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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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ob das Thema damit für sie abgeschlossen wäre, erhob sie sich. »Zeit zur Siesta«, sagte sie, »ich werde die Decken holen.« Sie kam nach einer Weile mit den Decken über dem Arm zurück.
    »Bleib ruhig liegen«, sagte sie, »ich lege sie für uns beide zurecht.«
    Garnet lächelte sie an. »Niemand, der dich nach deinen Reden beurteilte, würde dich für so fürsorglich halten, wie du bist«, sagte sie.
    »Du wirfst hier zwei verschiedene Dinge durcheinander«, sagte Florinda. »Du bist meine Freundin, und ich mag dich gern. Das ist etwas ganz anderes.«
    Sie zog die Decken zu Schlafsäcken zusammen, zog ihre Schuhe aus, löste ihren Rock und schlüpfte in einen der Säcke. Garnet wußte, daß sie ihren Mittagsschlaf auch nötig hatte, aber sie war gar nicht müde. Sie blieb sitzen und sah John zu, der den Boys behilflich war, die Pferde anzupflocken, und zwar an einer Stelle, wo das Gras am dichtesten stand. Der Russe Nikolai kam mit einer dampfenden Tasse Schokolade heran.
    »Trinken Sie«, sagte er, Garnet die Tasse reichend, »das wird Sie innerlich erwärmen und gleichzeitig schläfrig machen.«
    Garnet dankte ihm herzlich, und er setzte sich neben sie ins Gras. Er sah zu Florinda hinüber, die bereits eingeschlafen war, sah dann auf Garnet zurück und lächelte.
    »Ziemlich törichte Menschen, alle beide«, sagte er, »John und Florinda.«
    »Haben Sie gehört, was sie mir klarmachen wollten?«
    »Ein wenig. Seien Sie ihnen nicht böse. Sie wissen es nicht besser.«
    »Dann finden Sie, daß sie unrecht haben?«
    »Natürlich haben sie unrecht. Nur – ich denke –; er zögerte.
    »Was, Nikolai? Sagen Sie es mir.«
    »Miß Garnet, Sie wissen sicher vieles, von dem ich nichts weiß. – Aber ich will Ihnen sagen, was ich denke von John und Florinda. Ich glaube, man hat beiden sehr weh getan, als sie noch waren so klein, daß sie sich nicht wehren konnten.«
    Garnet trank schweigend ihre Schokolade und reichte ihm dann die Tasse zurück. »Sie sind ein weiser Mann, Nikolai«, sagte sie dann, ihn voll ansehend.
    »Ich weiß nicht«, entgegnete Nikolai Grigorievitch. »Viele Yankees sagen, ich sei ein großer Narr. Ich wieder denke: die Narren sind sie, und ich weiß nun nicht, wer hat recht: sie oder ich. Aber ich weiß: Sie sind eine tapfere Frau. Wenn Sie werden haben Ihr Kind, Sie werden es nicht bestrafen für etwas, das es nicht getan hat.«
    »Oh, gewiß nicht.«
    Er lächelte: »Florindas Mutter hat das getan. Und ich denke immer: irgend jemand strafte auch John für Dinge, die er nicht tat. Ich weiß es nicht. John hat mir nie etwas darüber gesagt. Nun – aber jetzt Sie müssen Ihren Mittagsschlaf halten.«
    Garnet kroch gehorsam in den Schlafsack, den Florinda für sie vorbereitet hatte. Nikolai Grigorievitch zog die Decken rundherum fest, wie eine Mutter, die ihr Kind zum Schlaf bettet.
    ***
    Da sie so langsam ritten, brauchten sie zehn Tage bis Los Angeles. Als sie ankamen, war Garnet völlig erschöpft.
    Sie ritten in das Dorf ein, und es schüttelte sie vor Ekel. Los Angeles war unzweifelhaft der schmutzigste Ort, den sie jemals gesehen hatte. Jedermann schien hier Dreck und Abfälle kurzerhand vor die Haustür zu werfen, und niemand kam offenbar auf den Gedanken, den Unrat wegzuräumen. Die wilden Hunde wühlten mit der Schnauze darin, Fliegen hingen in dichten Schwärmen darüber und Pferdehufe zertrampelten ihn zu Brei. Die Luft war dick und von ekelhaften Gerüchen erfüllt. Dann und wann rumpelte ein mit Häuten beladener Ochsenkarren über die Straße, und die Häute strömten ihren eigenen infernalischen Gestank aus. »Mein Gott«, flüsterte Garnet Florinda zu, »warum riechen die Häute so entsetzlich?«
    »Weil die Digger sich nicht die Mühe machen, alles Fleisch abzuschaben«, erwiderte Florinda. »Die Fleischfetzen, die an den Fellen hängenbleiben, faulen natürlich und stinken dann.« Sie rümpfte selbst die Nase, während sie sprach. »Ich hörte, das sei hier noch gar nichts gegen den Gestank in San Diego«, sagte sie. »Dort soll die Luft bis meilenweit ins Meer hinaus verpestet sein.« Garnet griff sich mit der Hand in den Nacken und kratzte sich am Hals. Florinda lächelte sie an.
    »Flöhe fühlen sich hier natürlich wohl«, sagte sie, »aber du brauchst keine Angst zu haben; in Silkys Haus gibt es keine.«
    Garnet fühlte, wie sich auf ihren Schenkeln eine Gänsehaut bildete; Übelkeit stieg in ihr auf und einen Augenblick meinte sie, sich übergeben zu müssen. Sie

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