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Kaiserhof Strasse 12

Kaiserhof Strasse 12

Titel: Kaiserhof Strasse 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valentin Senger
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polizeilichen Unterlagen gezeigt, aus denen einwandfrei hervorgehe, daß wir keine Juden seien und eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland hätten.
     
    Drei Jahre später, im Kriegsjahr 1942, wurde ich in einer ganz anderen Weise an das Gespräch mit Spenglermeister Reiter und seine Warnung vor Bämpfer erinnert, und da war es nicht weniger gefährlich als damals. Das hing mit dem Erscheinen von Käthe in unserem Haus zusammen. Käthe Fröhlich war Blumenbinderin, bis Otto Reiter sie in einem Blumenladen, in dem er seine Berieselungsanlage montierte, kennenlernte. Zu der Zeit hatte er noch eine zusätzliche »kriegswichtige« Serienarbeit angenommen. Dadurch war es ihm möglich, für Käthe eine Dienstverpflichtung in seine Werkstatt zu erreichen.
    Ich merkte, daß Käthe, wenn ich einmal in die Werkstatt kam, ungemein freundlich zu mir war, und darum ging ich öfters hin. Dem Spenglermeister, das spürte ich, war das nicht recht, denn er war sehr eifersüchtig. So paßte ich die Zeit ab, wenn er mit seiner »Horex« davongefahren war. Ich unterhielt mich mit Käthe, die bei der Arbeit einen strammsitzenden einteiligen Monteuranzug trug, half ihr ein wenig bei der Arbeit, und sie richtete es dabei so ein, daß wir häufig in Tuchfühlung kamen. Da wurde auch ich mutiger, faßte sie, wenn sich die Gelegenheit bot, um die Taille und drückte mich ein wenig an sie, und sie lachte und drückte mit der Hüfte ebenfalls gegen mich. Mehr wagten wir nicht, denn wir mußten damit rechnen, daß jeden Augenblick Otto Reiter zurückkommen konnte. Schon in der abschüssigen Kaiserhofstraße stellte er nämlich den Motor ab und rollte fast lautlos in die Einfahrt und nach hinten in den Hof, so daß man nie sicher vor ihm war.
    Bald stellte ich fest, daß Käthe mit jedem schäkerte, der in die Werkstatt kam, und großen Spaß daran fand, wenn auch andere sie an ihren Rundungen anfaßten. Das hinderte mich aber nicht, sie immer wieder aufzusuchen. Es konnte nicht ausbleiben, daß Otto Reiter uns eines Tages erwischte. Und da sagte er mir, betont langsam und mit einer scheinbar ruhigen Stimme, ich solle es nicht auf die Spitze treiben; ob es mir denn gänzlich aus dem Kopf gekommen sei, wie sehr sich Bämpfer einmal für mich interessiert hätte.
    Es war ein Glück, daß Käthe, die danebenstand, keine Erklärung für diese Anspielung verlangte. Ich verschwand schnell aus der Werkstatt und betrat sie nie mehr, solange Käthe Fröhlich da arbeitete.
    Obwohl eine tödliche Drohung in dieser Äußerung lag, war Otto Reiter bestimmt kein Denunziant. Es wäre ihm ein leichtes gewesen, unsere Familie der Partei oder der Gestapo zu melden, denn an Verdachtsgründen über unsere Abstammung mangelte es ihm nicht.
    Das Ende der Geschichte ist schnell erzählt. Käthes Wohnung wurde von Fliegerbomben zerstört. Da quartierte Otto - mit der Machtfülle seiner kriegswichtigen Produktion ausgestattet - Käthe in die gerade leergewordene Wohnung des von der Gestapo abgeholten Häusermaklers Oppenheimer in Nummer 19 ein. Er trennte sich sogar von seiner Familie und zog für einige Zeit zu ihr. Aber die Romanze der beiden währte nicht lange. Käthe nahm sich einen Freund, der zwanzig Jahre jünger als Otto und schwarzhaarig war. Daraufhin kehrte der Spenglermeister in die Kaiserhofstraße Nummer 12 zurück. Käthe verließ die Werkstatt und band künftig wieder Blumen hinter der von Otto montierten Berieselungsanlage, und er hatte in den folgenden Wochen mehr Zeit für seine »Horex«.
     

Max Himmelreich
    Die wenigen Juden, die nach der Kristallnacht noch in unserer Straße wohnten, wurden in den ersten Jahren des Krieges in die Konzentrations- und Vernichtungslager verschleppt. So der Musiker aus Nummer 7 und seine Frau, das Ehepaar Bach aus Nummer 14 und ein Handelsvertreter aus dem gleichen Haus. Die Grünebaums aus Nummer 16, so erzählte man sich in der Straße, hätten, bald nachdem man ihren neunzehnjährigen Sohn holte, Selbstmord begangen.
    Max Himmelreich, der als Hilfsarbeiter in der Metzgerei von Soostmann gearbeitet hatte, wurde nach Dachau gebracht. Zu unserer Überraschung kam er fünf Monate später zurück, kahlgeschoren und mit einem noch stärker gekrümmten Rücken. Warum man ihn freiließ, weiß ich nicht, das wußte er selbst auch nicht. Er zog wieder in das kleine Zimmer im Vorderhaus Hochparterre ein, das er bereits zuvor bewohnt hatte, und machte sich noch unauffälliger, als er ohnehin schon war. Im

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