Kaktus zum Valentinstag
mich anscheinend noch viel mehr den erlebten Emotionen nach außen hingeben. Aber ich kann nicht. Warum?
Schon die Locken hatte mich früher immer mahnend und sich ewig wiederholend aufgefordert mit den Worten: »Du musst viel, viel mehr aus dir rauskommen!« Damals fragte ich mich, was sie damit bloß meinte. In diesem Moment wird es klar, glasklar. Ich will ja, aber ich kann nicht – kann nicht – kann nicht – noch nicht. Du musst es schaffen! Nein, mehr: Du schaffst es! Irgendwann! Ja! Glaube daran!
Allabendliche Auto-Sessions
Da ich nur ein Zimmer in dem gemeinschaftlich genutzten Haus der Vermieterin habe, ist es leider nur selten möglich, dort mit Martina bis spät abends zusammen zu sein. So enden unsere gemeinsamen Tage in Gettorf immer öfter im Auto auf dem Parkplatz unter den hohen Bäumen im Garten.
Dort sitzen wir noch lange und lassen den Tag noch einmal Revue passieren. Was war gut und was war weniger gut? Immer öfter diskutieren wir dabei auch über grundsätzliche Einstellungen und Meinungen. Und immer wenn Martina eine mir völlig fremde Sichtweise auf die Dinge erläutert, finde ich das äußerst bedenklich: »Ä-B.«
Immer dann, wenn ich eine Information verarbeiten soll, die mein bisheriges Weltverständnis ändern könnte oder sollte, bin ich blockiert. Dann ist Krise. Dann bin ich wie ein Computer, dessen Arbeitsspeicher randvoll ist. Ich nehme keinen Input mehr an. Das Einzige, was ich dann noch rausbringe, sind solche Sprachbruchstücke.
So werden die anfänglich als verlängerte Möglichkeit des Zusammenseins erlebten Auto-Sessions immer mehr zur Krisenbewältigung und dienen der Ausdiskussion unterschiedlicher Auffassungen und Wahrnehmungen zu ein und demselben Thema. Immer wieder stehe ich kurz davor, die Sache mit der Beziehung in Frage zu stellen. EineBeziehung zu führen, scheint für mich eine ganz besondere Herausforderung zu sein.
»Peter, du zerdenkst unsere Freundschaft, unsere noch junge Liebe. Warum? Bei dir kommt immer wieder so eine Wand runter. Und dann antwortest du auf einmal nicht mehr. Das kann ich nicht ertragen! Ich wüsste zu gerne, was in dir vorgeht! Aber ich finde keinen Zugang mehr. Warum machst du es uns so schwer? Es könnte doch ganz einfach sein?«
Nicht selten enden solche einseitigen Schweigezeiten mit dem Regnen in meinem Gesicht. Wenn final die Emotionen über die alles blockierende Ratio-Fraktion in meinem inneren Parlament siegen. Meine Papamamas haben diese Form der Tränen nie gesehen. Die innere Zerrissenheit, der Kampf konkurrierender Sehnsüchte. Die Sehnsucht nach Liebe, die aber unplanbar zu sein scheint, gegen die Sehnsucht nach Planbarkeit.
Gerade während dieser Auto-Sessions zeigt sich überdies, dass es auf Dauer sehr anstrengend wird, sich immer nur über Philosophie, Psychologie, Religion, Astronomie, Geologie und sonstige geistreiche Wissenschaften auszutauschen.
So merke ich irgendwann, dass es im Leben tatsächlich nötig ist, einfach nur so miteinander zu reden. Und dieser Small Talk, wie andere das nennen, der fällt mir nach wie vor schwer. So beginne ich in solchen Situationen, meiner Freundin Witze zu erzählen.
»Eine Gruppe Ingenieure und eine Gruppe Mathematiker fahren mit der Bahn zu einer Tagung. Jeder einzelne Ingenieur hat seine eigene Fahrkarte, während die ganze Gruppe Mathematiker nur eine einzige Karte hat.
Plötzlich ruft einer der Mathematiker: › Der Schaffner kommt! ‹ Sofort zwängen sich die Mathematiker alle in eine Zugtoilette. Der Schaffner kommt, kontrolliert die Ingenieure, sieht, dass das Klo besetzt ist und klopft an die WC-Tür: › Die Fahrkarte bitte! ‹ Daraufhin schiebt einer der Mathematiker die Fahrkarte unter der Tür durch. Der Schaffner zieht zufrieden ab.
Auf der Rückfahrt beschließen die Ingenieure, denselben Trick anzuwenden. Sie kaufen nur noch eine Karte für die ganze Gruppe. Sie sind sehr verwundert, als sie merken, dass die Mathematiker diesmal überhaupt gar keine Fahrkarte mehr haben!
Wieder ruft einer der Mathematiker: › Der Schaffner kommt! ‹ Sofort stürzen sich alle Ingenieure auf das nächstgelegene Klo, währenddie Mathematiker sich etwas gemächlicher auf den Weg zu einem anderen Klo machen. Bevor der letzte Mathematiker die Toilette betritt, klopft er noch bei den Ingenieuren an: › Die Fahrkarte bitte! ‹ Und die Moral von der Geschicht? Wende niemals die Methoden der anderen an, ohne sie wirklich zu verstehen!«
Witze zu erzählen, ist für mich
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