Kahlschlag (German Edition)

nicht gefallen, wie er geredet hat.«
    »Ich kann so etwas schon selbst regeln. Wenn du anfängst, mir die Dinge aus der Hand zu nehmen, obwohl es nicht nötig ist und ich dich nicht darum gebeten habe, dann glauben die Leute, ich wäre nicht in der Lage, das zu tun, was getan werden muss.«
    »Ich mag den Mann einfach nicht.«
    »Ich glaube, das beruht auf Gegenseitigkeit. Und mich mag er, glaube ich, genauso wenig.«
    »Dich mag er schon. Ich hab gesehen, wie er dich angeglotzt hat, vor allem, wenn du’s nicht gemerkt hast.«
    »Bist du deshalb aufgegangen wie ein Hefeteig?«
    »Ich will da ganz ehrlich zu dir sein, Sunset. So was wie Eifersucht kenn ich nicht.«
    »Oh.«
     
    Als sie am Zelt ankamen, lag Ben auf dem Rücken unter einem Baum und hatte die Pfoten in die Luft gestreckt. Er drehte den Kopf und sah sie an, reagierte aber nicht mehr wie noch vor einiger Zeit erschrocken und raste auch nicht davon.
    »Du hast ihn verwöhnt«, sagte Hillbilly.
    »Das will ich doch hoffen. Schlechte Zeiten hatte er genug. Und ich übrigens auch.«
    Im Zelt begrüßte sie eine frisch gebadete, hübsch angezogene und sorgfältig zurechtgemachte Karen, die noch dazu angenehm roch.
    »Na so was«, sagte Hillbilly. »Du bist ja eine richtige Schönheit.«
    Und das war sie auch. Sie sah älter aus, als sie war. Ihr schwarzes Haar trug sie offen, so wie ihre Mutter, und ihre dunklen Augen wirkten, als hätte man sie mit Spucke gewienert.
    »Eigentlich habe ich einfach nur das Erstbeste angezogen«, entgegnete Karen.
    Hillbilly grinste.
    »Ich glaube, ich mache mir jetzt ein paar Notizen«, sagte Sunset. »Jedenfalls hat Pete das immer gemacht. Scheint eine ganz gute Idee zu sein.«
    »Was war los?«, fragte Karen.
    »Wir haben eine Leiche gefunden«, antwortete Sunset. »Und mehr wissen wir auch nicht.«
    »Ich glaube, ich gehe ein bisschen spazieren«, sagte Karen. »Hast du Lust mitzukommen, Hillbilly?«
    »Ich geh mit. Ich mach mir keine Notizen.«
    »Passt auf Schlangen auf«, sagte Sunset.
     
    Sunset suchte die Akte heraus, die Pete zu dem Säugling angelegt hatte, der auf Zendos Land gefunden worden war. Sie dachte über die Leiche nach, die sie gerade gesehen hatten. Es schien ziemlich offensichtlich, dass es da eine Verbindung gab. Aber was für eine? Wer war die Frau, die sie heute ausgegraben hatten? Und der Säugling. Wessen Kind er wohl war? Und war er schwarz oder weiß? Wusste Zendo mehr, als er zugab?
    Nein. Das konnte sie sich nicht vorstellen. Zendos Verstörtheit hatte echt gewirkt. Natürlich konnte das auch gespielt sein, aber das glaubte sie nicht. Ein Weißer meldete vielleicht den Fund einer Leiche um den Verdacht von sich abzulenken, aber ein Farbiger – das ergab keinen Sinn. Nicht, wenn man Farbige normalerweise sowieso für schuldig hielt. Nein. Zendo hatte nur das Richtige tun wollen.
    Ob der Säugling wohl zu der Frau gehörte? Und wenn ja, warum waren die Leichen in so großem zeitlichen Abstand gefunden worden? Und was hatte es mit dem Öl auf sich? Warum ausgerechnet Zendos Acker? Und wieso sollte jemand eine Leiche auf diese Art begraben, senkrecht wie einen Pfosten?
    Sunset klopfte mit dem Bleistift auf den Tisch, zog schließlich ein Blatt Papier zu sich heran und schrieb die Ereignisse des Tages auf. Sie versuchte, alles möglichst genau festzuhalten. Als sie fertig war, überkam sie das beklemmende Gefühl, nicht die geringste Ahnung zu haben, wie sie mit den Ermittlungen weitermachen sollte.
    Ermittlungen. Verdammt, dachte sie, ich stelle Ermittlungen an. Wie ein Detective. Himmel, ich bin das Gesetz. Ich. Sunset Jones. Das Gesetz. Constable Sunset. Ihr werdet schon sehen!
    Aber was sie jetzt machen sollte, wusste sie trotzdem nicht.
     

KAPITEL 13
     
     
    Als die Wirkung des Alkohols allmählich nachließ, erwachte Clyde mit Kopfschmerzen und dem ekligen Geruch von Rauch in der Nase. Er betrachtete die Überreste seines Hauses. Inzwischen war er nicht mehr so begeistert von dem, was er getan hatte, aber deprimiert war er auch nicht gerade. Jedenfalls nicht mehr als zu dem Zeitpunkt, als das Haus noch stand – als er an Sunset gedacht hatte, wohl wissend, dass die Chancen, dass aus ihm und ihr was wurde, in etwa so groß waren wie die, eine Ente zu schießen, die dann gewürzt und fertig gebraten auf dem Boden landete.
    Eine Zeit lang musterte er die rauchende Ruine seines Hauses, dann stand er auf. Es fühlte sich an, als würde eine Kugel durch seinen Körper rasen und zum Kopf