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Kains Erben

Kains Erben

Titel: Kains Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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könnte.«
    »Wie freundlich von ihm. Darf ich erfahren, was du dann hier suchst?«
    »Meinen Herrn«, platzte Magdalene heraus. »Er ist dort hineingegangen und nicht wiedergekommen. Er kommt sonst immer wieder, wenn er es uns sagt.«
    »Uns?«
    Magdalene wies auf Hugh, der vor dem Kiesweg mit dem Maultier wartete. »Seinem Diener und mir.«
    Die Fremde nickte. »Anfangs habe ich auch dich für einen Diener gehalten.«
    »Und ich dich …«
    Einen Herzschlag lang flog ein offenes Lachen zwischen ihnen, dann verschloss sich das Gesicht der Fremden erneut. »Du musst jetzt gehen«, sagte sie. »Warte mit deinem Gefährten, bis euer Herr zurückkommt.«
    »Ich gehe ihn lieber suchen.«
    »Das tust du nicht.« Die Fremde hob die Hand wie zum Zeichen, dass sie Magdalene notfalls mit Gewalt zurückhalten würde. »Wie töricht bist du? Weißt du nicht, dass keine Frau dieses Tor durchqueren darf?«
    Töricht wohl, dachte Magdalene, aber eine von meiner Art geht durch so manches Tor, das für eine wie dich verboten bleibt.
    Sie setzte einen Schritt und fühlte sich grob am Arm gepackt.
    »Bei der heiligen Muttergottes, hat dir niemand gesagt, wer hinter dieser Pforte lebt? Die weißen Mönche. Die der Welt entsagenden Brüder von Quarr Abbey.«
    Ehe Magdalene dazu kam, noch eine Frage zu stellen, wurde das Tor zurückgezogen, dass die Angeln ächzten. Sie wollte zur Seite hüpfen, um einen Blick ins Innere zu werfen, doch als Sir Matthew erschien, war alles andere vergessen. Er führte Althaimenes am Zügel, und der Hund lief an seiner Seite.
    Wie so oft war Magdalene verblüfft, dass ein Mann so breite Schultern und eine Rüstung aus vierundzwanzig Teilen haben und dennoch so verwundbar wirken konnte. Sie musste den Wunsch niederzwingen, zu ihm zu eilen und ihre knochigen Arme um ihn zu schließen. Er wirkte geistesabwesend, versunken.
    Die Fremde schien er nicht wahrzunehmen. Aber der Hund sah sie. Mit einem Satz preschte er auf sie zu, stieß einen grollenden Laut aus und bleckte die Zähne. Das Mädchen schrie und wollte weglaufen, doch der Hund war schneller. Wuchtig sprang er ihr an die Brust und warf sie nieder. Magdalene sah das Gebiss über der Gurgel des Mädchens und kniff die Augen zu.
    »Zurück!«, rief Herr Matthew. »Nameless! Zurück!«
    Ungläubig vernahm Magdalene das Tappen der Pfoten. Dennoch ließ sie mehrere Herzschläge verstreichen, ehe sie es wagte, die Augen zu öffnen. Sir Matthew kniete am Boden und liebkoste den Hals des Hundes, während Althaimenes an seiner Seite wartete.
    Das fremde Mädchen rappelte sich auf. »Was fällt Euch ein?«, herrschte es ihn an. »Wenn Ihr verrückt genug seid, solch eine Bestie zu halten, legt sie gefälligst an die Kette!«
    Gleichgültig hob Sir Matthew den Kopf. »Der Hund greift niemanden an«, sagte er. »Es sei denn, derjenige zappelt und fuchtelt herum wie ein Idiot.«
    Magdalene hörte die Fremde vor Empörung schnaufen. »Ich habe weder gezappelt noch gefuchtelt. Zudem frage ich mich, wer hier das Hausrecht hat – ich oder Ihr?«
    »Abt Randulph von Quarr Abbey«, erwiderte Sir Matthew. »Ich bin sein Gast, und seine Gastfreundschaft schließt meine Gefährten ein.« Dass er damit Althaimenes und den Hund ebenso meinte wie Hugh und Magdalene, machte er mit einem Nicken in Richtung des Tieres deutlich.
    »Ihr seid«, fuhr das Mädchen auf, stockte und musste überlegen, mit welchen Worten Sir Matthew sich beschimpfen ließe. »Ihr seid die fleischgewordene Unverschämtheit!« In ihren glanzlosen Augen glomm Zorn.
    »So so. Trifft das nicht eher auf dich zu? Bei mir zu Hause spricht keine Bauernmagd so verdreckt mit einem Herrn.«
    Mit erhobener Hand sprang sie auf ihn zu, als wollte sie sich wahrhaftig erdreisten, ihn zu schlagen. Ein Schrei entfuhr Magdalene, der Hund knurrte, und auch Hugh eilte endlich herbei. Das Mädchen hielt inne. Hochmütig reckte es den Kopf. »Eure Regeln gelten für mich nicht«, erwiderte es ruhig. »Ich stehe außerhalb Eurer Ordnung und darf tun, was ich will, weil es mich im Grunde gar nicht gibt.«
    Sir Matthew, der noch immer den Hund liebkoste, hielt ebenfalls inne und sah zu dem seltsamen Wesen auf. Dann erhob er sich. Die Blicke der funkelnden schwarzen und der leblosen grünen Augen trafen aufeinander. Magdalene, die ein törichtes Ding war, aber viel von Menschen verstand, begriff sofort, dass hier zwei Ebenbürtige einander maßen.
    Sir Matthew brauchte lange, ehe er Worte fand. »Wie auch immer«, sagte er

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