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Kaiserkrieger: Der Aufbruch

Kaiserkrieger: Der Aufbruch

Titel: Kaiserkrieger: Der Aufbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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lassen, das zweite Mal kann zur Folge haben, dass man dich aus der familia verstößt. Und das kannst du nicht wollen. Nicht einmal ich könnte dir dann noch helfen .«
    Julia machte eine beschwichtigende Geste.
    »Keine Sorge, ich weiß etwas viel Besseres. Danke, vielen, vielen Dank!«
    Sie beugte sich wieder vor und hauchte einen Kuss auf die Stirn des alten Generals, den dieser mit geschlossenen Augen genoss. Dann wandte sie sich ab, fasste ihren Vater und ihren künftigen Schwiegervater ins Auge und holte tief Luft. Es galt, einen Plan in die Tat umzusetzen.
    Und diesmal würde ihre Mutter ihr nicht im Wege stehen.

Kapitel 4
     

    Vor vielen Jahren, in der Zukunft, hatte Oberleutnant Klaus von Geeren – nein, Hauptmann, wie er sich zu erinnern hatte, seitdem er die Stelle des in Thessaloniki gefallenen Becker eingenommen hatte – einige Tage dienstfrei gehabt. Zusammen mit einem Kameraden war er ins nahe Trier gefahren, um sich die alte Stadt, die älteste auf deutschem Boden, einmal in Ruhe anzusehen. Er hatte sich immer für Geschichte interessiert und diese Passion ließ sich dort durchaus befriedigen. Dass er damals in Trier auch eine Braut gehabt hatte, die später mit seinem Kameraden durchgebrannt war, mochte auch eine Rolle gespielt haben.
    Jedenfalls erinnerte er sich daran, dass er eines Abends vor der Porta Nigra, dem »Schwarzen Tor«, gestanden hatte, dem größten und am besten erhaltenen Bauwerk aus römischer Zeit. Er hatte versucht, sich vorzustellen, wie das denn damals gewesen war – mit den Tempeln und Thermen, dem Forum und den mächtigen Stadtmauern der einstigen Kaiserresidenz. Von Geeren hatte große Mühe gehabt, sich dies realistisch auszumalen, und letztlich dann doch nur das Bauwerk betreten, um ein Gefühl für die Geschichte zu bekommen.
    Jetzt war er Teil dieser Geschichte, stand vor dem Stadttor, das einst die Porta Nigra werden sollte. Es stand nicht allein, sondern war integraler Teil der Stadtbefestigungen, und schwarz war es auch nicht: Frisch gestrichen, nicht verwittert und verdunkelt durch tausend Jahre Existenz, stand das Gebäude mit dem großen Tor wie neu erbaut vor ihm, und hindurch zog sich ein reger Verkehr aus Fußgängern. Wie in den meisten römischen Städten war auch Trier tagsüber für Karren verboten, um die ohnehin engen Straßen und Gassen nicht noch mehr zu belasten. Von Geeren wusste gut, was das bedeutete. Das Fenster seiner ansonsten sehr ordentlichen Unterkunft in einer römischen Kaserne, in der die Leibgarde des Kaisers untergebracht war, ging auf eine dieser Gassen hinaus. In der Dunkelheit rumpelten die Eselskarren über das Pflaster, um die Läden zu beliefern, die Märkte und vor allem den kaiserlichen Palast, der Unmengen an Vorräten zu verschlingen schien. Das Gerumpel und die Rufe der Eselstreiber, die Geräusche des Ladevorganges, die in der Nacht weittragenden Unterhaltungen, all dies hatte dem jungen Infanterieoffizier manches Mal den Schlaf geraubt, bis er sich endlich an diese Art von Hintergrundgeräusch gewöhnt hatte.
    Er schaute noch einmal das Torgebäude hoch, sah oben Stadtmilizen stehen, die den Verkehr durch das geöffnete Portal mit trägem Interesse beobachteten, während ihre Kameraden unten bisweilen Reisende aufhielten, um sie nach ihren Absichten zu befragen. Generell war die Wachsamkeit aber nicht hoch und das Gefühl ständiger Bedrohung, diese Atmosphäre von Bedrückung, Angst und beinahe hysterischer Verzweiflung, die von Geeren in Thessaloniki erlebt hatte, herrschte hier nicht. Sicher, Germanien mit seinen unruhigen Volksstämmen war nicht weit, aber der Kaiser war in der Stadt und mit ihm das Bewegungsheer des Westens, das außerhalb der Tore in zwei mächtigen Feldlagern kampierte.
    Der Deutsche trat unbehelligt durch das Tor – man kannte ihn mittlerweile – und marschierte auf die kaiserliche Residenz zu. Den Weg ging er oft. Häufig fand er sich vor diesem speziellen Stadttor wieder, um es schweigend zu betrachten. Die Wachen mochten ihn für verrückt halten und sprachen möglicherweise hinter vorgehaltener Hand über dieses seltsame Verhalten. Der Infanterist war sich selbst nicht ganz sicher, was ihn eigentlich immer wieder hier heraustrieb. Vielleicht lag es daran, dass dieses steinerne Zeugnis, das all die Jahrhunderte bis in seine eigene Zeit überdauert hatte, die unmittelbarste Erinnerung an seine Herkunft war, die mehr und mehr aus seinem Bewusstsein trat, je besser er sich hier eingewöhnte.

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