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Kahlschlag (German Edition)

Kahlschlag (German Edition)

Titel: Kahlschlag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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wenn er fertig war, ein seltsames Geräusch gemacht hatte, wie eine kranke Maus, die sich räuspert. Seine Hüften waren erschlafft, und die kranke Maus hatte die Kontrolle übernommen. Ein Husten, gefolgt von einem leisen, erstickten Ton, als hätte er lauter Spinnennetze in der Kehle. Dann Stille und Sabber auf ihrer Schulter. Sunset hatte nie herausgefunden, was dieser Ton bedeutete, aber er gab ihn jedes Mal von sich, und sie fragte sich, ob er ihn bei seinen Huren und Geliebten wohl auch gemacht hatte.
    »Du fragst dich vermutlich, worauf ich hinaus will«, sagte Marilyn.
    »Ich weiß, dass Mr. Jones weg ist«, entgegnete Sunset. »Das weiß ich schon.«
    »Letzte Nacht hat es mir gereicht. Der Junge da drinnen wäre nicht tot, wenn ich mir Jones’ Prügel nicht immer widerstandslos gefallen lassen hätte. Wenn ich mich gewehrt oder Pete genommen hätte und fortgegangen wäre, hätte das alles nicht passieren müssen. Ich wollte nicht, dass mein Sohn stirbt, Sunset, aber ich nehme an, ich habe genauso Schuld daran wie Jones. Hättest du nicht getan, was du getan hast, hätte Pete dich vielleicht umgebracht. Und Jones mich vielleicht auch irgendwann. Vermutlich ist er inzwischen zu alt, um noch so richtig kraftvoll zuzuschlagen, aber um mich ernsthaft zu verletzen, hätte es noch gereicht. An manchen Tagen ging es ihm einfach besser, wenn er mich schlug. Dann hat er behauptet, ich hätte mich mit irgendwelchen Männern rumgetrieben, obwohl er genau wusste, dass das nicht stimmte und auch gar nicht sein konnte, weil ich den ganzen Tag im Haus war. Aber mit Logik hat das alles nichts zu tun. Als ich Pete da drinnen gesehen habe, ist das alles hochgekommen, und ich hatte es einfach satt. Ich hatte keine Lust mehr, dafür zu sorgen, dass irgendetwas gut wird. Ich habe Jones ins Betttuch eingenäht, während er schlief, und ihn dann mit dem Rechen verprügelt.«
    »Mit dem Rechen?«
    »Genau. Und dann habe ich mir Jones’ Schrotflinte genommen und ihn rausgeschmissen.«
    »Was willst du jetzt machen?«
    »Was wollen wir beide jetzt machen? Am besten bleiben wir erst mal alle hier. Ich habe Geld, meine Liebe. Und ich habe mich erlöst. So nennt man das doch, oder?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Doch. Genau das ist es. Eine Erlösung. So gut und stark habe ich mich schon seit Jahren nicht mehr gefühlt.«
    »Ich kann nicht von deinem Geld leben, Marilyn. Und das werde ich auch nicht.«
    »Du solltest dich nicht hinter deinem Stolz verschanzen. Was willst du denn machen?«
    »Irgendwas wird mir schon einfallen.«
    »Für Karen ist es das Beste, wenn ihr hier bleibt. Irgendwann findest du schon wieder einen anderen Mann. Oder, wenn du Glück hast, vielleicht auch nicht.«
    »Es können doch nicht alle Männer so sein.«
    »Meine Erfahrung ist begrenzt. Und gut war sie nicht.«
    »Ich möchte arbeiten, Marilyn. Ich möchte Geld verdienen, für Karen und für mich, und ich will auch von keinem Mann abhängig sein. In der Situation war ich, und es hat mir ganz und gar nicht gefallen.«
    »Das wird nicht einfach, meine Liebe. Jedenfalls nicht, wenn du meine Unterstützung ablehnst, bis du etwas Geeignetes findest.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob Karen mir jemals wirklich verzeihen wird.«
    »Das sollte sie aber. Ich habe es ja auch getan. Nicht, dass es mir gefällt, dass mein Junge tot in dem Sarg liegt, aber ich will nicht auch noch dich und mein Enkelkind verlieren. Wir werden das schon hinbekommen, Sunset, das verspreche ich dir. Weißt du was?«
    »Was denn?«
    »Lass uns reingehen und dein Gesicht behandeln. Ich habe etwas, das die Blutergüsse abschwellen lässt. Außerdem habe ich noch Kleider, die dir vermutlich besser passen als das, was ich dir gegeben habe. Ich war nicht immer so dick. Komm, meine Liebe.«
    Marilyn stand auf und hielt Sunset lächelnd die Hand hin. Sunset zögerte kurz, ergriff sie dann aber.
     
    Die Beerdigung fand auf einem kleinen Hügel unter einer riesigen Eiche statt. Pete wurde in der Nähe der Eiche beigesetzt, neben den Gräbern von Jones’ Eltern und nicht weit entfernt von dem namenlosen Grab jenes Hundes der Familie, der mit ihnen den ganzen Weg vom Norden hier herunter gereist war, dann nach Nacogdoches und Camp Rapture, und der schließlich im reifen Hundealter von fünfzehn Jahren während einer Familienfeier an einem Hühnerknochen erstickt war.
    Zu dem Begräbnis waren viele Leute gekommen. Manche waren da, weil sie Pete gekannt hatten, andere aus Höflichkeit und weil sonst

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