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Kaiserkrieger 5: Die Flucht (German Edition)

Kaiserkrieger 5: Die Flucht (German Edition)

Titel: Kaiserkrieger 5: Die Flucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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genau betrachtete, entspannte sich sein Gesicht und er brachte so etwas wie ein schwaches Lächeln hervor. Er war völlig am Ende seiner Kräfte. Volkert befürchtete, dass …
    »Thank God – it’s a Roman!«,
flüsterte der Mann.
    Dann brach sein Blick und er starb.
        
     

41
     
    Clodius lebte allein in der kleinen Kate. Sie stand auf der Latifundie des Senators Caracellus, für den Clodius zwanzig Jahre lang als Vorarbeiter geschuftet hatte. Als sein Rücken krumm wurde, die Knochen zu sehr schmerzten und die Stimme heiser wurde, hatte Caracellus ihm die Freiheit gegeben, ein kleines Stück Land am äußersten Rand der Latifundie, ein wenig Material und die Hilfe zweier Sklaven, um sich ein bescheidenes Haus, nicht mehr als eine Hütte, zu bauen. Er bekam das Recht, auf dem Land bis zu seinem Tode anzubauen, und sollte er dazu zu gebrechlich sein, versprach ihm der Senator eine jährliche Donation, die genug sein würde, um ihn mit dem Nötigsten zu versorgen. Senator Caracellus war, so hörte man, gegen die Pläne des Imperators, die Sklaverei abzuschaffen. Gleichzeitig war er aber auch ein Herr gewesen, der seine Sklaven nicht missbraucht hatte. Und wurden sie alt, bekamen sie ein Altenteil als Freigelassene, wenn sie in der Nähe bleiben wollten. Clodius hatte nie eine Frau genommen – er hatte Kinder, aber sie waren vor langer Zeit verkauft worden und der alte Mann wusste nicht, was aus ihnen geworden war. Es gehörte zu seinen Träumen, dass die neuen Gesetze des Imperators dazu führen mochten, dass sie freigelassen wurden und ein eigenständiges und gottesfürchtiges Leben führen konnten.
    Gottesfurcht war für Clodius sehr wichtig. Er war niemand, dem die Spitzfindigkeiten der Kirche wichtig waren. Arianer, Trinitarier, sonst wer – es war ihm gleich. Hier im Osten war die arianische Lehre weit verbreitet, der Priester, dem Caracellus auf der Latifundie eine kleine Kirche errichtet hatte, war ein Arianer. Doch das war kein Thema, wenn man den Gottesdienst feierte, und Clodius ließ nicht einen aus. Seine alten Knochen trugen ihn die fünf Kilometer bis zum Gotteshaus mit all der Kraft, die noch in ihnen steckte, und Clodius war der Erste, der kam, und der Letzte, der ging. Er hatte das Privileg, lesen zu können, und hatte sein bescheidenes Einkommen genutzt, sich einige der Heiligen Schriften zu kaufen, schlecht gemachte Kopien von Schreibern, deren Kenntnis der Schriftsprache nicht viel besser war als seine eigene. Einige der Rollen waren auf Griechisch, andere auf Latein und es fehlte ihm auch noch das eine oder andere. Doch was er hatte, hütete er wie einen Schatz und er las jeden Tag darin, wenn er nicht arbeitete oder auf einer einfachen Holzbank vor seiner Kate saß und die Muskeln durch die Wärme der Sonne entspannte. Er war in der Gemeinde durch seine Kenntnis der Schrift mittlerweile wohlbekannt und immer wieder lud ihn der Priester ein, für die Gemeinde vorzulesen. Clodius empfand dies als eine große Ehre, sodass er die Bitte immer mit Demut erfüllte. So konnte er an seinem Lebensabend von sich sagen, ein geachtetes Mitglied der Gesellschaft zu sein. Als Vorarbeiter hatte er eine herausgehobene Position innegehabt, als Klient des Caracellus genoss er das Ansehen eines Bevorzugten und als gläubiger Christ, der auch noch lesen konnte, ja über eigene Exemplare wichtiger Schriften verfügte, hatte er sich zusätzlichen Respekt erworben. Wenn Clodius so auf seiner Bank saß und auf sein Leben zurückblickte, war da nur das Bedauern, nichts über seine Kinder zu wissen, was wohl aus ihnen geworden war. Überkam ihn diese Form der Melancholie, fing er an, für ihr Wohl zu beten, und listete mit einer großen Inbrunst all die guten Dinge auf, um die er Gott für seine Kinder bat: Gesundheit, Glück, Wohlstand, Frieden und natürlich eigene Kinder; Enkel, die er niemals sehen würde. Das hielt ihn aber nicht davon ab, auch für sie zu beten, jeden Tag, jeden Abend, jeden Morgen.
    Clodius war, alles in allem, mit sich zufrieden.
    In den letzten drei Tagen hatte er nicht viel Gelegenheit gehabt, sich um seinen Seelenfrieden zu kümmern. Denn er hatte einen Gast, und einen schwierigen dazu.
    Ein Stöhnen klang aus dem Inneren der Kate, vor der Clodius saß, die Beine in die Sonne gestreckt. Er erhob sich mühsam und ging gebückt ins Innere. Auf seinem Bett lag die Gestalt eines jungen Mannes, übersät mit den Schwellungen und Wunden der Pest, schwitzend, im Delirium, jedenfalls nicht

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