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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Bartisch und sagte Garnet, die gerade unten war, was er ihr schon durch John hatte bestellen lassen: Er wisse Bescheid mit dem Kinderkriegen, er sei häufig bei Geburten zugegen gewesen, und wenn es mit ihr so weit sei, solle sie sogleich nach ihm schicken, ganz gleichgültig, ob es Tag oder Nacht sei; das mache nicht das geringste aus; sie könne jederzeit mit seiner Hilfe rechnen. Einstweilen wolle er ihr schon ein paar Verhaltensmaßregeln hinsichtlich ihrer Gesundheit geben.
    Es war kein Zweifel, daß Texas sehr viel von Krankheiten und auch von Geburten verstand. Florinda bestätigte das Garnet auch noch einmal ausdrücklich, nachdem er gegangen war. Florinda hatte nie wieder davon gesprochen, daß sie selbst ein Kind gehabt hatte. Aber Garnet fand nun, sie hätte es gar nicht zu erwähnen brauchen; es wäre ihr von selbst aufgegangen. Denn auch Florinda verstand nach all ihren Ratschlägen zweifellos sehr viel von der Sache. Der Ort war so häßlich und Garnet fiel das Gehen mittlerweile so schwer, daß sie nur selten das Haus verließ. Die meiste Zeit des Tages verbrachte sie entweder in der Küche oder oben im Schlafzimmer. Sie nähte Kinderwäsche aus Stoffen, die Florinda in Mr. Abbott’s Laden gekauft hatte. Isabel war ihr beim Zuschneiden behilflich; daneben beschäftigte sie sich damit, die schwarzen Kleider, die Florinda im Hause Doña Manuelas getragen hatte, für Garnet abzuändern. Florinda freilich hatte heftig protestiert, als Garnet Trauerkleidung anlegen wollte. »Schwarz steht dir nicht«, sagte sie, »du siehst gräßlich darin aus.« Aber Garnet wäre sich in farbiger Gewandung nahezu unanständig vorgekommen, und so fügte Florinda sich denn und gab ihr die Kleider, die sie im vergangenen Winter getragen hatte, heraus. Florinda pflegte nie etwas wegzuwerfen, was man irgendwann vielleicht noch einmal gebrauchen konnte.
    Isabel stimmte übrigens mit Garnet sogleich überein. Selbstverständlich müsse eine Witwe Schwarz tragen, erklärte sie. Sie sagte das so ernst und so eindringlich, daß Florinda hinter ihrem Rücken zu kichern begann. Es hatte nie einen Menschen gegeben, der Florinda gesagt hätte, Traditionen seien heilig, gleichgültig, ob sie nun etwas bedeuteten oder nicht. Am Abend dieses Tages sagte sie Garnet, warum sie bei Isabels Erzählung habe kichern müssen. Isabel war, wie sie erzählte, selbst eine Witwe mit drei Kindern. Ihr Ehemann war ein ständig betrunkener Tunichtgut. Eines Tages hatte man ihn unten am Bach tot gefunden. Es hatte damals ein großes Gerede in Los Angeles gegeben. Einige Leute behaupteten, Isabel selbst habe ihn ins Wasser gestoßen; andere sagten, sie habe ihm nicht geholfen, wieder herauszukommen. An sich war niemand traurig seines Todes wegen, deshalb unterblieben auch alle weiteren Nachforschungen.
    Das war nun vier Jahre her; Isabel hatte sich seitdem standhaft geweigert, wieder zu heiraten. Sie war jung und hübsch und hatte mehrere erwägenswerte Anträge bekommen; sie hatte sie indessen sämtlich zurückgewiesen und feierlich erklärt, sie wisse nun genau, was es mit Ehemännern auf sich habe, und verzichte auf weitere Erfahrungen. Es war ihr dabei gar nicht leicht gefallen, den Unterhalt für sich und die Kinder zu verdienen; das Erscheinen Florindas am Ort war ihr deshalb sehr willkommen. Florinda und Isabel stimmten in ihren Ansichten über Männer im allgemeinen und Ehemänner im besonderen vollkommen überein. Garnet hörte sie das Thema des öfteren mit einer Begeisterung diskutieren, welche geeignet war, die sprachlichen Schwierigkeiten auszugleichen. »Männer sind gut«, sagte Florinda. »Ehemänner –; sie war außerstande ein passendes spanisches Wort zu finden, deshalb begnügte sie sich damit, einen unmißverständlichen Pfiff auszustoßen. Isabel versicherte, sie habe sehr recht. Nichtsdestoweniger trug Isabel ihrer Witwenschaft wegen Trauerkleider, und sie wäre sehr empört gewesen, wenn Garnet nicht auch Schwarz getragen hätte. Und eben dieser sonderbare Umstand war es, der Florinda zum Kichern veranlaßt hatte. »Ich fürchte, ich werde es niemals lernen, anständige Menschen zu verstehen«, sagte sie.
    Florinda war immer stark beschäftigt. Ihre Energie schien unermüdlich. Sie arbeitete zehn bis zwölf Stunden am Tag, und das an allen sieben Tagen der Woche, und niemals hörte man von ihr ein Wort der Klage oder des Überdrusses. Der ständige Lärm, die ekelhaften Gerüche, Flöhe, Spinnen und andere Unannehmlichkeiten

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