Kaktus zum Valentinstag
wiederholen. Und die Wohnung ist fertig – und so, wie sie mir auch gefällt. Zumindest wird es keine Streitigkeiten darüber geben, wie eine Wohnung oder gar ein Haus einzurichten ist. Herrlich! Einfach herrlich!
Und noch etwas fällt mir auf: Unsere Wohnung hat eine eigene Waschmaschine. Vorbei ist die Zeit, in der ich alle vier bis sechs Wochen ein Paket schmutziger Wäsche an die Locken schickte und ich von der Locken dann ein Paket frischer Wäsche zurückbekam. Die Waschmaschine ist ein Geschenk der Locken an Martina. Damit wird sie zum Symbol des Übergangs aus der elterlichen Betreuung in dieeigene Beziehung. Wenn die Freundschaft mit Martina tatsächlich einmal in einer eigenen Familie aufgeht, dann wäre es mir erspart geblieben, mich irgendwann um die ganzen anstrengenden Dinge des Alltags selber kümmern zu müssen.
Damit das Erlebnisbild von der ozeanischen Trennung noch seinen würdigen Rahmen bekommt, knüpfen wir dort an, wo wir vor vier Monaten aufgehört haben. Wir wandern wieder bei Dänisch-Nienhof entlang der Ostseeküste und blicken von einer Bank über die Eckernförder Bucht. Diesmal steht die Sonne viel weiter im Westen. Der tolle Sommer, ja, ich habe ihn verpasst. Aber ich habe auch etwas gewonnen: mein Gnubbelchen.
Das wird spätestens dann klar, als ich in ihrem Tagebuch nachlesen darf, wie sie die Zeit der ozeanischen Trennung überlebt hat. Es gelingt mir normalerweise nicht, mitzufühlen, was andere Leute bewegt, aber hier ist es anders. Ich habe offensichtlich Abwechslung und Zerstreuung gehabt, während mein Gnubbelchen in einem Meer von Tränen ertrunken sein muss, so viel wie in ihrem Tagebuch von Traurigkeit und Depression die Rede ist.
Wenn das kein Zeichen wahrhaftig bedingungsloser Liebe ist! Ich glaube, wir sind tatsächlich füreinander bestimmt. Warum auch immer.
Um den Weg zu unserer Hochzeit vollends frei zu machen, buche ich nach Rücksprache mit meinem Gnubbelchen gleich unsere erste Tropenreise. One-Way nach Bangkok und One-Way von Singapur zurück. Alles andere wird sich vor Ort finden. Auf dem Landweg werden wir die Tropen erkunden. Und Abstecher zu tropischen Trauminseln werden nicht fehlen.
Miteinander schlafen?!
Der Tag ist gekommen, an dem ich das allererste Mal richtigen Sex mit einer Frau haben soll. Einerseits freue ich mich, andererseits spüre ich sie wieder, die in mir existierende Mauer. Die Mauer, die nicht nur die Kommunikation blockiert, sondern auch Spontanität. Das erste Mal echten intimen Sex zu haben, ist eine neue, noch nie erfahrene Situation.
Es ist einfach nichts da, woran ich meine Planung, wie dieses Ereignis ablaufen soll, anknüpfen kann. Nichts. So liegen mein Gnubbelchen und ich nebeneinander auf unserem Schlafsofa. Wir streicheln uns, wie schon so oft. Aber ansonsten passiert nichts, was darauf hindeutet, echten sexuellen Kontakt zu bekommen. Auch wenn ich emotional »präpariert« bin, kann ja nichts passieren, weil ich neben ihr und nicht auf ihr liege oder sie auf mir. Erst mal.
Und im Sport war ich noch nie gut. Und den Liegestütz, den man wohl hier nun dringend braucht, den konnte ich noch nie besonders lange aushalten. Kaum habe ich eine Haltung eingenommen, die intimen Kontakt technisch ermöglicht, sinke ich allmählich ab. Vor Erschöpfung. So kann da nichts passieren! Und dabei dachte ich immer, dass Sex Spaß machen soll. So jedenfalls nicht. Schade!
Das hier soll also das sogenannte »Miteinanderschlafen« werden. Doch wenn man Sex hat, dann schläft man doch gar nicht. Man ist ja gar nicht entspannt. Ganz im Gegenteil. Dann ist man doch hellwach, voll angespannt! In diesem Moment muss ich an 1984 denken. Ich war achtzehn Jahre alt. Damals habe ich mit zwei Lehrerinnen aus der Schule zusammen eine Safari in Kenia gemacht. Und wir haben zusammen in einem Zelt geschlafen. Als mich meine Mitschüler nach der Rückkehr zum Gymnasium in der Schule fragten, ob ich mit denen geschlafen hätte und ich dieses bejahte, gab es Gelächter und bizarre Gerüchte. Die eigentliche Bedeutung dieses Ausdrucks begriff ich erst viel später.
Damals gab es keine Gleichaltrigen, die wie ich Interesse hatten, die Geographie eines klimatisch und biologisch abwechslungsreichen Entwicklungslandes vor Ort zu erforschen. Damals war ich der dumme Schlaue, dumm und anstellerisch in der Bewältigung des Alltags, schlau und gefragt im Wissen und Können.
Das, was die anderen als selbstverständlich und einfach bezeichneten, empfand ich als
Weitere Kostenlose Bücher