Kaiserkrieger 5: Die Flucht (German Edition)
einigen positiven Charaktereigenschaften, die auch seine Gegner nicht bestreiten würden. Und es wies auf die eigene, oft unbeherrschte und barsche Art hin, mit der der aufbrausende Theodosius mitunter seine Untergebenen abfertigte. Zwar wurde dies als Privileg des Imperators gemeinhin akzeptiert – von manchen möglicherweise sogar erwartet –, aber es half nicht sehr dabei, Loyalität zu erzeugen.
Und Loyalität war in diesen Zeiten ein kostbares Gut.
Theodosius blickte Thomasius weiter an. Dieser hob den Kopf, begegnete dem kaiserlichen Blick, senkte die Augen fast unvermittelt wieder. Der Zenturio bot keine Angriffsfläche für einen Wutausbruch und er bot keinen Anhaltspunkt, um sich wirklich eine Meinung zu bilden.
Wenn überhaupt, dann war dieses Verhalten am ehesten dazu geeignet, Theodosius’ Unbehagen noch zu verstärken.
3
»Wir haben letztlich zwei Möglichkeiten«, murmelte Sedacius und stocherte mit einem Zweig im Lagerfeuer herum, um die Glut wieder anzufachen. Levantus schob ein Holzscheit in die Flammen und sorgte dafür, dass die einzige Wärmequelle nicht ausging. Volkert hielt dem Feuer die Handflächen entgegen. Es war eine kalte Nacht und es hatte sich bereits Bodenfrost gebildet – und das in der Südhälfte Italiens. Es würde ein strenger und unbarmherziger Winter werden. Secundus, der Vierte im Bunde, schaute in die Flammen und hielt einen Becher mit erhitztem Wein in Händen. Niemand sagte etwas. Sie hatten dieses Wachfeuer etwas abseits des Lagers gewählt, um ungestört sprechen zu können. Dennoch waren ihre Stimmen gedämpft und sie alle sahen sich immer wieder unwillkürlich um. Vorsicht war angebracht.
Sie unterhielten sich über Hochverrat.
Volkert fühlte sich unwohl dabei. Aber er wusste nicht mehr, welche Alternativen ihm noch blieben, außer den Befehlen zu folgen.
Sedacius fuhr fort.
»Der Winter wird sowohl die Bewegungsfähigkeit des Maximus einschränken wie auch die unsere. Theodosius hat einen guten Plan entwickelt, um den Usurpator trotzdem beschäftigt zu halten, und ich unterstütze ihn. Sobald die Aktion beginnt und die Männer unterwegs sind, sollten wir aber eine Entscheidung getroffen haben. Entweder wir attackieren Theodosius sofort und rufen mich zum neuen Imperator aus oder wir warten, bis Maximus erledigt ist. Was ist Eure Meinung?«
Volkert wusste, dass der Tribun diese letzte Frage ernst meinte. Sedacius wollte Ratschläge. Er hatte die Angewohnheit, Ideen hin und her zu wälzen. Er achtete die Meinung anderer. Er war dabei nicht halb so herrisch und ungnädig wie Theodosius, wenn ihm jemand widersprach.
Dennoch dauerte es eine Weile, bis jemand aus der Runde das Wort ergriff.
»Ich bin für die erste Option, Herr«, meinte der alte Levantus, der nur deswegen noch nicht mehr war als ein Zenturio, weil es keine angemessene Dienstposition für ihn gab. Volkert, selbst gerade erst befördert, würde sich niemals anmaßen, die gleiche Autorität zu reklamieren wie der Veteran. »Wenn wir es schaffen, Theodosius mit unseren Bundesgenossen zu stürzen und Euch, Sedacius, sogleich als Imperator zu installieren, geht der Wechsel glatt vonstatten. Rheinberg wird uns anerkennen müssen, denn es bleibt ihm keine andere Wahl, will er Maximus besiegen. Außerdem ist Theodosius, haben wir Maximus erst bezwungen, in einer ungleich stärkeren Stellung als jetzt. Es wird nicht nur schwerer sein, ihn zu stürzen, sein Sturz wird auch viel schneller Widerstand hervorrufen. Wenn wir jetzt entschieden handeln, dann zu einer Zeit, zu der es ihm noch an Sympathisanten, an einer Hausmacht fehlt.«
Damit hatte der alte Mann alles gesagt. Er würde auch keine großen Anstrengungen unternehmen, seine Position zu verteidigen, so gut kannte Volkert ihn mittlerweile. Levantus war der Auffassung, dass sein Wort entweder überzeugte oder nicht und dass es in beiden Fällen keiner zusätzlichen Anstrengungen seinerseits bedurfte.
Secundus fühlte sich erkennbar unwohl, als sich nun die Blicke auf ihn richteten. Er war, genauso wie sein Freund Volkert, erst kürzlich befördert worden und hatte sich noch nicht richtig darin eingerichtet, ein Mitglied des engeren Verschwörerzirkels zu sein. Im Gegensatz zu Volkert plagten ihn aber keine Skrupel: Der langjährige Spieler, der seine Geldsorgen mit allerlei kleinen Gaunereien finanzierte, sah eine Möglichkeit, wenn sie sich ihm eröffnete, und war jederzeit bereit, dafür auch ein Risiko einzugehen. Sollte der
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