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Kaktus zum Valentinstag

Kaktus zum Valentinstag

Titel: Kaktus zum Valentinstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Schmidt
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erfrischenden Wasserfallpools und genießen an tropischen Sandstränden das Rauschen der Kokospalmen im Wind.
    Alles ist wieder wie in einem kitschigen Film. Wir erleben das Klischee vom tropischen Traum. Genau nach meinem »Drehbuch«. Leider hat Martina zunächst einen Sonnenstich, weil sie die Einstrahlung der äquatorialen Sonne unterschätzt hat. Es trübt ein wenig das Genießen, aber ich kann das zum Glück als schlichte Unerfahrenheit verbuchen. Genauso ist es mit dem Essen. Anfängliche Probleme werden überwunden.
    Pünktlich zum grünroten 24.12.1992 erreichen wir eine christliche Kolonie im ansonsten muslimisch geprägten Norden Sumatras. Wir hören von unserem Hotelzimmer am Abend die Bevölkerung in denumliegenden Dörfern aus voller Brust singen. Leider sind wir so erschöpft, dass wir beim Ohrgenuss der ersten Lieder mit weihnachtlichen Gedanken einschlafen. Es ist das erste Weihnachten meines Lebens ohne Kirchgang!
    Einige Tage später erreichen wir Bungus Beach südlich von Padang. Dort quartieren wir uns in einem einfachen Hotel ein, das direkt am kokospalmengesäumten Strand liegt. Am Abend schauen wir gemeinsam auf das Meer, den Sonnenuntergang. Über dem dichten Dschungel der umliegenden Berge wachsen gewaltige weißfarbene Blumenkohlwolken heran, die im Licht der untergehenden Sonne einröten. Als es schließlich dunkelt, zucken unablässig Blitze vom Himmel und die mächtigen Wolken ziehen an uns vorbei vom Land aufs Meer.
    Ich sehe in diesen spektakulären Blitzen »flames of love«. Mein Gnubbelchen hat ganz eindeutig den Test der Tropentauglichkeit bestanden. Wir haben drei Wochen lang das erlebt, was andere gerne mit »So was gibt’s doch nur im Film« abqualifizieren. Ich schenkte meinem Gnubbelchen Erinnerungen, die wohl so niemand mehr in ihr Leben bringen können wird. Wieder einmal!
    So sehe ich denn den Moment X gekommen, um sie endlich von der für sie offenbar bangen Frage nach dem Ergebnis des Tropentauglichkeitstestes zu erlösen:
    »Mein liebstes Gnubbelchen, ich sehe da draußen auf dem Meer die ›flames of our love‹. Wir haben uns zwar schon lange verlobt, aber eine Hochzeit, du weißt es, kann ich nur zulassen, wenn du dich in dem, was meine Welt ist, wohlfühlst! Gefällt es dir denn hier? Hast du auch Spaß an diesem tropischen Abenteuer?«
    »Ja, natürlich, es ist einfach wunderschön hier! Ohne dich hätte ich so etwas wohl nie erleben dürfen!«
    Das sind die Worte, die ich hoffte zu hören! Ich spüre, wie sich in mir die letzte innere Schranke erhebt und ich meinem Gnubbelchen das Visum zur Einreise in mein Reich erteilen kann. Sie ist reise- und tropentauglich. Daher sage ich ihr:
    »Ich glaube, es gibt keinen besseren Moment als diese Kulisse der über dem Meer untergehenden Sonne und der gewaltigen Blitze, um dir zu sagen, dass du keine Angst mehr zu haben brauchst davor, dass ich dich ablehne wegen mangelnder Tropentauglichkeit.«
    »Na, Gott sei Dank!«
    »Ich sehe in diesen Lichtern die Vorboten einer Hochzeit, unserer Hochzeit. Wir haben uns zwar schon offiziell verlobt, aber willst du mich denn wirklich auch heiraten?«
    »Ja, eigentlich schon!«
    »Und uneigentlich?«
    »Ich muss an so vieles denken.«
    »Was heißt das, ›muss an so vieles denken‹?« Sollte ihr das hier doch nicht gefallen? Hoffentlich hat sie kein Heimweh! Das würde Punktabzug geben. Da wird sich doch wohl jetzt nicht eine harmlose Wolke zum Gewitter aufbauen?
    »Ach, ich muss an meinen Vater denken, der ja vor zwei Jahren gestorben ist.«
    »Deinen Vater? Ausgerechnet jetzt und hier? Da kannst du doch zu Hause genug dran denken! Wir sind doch nicht hierhergefahren, um hier rumzutrauern, sondern um uns näherzukommen.« Da hat man vermeintlich an alles gedacht und für die perfekten Kulissen gesorgt, und da kommt sie mit irgendwelchen Befindlichkeiten und macht alles kaputt! Ich spüre, wie das Magma in mir aufsteigt. Wenn es jetzt hier zum Vulkanausbruch kommt, dann wäre doch noch alles vorbei!
    Beruhigende Worte erreichen mich: »Das kann ich jetzt aber nicht ändern. Wenn ich an ihn denken muss, dann muss ich eben an ihn denken. Das kann man nicht so kontrollieren. Ich werde ja auch nicht die ganze Zeit traurig sein. Nur eben jetzt – das geht bald vorbei!«
    Stille. Ich kämpfe mit mir selbst.
    »Musst du an ihn denken, weil du dir vorstellst, wie das gewesen wäre, wenn er das hier alles noch erlebt hätte?«, frage ich nach.
    »Natürlich, auch – aber das ist jetzt nicht

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