Kaiserkrieger 4: Der Aufstand
Ankunft dieser wichtigen Persönlichkeit hingewiesen worden.
Rasch eilte Petronius nach vorne. Er dachte gar nicht darüber nach, warum nach ihm geschickt worden war und nicht nach seinem Herrn, dem Bischof. Er ahnte, wer da nach ihm verlangte, und es war nur logisch, dass der greise und unzuverlässige Bischof nicht in dieses Gespräch eingebunden wurde.
Als er die Gestalt erreicht hatte, erhob sich diese geräuschlos und schlug die Kapuze ihres Gewandes zurück. Petronius war nicht einen Moment verwundert, als er das Gesicht des Mannes sogleich erkannte, ja, so etwas wie ein Gefühl freudiger Erwartung erfüllte ihn.
Er senkte respektvoll den Kopf. Es war immer gut, Ambrosius, dem Bischof von Mailand, die notwendige Ehrerbietung zuteilwerden zu lassen. Schließlich konnte ihm ein gutes Verhältnis zu diesem Mann in seinem eigenen Bestreben, Bischof von Ravenna zu werden, sobald sein greiser Herr das Zeitliche gesegnet hatte, nur behilflich sein.
»Mein Bruder«, sagte der Bischof leise und ein sanftes Lächeln begrüßte Petronius. Dieser neigte den Kopf und ließ sich segnen. Dann hockte er sich neben Ambrosius und schaute auf die flackernde Talgkerze, die vor ihnen stand. Er sagte nichts. Der Bischof hatte ihn gerufen und er würde sprechen, wenn er es für richtig hielt.
»Wie geht es Liberius?«, erkundigte sich der Bischof von Mailand schließlich nach seinem Amtsbruder aus Ravenna. Petronius horchte auf. Die Frage war nur scheinbar von harmloser Natur.
»Meinem Herrn geht es recht gut, soweit man es in seinem hohen Alter erwarten kann«, erwiderte er schließlich. »Ich habe noch heute Morgen mit ihm gesprochen und eine Andacht abgehalten. Er wirkte … müde.«
»Die Zeiten machen einen müde«, erwiderte Ambrosius, seine schief zueinander stehenden Augen wieder auf den Priester gerichtet. »Und für einen alten Mann wie Liberius ist all dies sicher besonders anstrengend.«
»Er trägt die Bürde tapfer.«
»Du hilfst, sie zu tragen. Ohne deinen Beistand könnte Liberius sein Amt nicht ausfüllen, das sagt jeder.«
»Ich diene dort, wo Gott mich hinbefohlen hat. Diene ich gut, erfreut es mich besonders.«
»Du dienst sehr gut«, bestätigte Ambrosius. »Tatsächlich vermute ich, dass deine Dienste dich dereinst befähigen werden, selbst das höchste Amt in Ravenna auszuüben.«
»An derlei denke ich nicht«, wehrte Petronius bescheiden ab. Beide Männer wussten, dass es eine Lüge war, und beide ließen es dabei bewenden.
»Ich habe Freunde in Ravenna«, erklärte Ambrosius nun.
»Ihr habt überall Freunde«, schmeichelte sein Gegenüber.
»Nicht überall. Derzeit bin ich am kaiserlichen Hofe weniger gut gelitten.«
»Ein sehr bedauerlicher Umstand.«
»In der Tat.«
»Es gilt, dies zu ändern.«
»So ist es.«
Für einen Moment sagte Ambrosius gar nichts und blickte nur auf das träge flackernde Kerzenlicht.
»Sagt, Petronius, was haben wir aus dem gescheiterten Versuch, das metallene Schiff der Dämonenbeschwörer zu entern, gelernt?«
Petronius hatte eine spontane Antwort auf der Zunge, etwas aus dem Gleichgewicht gebracht durch die plötzliche Frage, die doch den Finger auf die noch immer schmerzhafte Wunde seines kürzlichen Scheiterns legte. Doch dann schluckte er die Antwort wieder herunter und überlegte lieber. Der Bischof würde ihn dies nicht fragen, um ihm Schuld zuzuweisen. Der Sinn hinter dieser Frage ging weiter. Es galt, sie auf die richtige Art und Weise zu beantworten.
»Wir dürfen sie nicht unterschätzen«, begann er vorsichtig.
Ambrosius neigte den Kopf. Er sagte nichts.
»Gewalt auszuüben gegen sie hat nur dann Sinn, wenn wir eine Situation geschaffen haben, in der sie klar unterlegen sind«, wärmte sich Petronius an dem Gedanken. Seine nächsten Sätze kamen schneller, eifriger, ohne auf eine mögliche Reaktion seines Gesprächspartners zu warten. »Sie müssen fern ihrer Waffen sein oder die Vorteile ihrer Waffen dürfen nicht mehr so schwer wiegen. Eine deutliche Überzahl der unseren und größere Entschlossenheit würden ebenfalls helfen.«
Ambrosius gestattete sich die Andeutung eines Lächelns. »Ihr denkt wie ein Soldat, mein Bruder.« Ehe dieser etwas entgegnen konnte, hob der Bischof die Hand. »Das war keine Kritik. Wir leben in Zeiten, in denen man auch als Mann der Kirche wie ein Soldat denken muss. Wir sind Soldaten Jesu, Petronius. Wir führen einen großen Feldzug, und der Feinde sind viele. Es sind nicht nur jene Zeitenwanderer, sondern auch
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