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Kahlschlag (German Edition)

Kahlschlag (German Edition)

Titel: Kahlschlag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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du schon mit ihr redest, frag sie doch mal nach der Leiche, die wir heute gefunden haben.«
    »Eine Leiche?«
    Hillbilly trat auf die Straße und ging los, weg von Sunsets Zelt. Dann blieb er stehen, drehte sich um und sagte: »Ich hoffe, du hast deine Bude nicht nur abgefackelt, um mich loszuwerden. Da hättest du bloß den Mund aufmachen müssen. Und übrigens: Falls du, wie ich annehme, noch mal ganz von vorn anfangen willst, nen neuen Hut kaufen und dich gescheit rasieren, dann wird das auch nichts ändern. Sie wird auch dann kein Interesse an dir haben, mein Freund. Du bist und bleibst du selbst.«
    »Du hast ja keine Ahnung«, sagte Clyde.
    »So viel schon.«
     
    Als Clyde bei Sunsets Zelt ankam, sprang Ben auf ihn zu und beschnupperte ihn. Clyde streichelte ihn und ging dann nach drinnen. Karen saß mit einem Buch auf dem Schoß auf einem Stuhl. Sie starrte ins Leere, als wäre sie weit weg, und bemerkte Clyde erst, als er sie ansprach. »Oh, hallo, Clyde, Mama ist auf der anderen Seite.«
    Clyde ging um den Vorhang herum. Sunset saß am Tisch und schrieb wie wild auf einem gelben Block. Sie sah ihn an, hielt einen Finger hoch, damit er ihr noch eine Minute Zeit ließ, und schrieb weiter.
    Clyde nahm sich einen Stuhl und betrachtete sie. Er sah ihr bei fast allem gern zu, was sie tat. Ihr Haar war so rot und lang und weich wie Flammen, aber von einer viel schöneren Farbe als das Feuer, das seinem Haus den Todeskuss gegeben hatte. Sie hatte weiche Gesichtszüge, rosa Wangen und die hübscheste Nase und den schönsten Mund, die er je gesehen hatte. Vor allem ihr Mund gefiel ihm. Letzte Nacht, in seinem Traum, hatte ihr Mund eine zentrale Rolle gespielt. Ihm gefiel sogar, wie ihre Füße in die Arbeitsstiefel passten; irgendetwas war verdammt niedlich daran, wie ihre kleinen Füße in diesen Stiefeln steckten. Und dann dieser breite Waffengürtel. Den hätte er eigentlich nicht niedlich finden sollen, er tat es aber trotzdem. Er wusste, wenn sie sich plötzlich vorgebeugt, »Old Man River« gefurzt und mit den Füßen den Takt auf den Boden getrommelt hätte, hätte er das auch niedlich gefunden.
    Niedlich. Das Wort war ihm noch nie vorher in den Sinn gekommen.
    »Hast du ein Feuer gemacht? Gestrüpp verbrannt?«
    »So was ähnliches. Hillbilly hat gesagt, er wär in ein paar Minuten wieder da.« Clyde ging durch den Kopf, was er gesehen hatte, und ihm wurde klar, dass er eigentlich gar nichts gesehen hatte. Trotzdem hatte er das Gefühl, er sollte etwas sagen, wusste aber nicht, was. Er hatte nur einen Kuss gesehen, noch dazu auf die Wange.
    »Oh, ist Karen schon zurück?«, fragte Sunset.
    »Ja, auf der anderen Seite. Sie sitzt da mit nem Buch. Hillbilly hat gesagt, ich soll Sie nach der Leiche fragen.«
    »Das habe ich gerade aufgeschrieben. Zendo hat sie gefunden.«
    »Noch eine?«
    »Diesmal ist es kein Säugling.« Und dann erzählte Sunset ihm die ganze Geschichte. Als sie fertig war, sagte sie: »Hillbilly glaubt, Zendo könnte was damit zu tun haben.«
    »Hat er nicht.«
    »Das denke ich auch.«
    »Ich kenn Zendo schon mein ganzes Leben lang. Hillbilly kenn ich erst ein paar Wochen. Er ist nicht der kluge Bursche, für den er sich hält. Wenn ich was wissen wollte, würd ich eher Zendo fragen als Hillbilly. Außer ich wollte wissen, wie man es sich am besten unter nem Baum gemütlich macht.«
    »Hillbilly macht mir einen ganz hellen Eindruck.«
    Clyde gab ein Geräusch von sich wie jemand, der gerade gemerkt hat, dass man ihm mit einem Löffel Pferdeäpfel eingetrichtert hat, aber er beschloss, sich nicht weiter über Hillbilly auszulassen. Vermutlich machte er aus einer Mücke einen Elefanten. Und wenn es um Hillbilly ging, war seine Meinung nicht gefragt. »War es Mord?«, wollte er wissen.
    »Ich glaube schon. Pfarrer Willie schaut sich die Leiche an. Auf jeden Fall hat sie sich nicht selbst auf dem Acker begraben, aber ich habe keine Ahnung, wie sie gestorben ist. Die Leiche ist schon zu verrottet. Kann natürlich sein, dass sie einfach gestorben ist, und dann hat jemand beschlossen, sie da draußen zu begraben wie eine Süßkartoffel, aber ich bezweifle es.«
    »Haben Sie irgendeine Vorstellung, wer’s gewesen sein könnte?«
    »Nicht die geringste. Ich habe mir gedacht, ich schreibe auf, was ich weiß, und sehe Petes Akten durch, in der Hoffnung, dass mir das hilft.«
    »Indem Sie was Ähnliches finden?«
    »Daran habe ich auch gedacht, Clyde. Vielleicht hat es so etwas schon mal gegeben. Nun

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