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Kaktus zum Valentinstag

Kaktus zum Valentinstag

Titel: Kaktus zum Valentinstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Schmidt
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eigentlich ist das nur ein Kuss!«
    Ein gequantelter Kuss zählt also nur einmal.
    »Und du meinst wirklich, dass ich dich vierzig Mal am Tag küssen soll?«
    »Soll? Musst! Sonst hast du mich ja gar nicht lieb!«
    »Also gut, vierzig Mal. Da muss ich dann wohl eine Liste anfertigen, auf der ich die Anzahl abstreichen kann! Darf ich eigentlich auch mal Schulden machen?«
    »Was für Schulden?«
    »Na ja, wenn ich zum Beispiel heute nur auf 27 komme, ist es dann auch okay, wenn ich dann morgen mindestens auf 53 komme, also 80 in zwei Tagen?«
    »Ja, na klar!«
    Uff, zum dritten Mal uff, das ist dann ja im Bereich des Möglichen.
    Dann sagt sie auf einmal:
    »Für mich ist das Küssen mindestens genauso wichtig wie für dich dein Reisen, okay?!« Mehr sagt sie nicht mehr und schläft in den nächsten fünfzehn Minuten neben mir ein.
    In mir steigt derweil das Magma des Vulkans auf, denn ihre letzten Worte verbaffen mich. Das ist alles Ä-Ä-Ä-B-B! Dein Reisen?! Hab ich’s doch geahnt, die war noch nie weit gereist, die will auch gar nicht reisen. Wenn das mit uns beiden noch halten soll, dann wird die Sache mit dem Reisen umso dringender und wichtiger. Und solange ich mit ihr nicht auf einer kitschigen, klischeehaften, tropischen Kokospalmeninsel gewesen bin, läuft da am besten erst einmal gar nichts mehr. Ich will Liebe wie im Film oder gar keine – oder ich bin dann eben doch besser schwul. Aber das hier, nein danke!
    An Schlaf ist nicht mehr zu denken. Und die Tante schläft da neben mir in aller Seelenruhe auch noch ein. Die merkt gar nicht, was hier gerade für ein Vulkanausbruch droht, der vernichtend sein kann, vernichtend für diese frische Liebe. Wie eisigster Frost, der auf die frisch blühenden Bäume trifft und alles zerfrieren lässt. Ja, so ist das.
    In mir kocht das Magma höher und höher, der Wutvulkan droht auszubrechen. Ich muss aufstehen und mich entfernen. Dazu gehe ich in mein altes Zimmer. Dort lege ich mich in mein altes Bett, in dem ich früher immer geschlafen habe. Als Schüler. In mir tagt das Parlament. Die rationale Fraktion gegen die intuitiv-emotional gesteuerte Fraktion.
    Argumente werden in mir selbst ausgetauscht, das Gehirn muss voller Lichtblitze sein. Ich bin hellwach. Am Ende der inneren Diskussion sinkt der Magmaspiegel des Wutvulkans. Bei der Abstimmungsiegt die Intuition über die Ratio. Begründung: Die Ratio kann nicht alle Dinge benennen, die bei einer Beziehungs- und Liebesgeschichte ausschlaggebend sein könnten.
    Auf die Frage nach dem »Wohin willst du gehen?« kam die selbstgegebende Antwort: »In eine lebenslängliche Partnerschaft!« Und das bedeutet, die Ratio wachsam sein zu lassen, aber in Zweifelsfällen der Intuition den Vortritt zu lassen. So geschieht es hier. Ganz allmählich beruhige ich mich. Doch einschlafen kann ich leider nicht.
    Wie als Kind schmeiße ich mich im Bett hin und her. Etwa eine Stunde lang. Doch der Weg in den Schlaf bleibt versperrt. Schließlich bricht in mir die Erkenntnis durch, dass Martina letztendlich doch genau das Verhalten gezeigt hat, das die Frau meiner Träume zeigen muss: Ehrlichkeit, Direktheit und Offenheit. Die Wut schlägt auf einmal in Sorge um, sie zu verlieren. Durch Fehlverhalten. Durch Verhalten, das als lieblos gelten könnte. Zu oft kam es vor, dass sie sagte: »Peter, das merkt man doch!«, oder fragte: »Merkst du denn gar nicht, dass …?« Die drohende Explosion verwandelt sich in ein friedliches, Erneuerung schaffendes Ausfließen glutrot glühender Lava, das sich als Tränenfluss auf meinem Gesicht manifestiert.
    Drei Stunden später, von dem Moment an gerechnet, als ich von Martina wegging, bin ich wieder bei ihr. Ohne Worte. Die Lava ist wieder erstarrt. Ich lege mich neben sie. Ich schnappe ihren Kopf und drücke ihn ganz fest an mich. So wie nie zuvor.
    Ich glaube, es ist der allererste, wirkliche, leidenschaftlich anmutende Kuss, der sich den Weg durch meine innere Mauer bahnt.
    Silvester verbringen wir tänzerisch auf dem Haus einer musikalischen Studentenverbindung hoch oben über der Altstadt von Marburg. Um Punkt null Uhr stoßen wir mit einem Glas Sekt auf das kommende Jahr unserer Liebe an, derweil die Böller und Raketen unter uns über den Marburger Stadthimmel um die Wette fliegen und knallen.
    In diesem Moment sagt Martina: »Auch wenn wir immer wieder diese nervenden Diskussionen haben, ich muss dir sagen, dass ich dich vielleicht gerade deswegen total liebe!« Da ist was dran, ist es doch

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