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Kahlschlag (German Edition)

Kahlschlag (German Edition)

Titel: Kahlschlag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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Aussichtspunkt endete.
    Sunset parkte ganz am Rand, machte die Scheinwerfer aus und stellte den Motor ab. Durch die Windschutzscheibe konnten sie, wie Clyde gesagt hatte, hinunterblicken – auch wenn es nicht sehr weit hinunterging. Unter ihnen erstreckte sich Holiday, hell erleuchtet wie an Weihnachten. Die Lichter waren so hübsch, dass man am liebsten runterspringen und sie fangen wollte. Sogar die Ölbohrtürme hatte man mit Lichtergirlanden geschmückt, und diese Lichter schienen wie riesige Glühwürmchen über den anderen zu schweben.
    Sie kurbelten die Fenster herunter, um die frische Nachtluft hineinzulassen. Von unten drang Musik herauf. Eine Stimme sang: »Take a Whiff on Me«, oder zumindest glaubte Sunset, dass es sich um dieses Lied handelte, obwohl es nicht so genau zu hören war. Ohne ein Wort zu sagen glitt Hillbilly neben sie. Sie wandte ihm das Gesicht zu, und als ihre Lippen sich trafen, war es gleich gar nicht mehr so kühl, aber die Hitze fühlte sich gut an, denn sie kam aus ihrem tiefsten Innern und breitete sich wie eine weiche Decke an einem dunklen Herbstmorgen über sie aus. Bald machten sich ihre und seine Hände auf die Suche, und der Ausblick war vergessen.
    Mit gespreizten Beinen nahm sie ihn auf der vorderen Sitzbank in sich auf, und er machte sich an die Arbeit. Es war einer der schönsten Momente, die sie je erlebt hatte, und als er vorbei war, hörte es nicht auf, sondern fing sofort wieder von vorn an, und sie wechselten die Stellung, verschlangen sich auf jede nur denkbare Art ineinander, und als sie diesmal kurz davor war, hatte sie das Gefühl, alle Hoffnungen dieser Welt würden in ihr hochsteigen, und dann war es plötzlich so, als ob ihr die Schädeldecke davonfliegen würde, denn unten in der Stadt ging das Feuerwerk los, die Raketen zischten hoch in den Himmel und erleuchteten die Windschutzscheibe, und Sunset fing an zu lachen und lachte und lachte, und dann gab Hillbilly einen Laut von sich, der ihr gefiel, und zog sich aus ihr zurück, und sie spürte warme, nasse Spritzer. Dann ließ er sich schwer auf sie fallen, und es fühlte sich unsagbar angenehm an, ihn zu berühren. Ihr Atem ging schnell, ihr Brustkorb hob und senkte sich, wurde allmählich langsamer, schließlich ruhig, und lange sprach keiner von beiden oder hatte auch nur das Bedürfnis zu sprechen.
     

KAPITEL 25
     
     
    Als Rooster am Morgen nach dem Ölfest vor dem Büro des Sheriffs vorfuhr, war die Hauptstraße ein im Sonnenlicht badendes Schlammloch, übersät mit Müll, Kothaufen – menschlichen wie tierischen – und drei Schnapsleichen, eine davon eine fette blasse Frau ohne Schlüpfer und mit dem Rock über dem Kopf. Rooster ging die Straße hinauf und blieb gerade lange genug stehen, um ihr den Rock hinunterzuziehen, ohne sie direkt anzuschauen.
    Die Farbigen, die man wegen Trunkenheit und Erregung öffentlichen Ärgernisses festgenommen hatte, hingen immer noch an der Kette rund um den Baum und schliefen. Plug, der sie bewacht hatte, war ebenfalls eingeschlafen, den Rücken an die Wand des Büros gelehnt, das Schrotgewehr quer über dem Schoß. Tootie, sein Gehilfe, der gerade mal halb so viel Hirn wie Plug hatte und sich selbst dafür noch schämte, schlief nicht weit entfernt im Gras. Rooster nahm an, dass er genauso betrunken war wie die an der Kette, und beschloss, sie schlafen zu lassen. Die Männer an der Kette würden nirgendwohin gehen, und er wollte Plug und Tootie nicht wecken, vor allem Tootie nicht, dieses Arschloch. Er wollte sie nicht dabei haben, nicht bei dem, was er vorhatte. Und gegen Mittag würde er die Betrunkenen sowieso alle gehen lassen.
    Er blickte die Straße hinauf zu dem roten Haus und dachte sich, Sheriff Knowles hätte dafür gesorgt, dass er nicht in so etwas hineingeschlittert wäre. »Rooster, du bist ein guter Mann«, hatte Sheriff Knowles immer gesagt. »Du brauchst nur jemanden, der dir sagt, wo es langgeht.«
    Aber Sheriff Knowles war tot, und das Einzige, wo es für ihn jetzt langging, war die Straße hinauf zu diesem Mann. Und er wollte nicht zu ihm. Eigentlich hätte er ihn verhaften sollen. Würde er aber nicht. Konnte er nicht. Hatte er nicht den Mut zu. Er steckte zu tief mit drin.
    Das Stockwerk über der Drogerie war eine einzige große Wohnung. Rooster ging nur äußerst ungern die wackelige Treppe hinauf. Drinnen war es nie sehr hell, auch nicht, wenn tagsüber die schwarzen Vorhänge von den vielen hohen Fenstern auf der Rückseite zurückgezogen

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