Kaktus zum Valentinstag
keine Liebe. So stellen sich die letzten Wintertage auf einmal dar wie die Serpentinen, die ich ja noch runter ins Tal fahren muss, um in mein Zielgebiet zu kommen. Die Gegend, in der das Klima endlich wiedermilder, die Strecken wieder weniger herausfordernd sind, und vor allem, wo das Land der Sehnsucht endlich beginnt, ist doch noch ferner als ich dachte. Die Serpentinen sind eng, steil und die Seite zum Abgrund ist ohne Geländer. Eine verrissene Lenkradbewegung, und es ist aus. Obwohl ich anscheinend schon hinter dem Hauptkamm des Gebirges bin.
Die Pizza ist längst aufgegessen, als ich mir meiner Absichten und meiner Liebe zu Martina wieder bewusst werde. Meine Starre weicht pfennigweise. Niemals wäre ich in der Lage gewesen, Martina hier und heute einfach sitzen zu lassen und die Pizzeria allein zu verlassen. Niemals, das weiß ich.
Krokusse, Kakteen und Kakerlaken
Um diese Sache mit der Tropentauglichkeit zu erledigen, versuche ich, für uns über Ostern eine zweiwöchige Reise nach Saint Lucia zu organisieren. Denn das ist für die Karibik die ideale Reisezeit. Martina könnte dann wegen der Ferien kurzfristig Urlaub bekommen und wir könnten sowohl Vulkane als auch Tropenstrand genießen. Doch leider gibt es den gewünschten Flug so kurzfristig für diese Zeit nicht mehr zu einem akzeptablen Preis. Schade.
Stattdessen zeichnet sich ab, dass ich in diesem Sommer fast vier Monate nicht in Schleswig-Holstein sein werde. Dass ich stattdessen zuerst zwei Monate mit dem Forschungsschiff »Sonne« unterwegs bin, um die Geologie des Meeresbodens im östlichen pazifischen Ozean rund um die Osterinsel zu erforschen. Und anschließend die Gelegenheit nutzen werde, gleich noch ein paar Andenvulkane zu besichtigen und einige tausend Kilometer der Panamericana, jener Straße, die Amerika von Nord nach Süd in seiner ganzen Länge durchzieht, mit einzusammeln.
Martina ist natürlich alles andere als begeistert, dass ich vier Monate weg sein werde, aber das Abenteuer Südamerika ruft. So einige ich mich mit Martina darauf, dass ich mein Studentenzimmer pünktlich zum Abflug nach Valparaiso kündigen werde, auf diese Weise spare ich gleich einige Monate Miete. Und wenn ich wiederkomme, dann können wir zusammenziehen. Vorausgesetzt, wir finden vor meiner Abreise eine geeignete Wohnung.
Und was die Testerei von Martina angeht, entschließe ich mich, einfach mal vorauszusetzen, dass sie tropentauglich ist. Ich kann einfach nichts erkennen, das den Schluss zulassen würde, dass es in dieser Hinsicht Probleme geben könnte. Ihr gesundheitlicher Zustand ist, soweit sichtbar und bekannt, auch was Blutdruck und Herz-Kreislauf angeht, diesbezüglich unbedenklich. So definieren wir die Tropentauglichkeit aus medizinischem Ermessen heraus als gegeben.
Je länger wir zusammen sind, desto mehr berühren wir uns körperlich. Auch wenn wir gemeinsam spazieren gehen, fasse ich nach wie vor immer ihre Hand an. Ganz fest! Und wir haben uns natürlich immer öfter gestreichelt, aber immer ohne Sex.
Am Anfang war das für mich total schwer, mit ihr zusammen im Bett zu liegen. Während sie stets schnell eingeschlafen war, konnte ich anfangs praktisch die ganze Nacht nicht richtig schlafen. Ich will eine Freundin, doch dieses Zusammen-in-einem-Bett-Liegen, das mochte ich zunächst überhaupt nicht. Es störte total.
Ganz allmählich gewöhne ich mich nun daran, so direkt neben ihr zu liegen. Und je öfter das vorkommt, desto besser gefällt es mir. Aber zum Durchschlafen muss ich mich vor dem Einschlafen schließlich doch noch abwenden.
Da ich noch nie mit einem anderen Menschen Sex hatte, weder mit einem Jungen noch mit einem Mädchen, muss ich nun allerdings genauer wissen, was mich hier bei Martina erwarten wird. Ich will von ihr wissen, ob sie überhaupt etwas empfindet, wenn ich sie berühre. Und ich will von ihr wissen, ob sie so etwas wie Reizwäsche braucht.
Ihre Antworten kommen nur sehr zögerlich, scheinen aber ehrlich zu sein. Und da Sex auch so eine kritische Sache für eine reifende Beziehung sein könnte, und ich auch nicht so richtig weiß, woran ich nun erkennen soll, wann Martina so weit ist oder ob sie es gar schon lange erwartet, stelle ich sicherheitshalber klar, dass diese Fragen nicht bedeuten, dass ich jetzt gleich Sex haben will. Denn die Menschen ziehen aus dem, was ich sage, manchmal sehr merkwürdige Schlüsse, Dinge, die ich so nie gesagt, also nicht gemeint habe.
»Kann es sein, dass du von mir
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