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Kahlschlag (German Edition)

Kahlschlag (German Edition)

Titel: Kahlschlag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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von allen Seiten. Sie war ganz schön breit, und wenn das Öl einfach so an die Oberfläche sprudelte, musste unten im Boden jede Menge davon sein.
    In Holiday hatte er mal miterlebt, wie ein Bohrturm in Betrieb genommen wurde. Das war wirklich beeindruckend gewesen. Die Erde hatte gebebt, als würde sie sich gleich auftun. Die Leute hatten die Hände gegen die Ohren gepresst oder sich Schlamm hineingestopft. Das Öl war wie eine schwarze Fontäne aus dem Boden und durch den Bohrturm hochgeschossen und hatte ringsum heiße Tropfen verspritzt. Es hatte ganz schön lange gedauert, bis es gelungen war, den Ausstoß unter Kontrolle zu bringen, und die Quelle war immer noch nicht versiegt. Bei einer Quelle wie dieser konnte das genauso sein. Da unten war genügend Öl, dass ein Mann mit einem einzigen kohlrabenschwarzen Erguss stinkreich werden konnte.
    Clyde dachte an den Säugling, der ganz schwarz vom Öl gewesen war, und an das, was Sunset über Jimmie Jos Leiche gesagt hatte, dass sie auch voller Öl gewesen war. Er nahm den Hut ab, wischte sich damit über das Gesicht und wollte gerade umkehren, als er durch die Bäume etwas aufblitzen sah. Das Blitzen blieb, und deshalb ging er darauf zu. Bald befand er sich zwischen den Bäumen, und dann kam er zu einer Lichtung. Auf der Lichtung stand ein Haus. Kein großes Haus, aber ein gutes, einfach gebaut mit einem Blechdach, unter dem ein bisschen Teerpappe hervorlugte.
    Der Blitz, den er gesehen hatte, waren Sonnenstrahlen gewesen, die vom Dach reflektiert wurden. Ein ganzes Stück von dem Haus entfernt stand ein Plumpsklo, das ebenfalls ein Blechdach über Teerpappe hatte.
    Das Haus hatte keine Veranda, und die Eingangstür befand sich dicht über dem Boden, allerdings lagen große Steine darunter, genau wie rund ums Haus. Da dies keine steinige Gegend war, musste man sie extra hergeschleppt haben. War bestimmt eine ermüdende Arbeit gewesen. Dieses kleine Haus hatte jemandem sehr viel bedeutet, und dieser Jemand hatte dafür gesorgt, dass es gut und solide gebaut wurde.
    »Hallo, ist wer zu Hause?«, rief Clyde.
    Niemand antwortete, und es rührte sich auch nichts. Er drückte gegen die Tür, und sie schwang nach innen. Clyde überprüfte das Schloss, aber es war nicht aufgebrochen, die Tür war nur nicht zugesperrt. Im Inneren war es modrig und heiß, aber das Haus war nett, wenn auch einfach eingerichtet. Es gab nur ein großes Zimmer, das mit einem Herd, einem Bett, einem Tisch, ein paar Stühlen und einer Truhe aus Zedernholz möbliert war. An den Fenstern hingen hübsche Gardinen, und auf dem Tisch thronte eine schicke Kerosinlampe mit einem großen Messingschirm, durch den das Licht im Raum verteilt wurde. Auf einigen Regalbrettern standen Teller, außerdem eine halbvolle Flasche Fusel.
    Clyde entdeckte ein paar Streichhölzer neben der Lampe und zündete sie an. Das Zimmer wurde taghell, aber es gab eigentlich nichts Besonderes zu sehen. Er öffnete die Truhe. Sie war voller Frauenkleider. Ein paar von ihnen hatten ziemlich knallige Farben, und eins davon erkannte er wieder – er hatte Jimmie Jo mal darin gesehen. Clyde schloss die Truhe, machte die Lampe aus und ging zurück zu Zendos Feld. Als er dort ankam, bot Zendo ihm Wasser aus einer Holztonne an. Clyde nahm den Schöpflöffel und trank. Er erwähnte Zendo gegenüber mit keinem Wort, worauf er gestoßen war. Ihm war nicht klar, was es zu bedeuten hatte, und er dachte sich, er sollte zuerst mit Sunset darüber reden, bevor er jemandem davon erzählte.
    Er fuhr nach Camp Rapture, ging in den Laden und kaufte sich eine Limonade. Als er wieder aus dem Ort hinausfuhr, sah er, dass oben am Hügel gerade eine Beerdigung stattfand. Eine riesige Werkzeugkiste wurde mithilfe von Maultieren per Flaschenzug in ein Loch hinuntergelassen, das groß genug für ein junges Flusspferd war.
    Er erkannte Henry, der neben dem Loch stand, und Willie Fixx, den Priester. Ein Farbiger hielt die Maultiere am Zügel, und beiderseits des Grabs standen weitere Farbige und bugsierten die Kiste in das Loch. Clyde erkannte den Mann, der die Maultiere am Zügel hielt. Es war Zack Washington. Die anderen beiden hatte er noch nie gesehen. Ansonsten wohnte niemand der Beerdigung bei. Wenn Clyde nicht Fixx’ Pick-up mit den schwarzen Tüchern über den Seitenwänden gesehen hätte, wäre er gar nicht auf die Idee gekommen, dass dort eine Beerdigung stattfand. Er war sich nicht sicher, wer da beerdigt wurde, aber er nahm an, dass es jemand

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