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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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freilich, ich wußte nicht, daß es so aussehen würde.
    Jetzt, wo sie es vor sich sah, fragte sie sich, warum sie die Möglichkeit einer solchen Entwicklung nicht früher bedacht habe. Sie hatte Freiheit gewollt; nun, jetzt hatte sie unbegrenzte Freiheit. Hier in diesem schmutzigen Dorf, weit entfernt von jeder Beschränkung, die ihr jemals auferlegt worden war, hatte sie die Freiheit, alles zu tun, was ihr gefiel.
    Was für ein kleines Mädchen war sie doch gewesen, als sie Oliver heiratete! Sie hatte so voll satten Behagens und so voll Neugier gesteckt; sie war so eifrig bestrebt gewesen, all den farbigen Versprechungen nachzulaufen, die das Leben verhieß; dabei war sie im Grunde Dingen nachgelaufen, die nirgends existierten außer in ihrem Kopf. Sie hatte gedacht, Freiheit bedeute einfach, den eigenen Weg gehen zu können; sie hatte nicht bedacht, daß man auch die Konsequenzen seiner freien Entscheidungen tragen muß. Gut, das wußte sie nun. Das Leben war weit entfernt davon, ein unerschlossenes Paradies goldener Abenteuer zu sein, die nichts kosteten.
    Sie stützte sich mit den Ellbogen auf den Fenstersims und sah sich in Florindas sauberem Zimmer um. Sie dachte an den Augenblick, da sie Florinda zum erstenmal gesehen hatte. Damals hatte das unbekümmerte Vertrauen, mit dem Florinda einer scheinbar hoffnungslosen Zukunft entgegensah, sie erstaunt; heute begriff sie es. Man entwickelt den Mut, den man braucht, und man entwickelt ihn dann, wenn es nötig ist. Das hat nichts mit allerlei edlen Idealen zu tun; es ist nichts als schlichte Selbstverteidigung. Es ist wie bei der Wüstendurchquerung: Entweder man kommt durch oder man bleibt auf der Strecke, und es ist niemand außer einem selbst da, der sich viel darum sorgt.
    Das Kind in ihrem Leib versetzte ihr einen kleinen Stoß. Sie klammerte die Hand um den Fenstersims. Hier draußen, in diesem halbwilden Land würde es viele Dinge, die ein Kind braucht, nicht geben. Aber sie konnte das Kind lehren, was sie selber gelernt hatte und was Oliver nie gelernt hatte: daß nämlich keine freundliche Vorsehung einen Menschen vor den Folgen dessen bewahren kann, was er selber tat; daß der Mensch gut daran tut, sich auf niemand als auf sich selbst zu verlassen.
    Unter dem Hafer, der an der Mauer eines benachbarten Hauses wuchs, erblickte Garnet Büschel leuchtend gelben Mohns. Es fiel ihr ein, daß John seine Ranch nach diesem Mohn benannt hatte. La flor torosa = die beständigen Blumen! Der Mohn da drüben wirkte zart und verletzlich, wie Gewächshausblumen, die keinem Windhauch standhalten. In Wirklichkeit handelte es sich um Unkraut, das jedem Unwetter trotzte. Garnet blickte lächelnd auf die gelben Büschel hinab. »Torosa!« sagte sie laut, und noch einmal: »Torosa!« Das Wort gefiel ihr gut.
    ***
    John und Nikolai Grigorievitch kehrten auf ihre Besitzungen zurück, und Garnet war auf dem Wege, sich mit Los Angeles und ihrer Umgebung abzufinden. Es war nicht leicht. Oft riß sie der heraufdringende Lärm nachts aus dem Schlaf, und sie entbehrte Schlaf so sehr, daß sie in den ersten Tagen oft vor Müdigkeit taumelte. Die Gerüche der Straße waren für ihre Nase eine ununterbrochene Beleidigung, und obgleich Isabel sich alle Mühe gab, das Zimmer sauber zu halten, brachten es immer wieder ein paar Flöhe fertig, sich einzuschleichen. Und neben den Flöhen gab es noch die Spinnen. Die Spinnen waren an sich harmlos, aber sie waren gleichwohl eine schreckliche Plage. Sie spannen Nester auf den Fenstersimsen und hingen in ganzen Girlanden unter der Decke. Während der ersten Woche ihres Aufenthaltes in Los Angeles fegte Garnet mehr Spinnweben herunter, als sie in ihrem ganzen Leben gesehen hatte.
    Aber es hätte andererseits alles sehr viel schlimmer sein können. Silky gab ihr nie das Gefühl, sie sei unerwünscht, dieses unerträgliche Gefühl, das sie in Charles’ Hause nicht einen Augenblick verlassen hatte. Der Chinesenboy Micky lächelte freundlich, sobald er sie sah, und Silky selbst sank in tiefer Verbeugung zusammen, sobald er sie nur von fern erblickte. Florinda nun gar brachte ihr eine ständig gleichbleibende warme Zuneigung entgegen, eine Freundschaft, die nichts forderte und immer da war, einfach und klar wie der Sonnenschein.
    Eines Tages kam Texas; er humpelte an einer Krücke; es hatte sich herausgestellt, daß er bei dem Sturz seinerzeit eine sehr viel ernstere Verletzung davongetragen hatte, als damals jemand ahnte. Er lehnte sich gegen den

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