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Kaktus zum Valentinstag

Kaktus zum Valentinstag

Titel: Kaktus zum Valentinstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Schmidt
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alle denkbaren fachlichen Herausforderungen des Lebens sind. Dinge, die für mich schier unlösbar scheinen: das Erkennen von Befindlichkeiten und Emotionen, die angeblich die Welt regieren sollen. Ein Schock. Ein Erdbeben.
    Eine Frau bricht in Tränen aus, als herausgearbeitet wird, woher ihre Probleme im Führungsverhalten kommen. Die Geschichten der anderen Teilnehmer offenbaren mir Dinge, für die ich absolut keine Antennen habe. Spielregeln menschlichen Daseins werden offengelegt, die mir absolut unverständlich sind. Das Berufsleben sei ein Haifischozean, lerne ich von den anderen beim gemeinsamen Essen.
    Am letzten Tag des Seminars erhält jeder ein Feedback von der Seminarleitung und von jedem einzelnen Teilnehmer. Es ist wie eine Skelettierung der Persönlichkeit. Ein Röntgenbild dessen, was mich und die anderen auszeichnet – positiv wie negativ. Es ist das bis dahin mit weitem Abstand wertvollste Feedback meines Lebens. Auf mehreren Flipcharts steht nun, wer ich eigentlich bin. Gleich die erste Zeile, die notiert wird, bringt es auf den Punkt: Bei ihm hat man das Gefühl, als bestehe »kein Anschluss unter dieser Nummer«. Er »findet oft ungewöhnliche Lösungen, die verblüffen und Angst machen zugleich«, er »hat keinen Zugang zu den Emotionen der anderen«, »es fehlt ihm an Einfühlungsvermögen«.
    Man kann von ihm stets viel lernen, aber er lässt niemanden an sich heran, stattdessen kommt es im Gespräch mit ihm immer wieder zum »Aufbau eines rationalen Schutzwalls«. Zusammengefasst: »Herr Schmidt ist der einsame Wolf, der über seine eigene Intelligenz stolpert.«
    Die ganze Gruppe starrt auf ein Flipchart, auf dem die in Häkchen gesetzten Satzteile stehen, die mich darstellen sollen. Stille. Wirkungsvolle Stille. Zeit, um sich zu finden. In Silentium. Als ich mich gerade frage, ob es nicht andersherum ist, dass es eher die Intelligenz ist, die über diese unbekannte Mauer stolpert, ergreift der Seminarleiter wieder das Wort:
    »Sie finden aus jeder noch so komplexen Situation vermutlich einen Ausweg. Sie denken in Strukturen, in Bildern und auf höchst ungewöhnlichen Wegen, die eine Gruppe vor allem dann weiterbringen, wenn alle Standardrezepte nicht mehr funktionieren. Sie sind wie ein Wolf, der auch im härtesten Winter noch Futter finden würde, der sozusagen das ganze Rudel vor dem Verhungern bewahren könnte, wenn, ja, wenn Sie denn zu einem Rudel gehören würden. Aber Sie können oder wollen die Spielregeln des Rudellebens nicht beherrschen. Herr Schmidt, bei Ihnen fehlen Basics, die praktisch jedes Grundschulkind bereits perfekt beherrscht!«
    Den letzten Satz wiederholt er noch zwei Mal, so dass mich dieser Spruch des Seminarleiters ganz eigenartig berührt. Das will er wohl auch erreichen.
    Auf dem Weg nach Hause stoppe ich in Blaubeuren. Ich stehe am Rand des Blautopfes, einer riesigen Quelle, um mit der Mau zu telefonieren. Die erste Frage, die ich ihr stelle, noch bevor ich ein Hallo über die Lippen bringe, ist: »Liebst du mich überhaupt?«
    »Wie kommst du denn jetzt darauf? Was ist passiert?«
    »Nach allem, was ich in diesem Seminar über mich gehört habe, kann man so etwas wie mich eigentlich nicht lieben. Ich jedenfalls könnte das nicht. Alles was ich kann, alles was ich weiß, es wird niemals reichen, Menschen angemessen zu führen, weil ich keine Emotionen erkennen kann. So ein Seminar wie dieses, aber nicht nur eine Woche, sondern ein ganzes Jahr, das könnte mir vielleicht helfen. Aber wer soll das bezahlen?«
    Über mehrere Wochen versuche ich, das Gelernte oder zumindest Bewusstgemachte zu Hause und im Job zu trainieren, um mich emotional weiterzuentwickeln. Als ich mit der Locken telefoniere, wundert sich die Mau, warum ich auf einmal so interessiert sei an allem. Ich hätte endlich mal gelernt, Small Talk zu machen. Sie würde an mir auf einmal Seiten sehen, die sie nicht für möglich gehalten hätte. Ein Lichtblick sei das. Ich sei auf einmal wie ausgewechselt. So kenne man mich ja gar nicht, das sagen mittlerweile auch andere.
    Sosehr ich mich darüber freue, so sehr strengt es mich auch an. Warum machen die ganzen Menschen bloß dieses anstrengende, extrem kräftezehrende Theater? Warum foltern sie sich alle gegenseitig mit so blöden Höflichkeitstuereien, die ein Mitgefühl vortäuschen sollen, das doch eigentlich gar nicht da ist? Das Seminar spiegelte mir zwar die Mauer, aber die Warum-Fragen bleiben doch unbeantwortet!
    Ich habe das Gefühl, dass

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