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Kahlschlag (German Edition)

Kahlschlag (German Edition)

Titel: Kahlschlag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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späten Nachmittag schmeckte er ihm bereits richtig gut, und so trank er die Flasche aus und schlief auf dem Stuhl ein. Die Pläne für ein neues Zuhause nahm er mit in den Schlaf. Er würde ein neues Haus bauen. Eins ohne Zeitungen und Schrott und Feuchtigkeit und Schimmel, ohne undichtes Dach und den Gestank nach Hühnerscheiße. Das neue würde gut riechen, und es würde weiß gestrichen sein, mit einem regendichten Dach und einem brandneuen Kamin aus roten Ziegeln und Gips.
    Im Schlaf wünschte er sich, er könnte sich selbst auch niederbrennen und wieder aufbauen, vielleicht als Hillbillys Ebenbild. Ob es dafür wohl eine Blaupause gab?
    Der Rauch war nicht mehr schwarz, sondern weiß, und er stieg nicht mehr in Wolken auf, sondern nur noch in kleinen Rauchsäulen, und bald tat er nicht einmal mehr das. Am späten Nachmittag, während Clyde schlief, setzte ein leichter Regen ein, wirbelte die Asche auf und erzeugte frischen Rauch. Blitze zuckten, Donner krachte, aber Clyde bekam von all dem nichts mit.
     
    Ungefähr um die Zeit, als Clyde unter der Plane sein Nickerchen hielt und der Regen auf die schwelenden Überreste seines Hauses fiel, kam Zendo in seinem Pick-up angefahren und parkte vor Sunsets Zelt. Er stieg aus und ging vorsichtig auf das Zelt zu, griff aber nicht nach der Zeltklappe, sondern hielt respektvoll Abstand und rief: »Miss Constable. Miss Jones.«
    Sunset, Hillbilly und Karen saßen auf der Büroseite und spielten Karten. Sie standen auf und gingen nach draußen. Zendo war zu seinem Wagen zurückgewichen. In der Hand hielt er seinen Hut und drehte ihn hin und her wie ein Steuerrad. Der Regen lief ihm übers Gesicht, und seine Kleidung war ganz feucht.
    »Zendo«, sagte Sunset. »Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.«
    »Nein, Ma’am. Ich hab keinen Geist gesehn. Ich hab was Schlimmeres gesehn.«
     
    Karen musste, sehr zu ihrem Unmut, beim Zelt bleiben. Sunset und Hillbilly folgten Zendo in Clydes Pick-up. Sie fuhren zu dem Baum, wo sie das erste Mal mit Zendo gesprochen hatten, stellten den Wagen darunter ab und stiegen aus.
    Zendo hatte die Maultiere ausgeschirrt und sie an zwei verschiedene Bäume in der Nähe der Eiche gebunden, damit sie nicht nacheinander schnappten. Sein Pflug, an dem eine Mittelschar befestigt war, lag auf der Seite.
    Zendo kam zu ihnen herüber und sagte: »Ich zeig’s Ihnen jetzt.« Er ging los, und die beiden marschierten hinterher. »Ich hab beschlossen, ich hol ein bisschen mehr aus meinem Land raus. Mach noch so’n paar Reihen dazu, näher am Wald, da, wo ich das Gefäß mit dem Säugling gefunden hab, und, nun ja, da hat mein Pflug dann das erwischt.« Er deutete mit dem Finger.
    Sie blickten nach unten. Aus dem Boden ragte etwas Dunkles, Rundes heraus, dessen Spitze von etwas Faserigem, Öligem bedeckt war. Der Pflug hatte es aufgerissen, und an der Stelle war es innen ganz schwarz. Es sah aus wie nasser alter Kork.
    »Ist das irgendein Gemüse?«, fragte Hillbilly.
    »Nein, Sir, ist es nicht«, antwortete Zendo. »Kommen Sie mal auf diese Seite.«
    Sie taten wie geheißen. »Sehn Sie sich’s jetzt mal an.«
    Sunset hockte sich hin und drehte den Kopf. Die große Steckrübe hatte eine Augenhöhle, die voll mit schwarzer Erde war. Unter den Augen war ein Nasenflügel und darunter eine Lippe. Ein Teil der Lippe fehlte, und der verbliebene Teil sah aus, als wäre er getrocknet wie ein Wurm auf einer heißen Herdplatte. Die Lippe war so zusammengeschrumpelt, dass Sunset mit Erde beschmierte Zähne erkennen konnte. »Mein Gott!«, sagte sie.
    »Ist das ne Wassermelone?«, fragte Hillbilly.
    »Nein.«
    »Naa, keine Wassermelone«, bestätigte Zendo.
    Hillbilly bückte sich, sah genau hin und sagte: »Nein. Eine Wassermelone ist das nicht.«
     
    Sie brauchten lange und mussten langsam und vorsichtig vorgehen, weil immer wieder Teile abfielen. Die Leiche war kerzengerade in die Erde gesteckt worden, wie ein Pfosten. Sie war mit etwas Schwarzem, Klebrigem überzogen.
    »Genau wie bei dem Säugling«, sagte Zendo. »Alles ganz ölig.«
    »Ist das in deinem Boden?«, fragte Hillbilly. »Das Öl?«
    »In diesem Boden hat’s kein Öl.«
    »Keine Würmer«, bemerkte Sunset. »Vielleicht war die Leiche noch nicht lange da drin.«
    »Ich glaub, das kommt von dem öligen Zeug. Deshalb verrottet die Leiche nicht so schnell. Jedenfalls nicht ganz. Die Würmer haben gefressen, was ihnen geschmeckt hat. Den Rest mochten sie nicht.«
    »Wer hätte gedacht,

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