee. »Die werden gar nicht an dich denken, Zendo.«
    »Wenn ich nicht das Gefühl hätte, dass du hier sicher bist, würde ich Karen nicht bei dir lassen«, fügte Sunset hinzu. »Aber dennoch: Falls wir nicht zurückkommen, geh, und nimm Karen ebenfalls mit.«
    »Oh Mama«, sagte Karen.
    »Wir kommen zurück«, beruhigte Sunset sie. »Das ist nur eine Vorsichtsmaßnahme.«
    »Goose kommt schließlich auch nicht mehr zurück, oder?«
    »Du musst jetzt ganz stark sein«, erwiderte Sunset.
    »Ich hab Angst«, sagte Zendo. »Da will ich Sie gar nicht anlügen.«
    »Wir alle haben Angst«, entgegnete Sunset. »Und ich habe es satt, Angst zu haben und verwirrt zu sein und wegen Dingen beschuldigt zu werden, die ich nicht getan habe. Ich habe es satt, dass irgendwelche hohen Tiere und starken Männer betrügen, stehlen und morden, und ich habe es satt, dass ich nicht gemerkt habe, dass einer meiner Deputys ein Lügner und ein mieses Schwein ist. Sie haben einen Jungen umgebracht. Goose. Einen braven Jungen. Einen von ihren Leuten haben sie ebenfalls umgebracht, haben ihn erschossen, als er an einen Pfosten gekettet war. Und meinen Hund haben sie auch getötet.«
    Schließlich teilten sie die Waffen unter sich auf. Jeder nahm sich ein halbautomatisches Kaliber-Zwölf-Gewehr und eine Schachtel Munition. Sie luden die Waffen und steckten sich weitere Munition in die Taschen. Sunset kontrollierte, ob in ihrer .38er sechs Kugeln steckten. Sie und Bull trugen als einzige Handfeuerwaffen. Sunset reichte ihre an Karen weiter und sagte: »Pass auf, dass du dich nicht erschießt.« Dann drehte sie sich zu Bull und Lee um und sagte: »Bull, Daddy, kraft meines Amtes ernenne ich euch zu Deputys.«
    »Verdammt, gilt das auch für einen Farbigen?«, fragte Bull.
    »Heute schon.«
    Das Schwein grunzte. Clyde sagte: »Das ist ein prima Schwein. An eurer Stelle würde ich das nicht essen.«
     
    Als sie das kleine Haus verließen und ins Auto steigen wollten, hörten sie ein Geräusch, das wie ein lautes Seufzen klang. Sie sahen nach oben und stellten fest, dass der Mond von einer Wolke aus Heuschrecken verdeckt wurde. Das Geräusch, das die Heuschrecken machten, wurde lauter, von einem Seufzen zu einem Summen zu einem Surren, das sie an die große Säge oben auf dem Hügel in Camp Rapture erinnerte. Zu diesem Zeitpunkt konnten sie das noch nicht wissen, aber die Heuschrecken waren bereits über Zendos Feld hergefallen. Diesen Sommer würde er darauf nicht mehr arbeiten müssen, denn innerhalb von Minuten hatte sich die dunkle Insektenflut im Licht des Monds über sein Feld ergossen, alles kahlgefressen und nur noch Wurzeln und Erde übriggelassen. Dann war sie aufgeflogen und hatte den Himmel über Sunset und ihren Leuten verdunkelt.
    Sunset fuhr, Clyde saß neben ihr, Bull und Lee hinten. Es wurde allmählich Tag und der nachtschwarze Himmel bereits hell. Unterwegs sammelten sich so viele Insekten auf der Windschutzscheibe, dass Sunset anhalten und sie mit einem Stock herunterkratzen musste. Mit einem Lappen, den

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