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Kahlschlag (German Edition)

Kahlschlag (German Edition)

Titel: Kahlschlag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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fütterte Ben aus einer großen Metallschüssel mit in Fett und Bratensaft vom Vortag getunktem Brot. Neben der Schüssel mit dem Essen stand eine weitere mit Wasser.
    Marilyn fuhr nah an das Zelt heran. Der Hund drehte sich zu ihr um.
    »Beißt der?«, fragte Marilyn durch das offene Wagenfenster.
    »Der passt schon auf mich auf«, entgegnete Sunset. »Aber ich begleite dich zum Zelt.«
    »Schon gut. Wir können uns unterwegs unterhalten. Steig ein. Hallo, Clyde.«
    Clyde hob die Kaffeetasse.
    »Pass auf, dass du dich nicht überanstrengst«, sagte Marilyn.
    »Ich weiß nicht recht. Ich glaub, ich hab mich vorhin verletzt. Am Ellbogen, wissen Sie, als ich die Tasse gehoben hab.«
    Sunset streichelte Ben und stieg dann zu Marilyn in den Wagen. Marilyn trat aufs Gas und fuhr los. »Wo ist der andere?«, fragte sie.
    »Hillbilly? Keine Ahnung. Er sollte eigentlich hier sein, ist aber noch nicht aufgetaucht. Wir haben keine festen Bürozeiten. Ist ja nicht gerade so, als müssten wir Berge von Verbrechen aufklären, aber trotzdem sollte er eigentlich kommen. Clyde hat gestern Abend seinen Pick-up mit nach Hause genommen, und Hillbilly musste zu Fuß gehen – wohin auch immer. Er wohnt nicht mehr bei Clyde. Ich glaube, die beiden verstehen sich aus irgendeinem Grund nicht so gut. Außerdem hat Clyde sein Haus abgefackelt.«
    »Was?«
    »Ja, abgefackelt. Angeblich sollte das so etwas wie ein Großreinemachen sein. Wenigstens ein Verbrechen, das wir aufgeklärt haben – wer Clydes Haus angezündet hat: er selbst. Jetzt muss er unter einer Plane schlafen.«
    »Du weißt, warum die beiden sich nicht vertragen, nicht wahr?«
    »Nein.«
    »Wegen dir. Ich weiß nichts drüber und kann es dir trotzdem sagen. Sie mögen dich beide.«
    »Vielleicht.«
    »Du bist eine Herzensbrecherin, Sunset, und weißt es nicht mal. Aber ich habe gehört, du hast auch mit ein paar richtigen Verbrechen zu tun.«
    »Dann war Willie also da und hat mit dir geredet.«
    »Henry.«
    »Ich bin mir nicht sicher, wer von den beiden der Schwanz der Schlange ist und wer die Zähne. Jedenfalls sind sie meiner Ansicht nach eine einzige lange Schlange.«
    »Sie haben mir erzählt, was sie glauben.«
    »Die können glauben, was sie wollen.«
    »Ich denke, bei der nächsten Ortsversammlung werden sie versuchen, dich abzusetzen. Vielleicht versuchen sie sogar, Anklage gegen dich zu erheben, weil du Pete und Jimmie Jo umgebracht hast. Und weil du den Säugling getötet und im Farbigenfriedhof beerdigt hast.«
    »Warum zum Teufel sollte ich so ein Gemetzel anrichten? Plötzlich ziehe ich los und ermorde Jimmie Jo und ihr Kind, und als Nächstes erschieße ich Pete. Warum sollte ich das tun?«
    »Eifersucht. Ist sehr oft das Motiv.«
    »So eifersüchtig war ich nun auch wieder nicht, und so verrückt ganz bestimmt nicht. Ich gebe die Marke nicht zurück. Ich habe diese Frau nicht umgebracht, und ich versuche gerade herauszufinden, wer es war. Das dauert aber seine Zeit. Verdammt, ich bin Constable, kein Detective, und ich lerne noch. Selbst Pete musste erst lernen, wie man die Arbeit macht.«
    »Ich habe gehört, wie du die Sache in Holiday gehandhabt hast. Klang, als hättest du dich ganz wacker geschlagen.«
    »Ich denke schon.«
    »Den Mann haben sie trotzdem gelyncht.«
    »Wie bitte?«
    »Eine paar Leuten sind in das Gefängnis eingebrochen, haben ihn rausgeholt, ihm seine Teilchen abgeschnitten und ihn angezündet. Sie haben sogar Fotos davon gemacht. Sie verkaufen sie drüben im Laden als Postkarten.«
    »Das ist ja grauenhaft. Da habe ich ja völlig versagt.«
    »Du hast einen Mörder der Justiz überführt.«
    »Nein, ich habe einen Mörder dem Lynchmob in die Hände fallen lassen, und lynchen wollten sie ihn schon in Holiday. Sie haben genau das mit ihm gemacht, was er befürchtet hat. Eigentlich habe ich nur rausgezögert, was sowieso passieren musste.«
    »Man hätte ihn auf jeden Fall getötet. Das hatte er auch verdient.«
    »Mag ja sein. Aber man hätte ihn nicht verbrannt und auch noch Fotos von ihm gemacht und Postkarten davon gedruckt. Meine Güte. Wenn der Staat ihn getötet hätte, wäre es wenigstens schnell gegangen, und niemand hätte Postkarten verkaufen können. Jedenfalls nehme ich an, dass es schnell geht. Verdammt.«
    »Man erzählt, die Polizei dort hätte ihn dem Mob überlassen.«
    »Ich hoffe, dass das nicht stimmt.«
    »Tut mir leid, Sunset.«
    »Mir auch. Mehr als das. Verdammt, vielleicht haben sie ja recht. Ich mache als

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