Kaiserkrieger 4: Der Aufstand
schnellsten Weg nach Aksum selbst zu finden.«
»Wo residiert dieser Latius genau?«
»Unser Kapitän meint, er wisse es und werde uns durch einen seiner Männer hinführen lassen. Der Gesandte soll ein Stadthaus ganz in der Nähe des Hafens bewohnen.«
»Unsere eigene Unterkunft?«
»Ich hoffe, dass Latius uns beherbergen wird. Ansonsten kann uns der Kapitän sicher eine Unterkunft vermitteln, die nicht zu gefährlich ist.«
»Wir werden schon zurechtkommen.«
Africanus sah Köhler etwas erstaunt an, erwiderte aber nichts. Der Trierarch fand, dass sich die Zeitenwanderer verblüffend gut eingelebt hatten und vor allem Köhler schien so leicht nichts aus der Ruhe bringen zu können. Der römische Seemann vermutete sogar, dass der Germane in alledem ein spannendes Abenteuer erblickte, das er bis zur Neige auskosten wollte. Wahrscheinlich eine bessere Art und Weise, mit dem Schicksal umzugehen, als tagtäglich an verlorene Familienmitglieder oder Freunde zu denken, die für immer im Strom der Zeit verschollen blieben. Da Köhler es bei all seinem Enthusiasmus aber keinesfalls an der notwendigen Vorsicht und Sorgfalt mangeln ließ, konnte Africanus an dieser Einstellung kein Übel finden. Tatsächlich war er selbst auf Aksum sehr gespannt, denn auch für ihn war dies der erste Besuch in diesem Reich. Bisher hatte er sich trotz all seiner See-Erfahrung nur auf dem Mare Nostrum aufgehalten. Er betrat also hier im wahrsten Sinne des Wortes Neuland.
Es dauerte eine weitere Stunde, bis der Küstensegler festgemacht hatte. Der Kapitän hielt sein Versprechen und schickte einen seiner Männer, ihnen den Weg zu weisen. Darüber hinaus versprach er, die mitgebrachten Waren bewachen zu lassen. Sein Schiff würde vier Tage hierbleiben, bis dahin musste die Expedition einen sicheren Ort für die Güter haben.
Sie hatten in Clysma einiges an Gold ausgegeben, um wertvolle römische Produkte zu erstehen, die sie gleichzeitig gut transportieren konnten. Darunter waren vor allem edle Stoffe, aber auch exquisiter Wein sowie einiges an Kunsthandwerk, von dem man wusste, dass es bei reichen Aksumiten zum guten Ton gehörte, derlei Exotisches in die eigenen Stadtvillen zu stellen. Alles in allem waren die Waren weniger dazu gedacht, ihren Lebensunterhalt in Aksum zu bestreiten – römische Münze wurde hier gerne gesehen und problemlos gegen die lokale Währung getauscht –, sondern vielmehr, um dem König in Aksum geeignete Geschenke machen zu können.
Schließlich wollte man etwas von ihm.
Köhler, Behrens und Africanus bildeten die Delegation, die unter Führung eines bulligen Seemannes schließlich den Kai betrat und in das Gewimmel von Adulis eintauchte. Es war heiß und die Sonne brannte von einem fast völlig wolkenlosen Himmel. Die wirbelnde Menschenmenge, der Lärm und die raschen Bewegungen ihres Führers, der sich offenbar bestens in der Stadt auskannte, führten schnell dazu, dass den drei Männern der Schweiß nicht nur auf der Stirn stand und die Tücher, mit denen sie sich in weiser Voraussicht bewaffnet hatten, völlig durchnässt waren.
Obgleich das Anwesen des römischen Gesandten »in der Nähe des Hafens« liegen sollte, waren sie gut eine halbe Stunde unterwegs. Der frühe Nachmittag war angebrochen, und da die drei Männer in ihrem Bestreben, Latius so schnell wie möglich aufzusuchen, ohne einen Imbiss aufgebrochen waren, verspürten sie neben Durst auch noch einen bohrenden Hunger. Doch sie waren voller Zuversicht, die Gastfreundschaft des Latius genießen zu dürfen, und die Aussicht auf gekühlten Wein und eine Mahlzeit beflügelte ihre Schritte nur noch mehr.
Bald waren sie in eine Seitengasse eingebogen. Hier ließ auch das Menschengewimmel nach und die hohen, weißen Mauern spendeten erholsamen Schatten. Sie waren in einem Viertel der Stadt angekommen, in dem offensichtlich wohlhabendere Bürger lebten. In manchen der Vorhöfe erblickten die Reisenden ein paar der gigantischen Stelen, wie die Aksumiten sie zu errichten pflegten, übersät mit Inschriften. Es schien, dass sie die gleiche Leidenschaft für beeindruckende Denkmäler wie die Römer besaßen. Und wie die Deutschen, dachte Köhler bei sich. Manche Dinge währten einfach ewig.
Dann blieb ihrer Führer so abrupt stehen, dass die drei Männer fast in ihn hineingerannt wären. Sie verharrten vor einer weißen Mauer. Die breite Holztür darin stand offen. In einem der beiden Türflügel war ein stolzes »SPQR« kunstvoll hineingeschnitzt
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