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Kain

Kain

Titel: Kain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: José Saramago
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habe ich von der Frucht gegessen, Du Heuchlerin, Lügnerin, es gibt keine Schlangen im Paradies, Herr, ich sagte nicht, dass es im Paradies Schlangen gebe, wohl aber sage ich, dass ich einen Traum hatte, in dem mir eine Schlange erschien, und die hat zu mir gesagt, Na so was, hat der Herr euch verboten, von den Früchten aller Bäume im Garten zu essen, und ich habe geantwortet, das sei nicht richtig, wir dürften nur nicht von den Früchten des Baumes essen, der in der Mitte des Paradieses steht, und wenn wir ihn anfassten, würden wir sterben, Schlangen können nicht sprechen, höchstens zischeln, sagte der Herr, Die in meinem Traum hat aber gesprochen, Und kann man erfahren, was sie noch gesagt hat, fragte der Herr, bemüht, seinen Worten einen spöttischen Ton zu verleihen, der so gar nicht der himmlischen Würde seiner Bekleidung entsprach, Die Schlange hat gesagt, wir müssten nicht sterben, Ach so, die Ironie des Herrn klang immer deutlicher durch, offenbar glaubt diese Schlange mehr zu wissen als ich, Ich habe geträumt, Herr, dass wir nicht von der Frucht essen sollen, weil sie uns die Augen öffnen würde und wir dann in der Lage wären, das Gute und das Böse zu erkennen, so wie du es kennst, Herr, Und was hast du leichtfertiges, du verdorbenes Weib gemacht, als du aus deinem so hübschen Traum erwachtest, Ich bin zu dem Baum gegangen, habe von der Frucht gegessen und sie Adam gebracht, der dann auch davon gegessen hat, Sie ist mir hier stecken geblieben, sagte Adam und fasste sich an die Kehle, Nun gut, sagte der Herr, da ihr es so haben wolltet, sollt ihr es auch so haben, ab sofort ist es für euch aus mit dem schönen Leben, du, Eva, wirst nicht nur alle Unpässlichkeiten einer Schwangerschaft erleiden, auch die Übelkeit, dazu wirst du unter Schmerzen gebären, und trotzdem wirst du dich zu deinem Mann hingezogen fühlen, und er wird über dich gebieten, Arme Eva, es fängt böse an mit dir, ein trauriges Schicksal hast du, sagte Eva, Das hättest du dir vorher überlegen können, und was deine Person betrifft, Adam, deinetwegen ist die Erde verflucht worden, und nur unter großen Opfern wird es dir gelingen, ihr dein Leben lang Nahrung abzuringen, sie wird nur Dornen und Disteln hervorbringen, und du wirst die Gräser essen müssen, die auf dem Feld wachsen, nur unter unzähligen Schweißtropfen wird es dir gelingen, das zu bekommen, was du zu essen brauchst, bis du eines Tages wieder zu Erde wirst, denn in Wirklichkeit wurdest du aus ihr geformt, du elender Adam, du bist Staub, und zu Staub sollst du eines Tages wieder werden. Nach diesen Worten ließ der Herr ein paar Tierfelle zum Vorschein kommen, um Adams und Evas Blöße zu bedecken, während sie einander zuzwinkerten, schließlich wussten sie schon seit dem ersten Tag, dass sie nackt waren, und hatten dies weidlich genutzt. Sodann sagte der Herr, Nachdem der Mensch das Gute und das Böse kennengelernt hat, ist er einem Gott ähnlich geworden, jetzt fehlt nur noch, dass du auch die Frucht vom Baum des Lebens pflückst und davon isst und auf alle Zeit lebst, das fehlte gerade noch, zwei Götter in einem Universum, deshalb vertreibe ich dich und deine Frau aus diesem Garten Eden, und an seine Pforte setze ich als Wachposten einen Cherub, bewaffnet mit einem Feuerschwert, der niemanden hereinlassen wird, und jetzt geht, verschwindet von hier, ich will euch nie wieder vor mir sehen. Mit den stinkenden Fellen über den Schultern, auf ihren strauchelnden Beinen wankend, sahen Adam und Eva aus wie zwei Orang-Utans, die sich zum allerersten Mal aufgerichtet hatten. Außerhalb des Gartens Eden war die Erde karg und unwirtlich, der Herr hatte nicht übertrieben, als er Adam und Eva mit Dornen und Disteln drohte. Und wie er ebenfalls vorhergesagt hatte, war nun Schluss mit dem schönen Leben.

2
     
    I hre erste Bleibe war eine enge Höhle, genau genommen eher eine niedrige Aushöhlung denn eine Höhle, auf die sie in einem aus dem Boden ragenden Felsen nördlich vom Garten Eden gestoßen waren, als sie auf der Suche nach einem Obdach verzweifelt umherirrten. Hier konnten sie sich endlich vor der brutalen Sonnenglut schützen, die so gar nicht der gewohnten gleichbleibend milden Temperatur glich, tags wie nachts und zu jeder Jahreszeit konstant. Sie legten die dicken Felle ab, unter denen sie vor Hitze und Gestank fast erstickten, und kehrten zu ihrer ursprünglichen Nacktheit zurück, doch um die empfindlichen Körperteile, jene, die nur mehr oder

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