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Kalifornische Sinfonie

Kalifornische Sinfonie

Titel: Kalifornische Sinfonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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dafür interessieren, was aus dem Kind meines Bruders wird.«
    »Oh, lassen Sie mich in Ruhe, Mann!« sagte Garnet erbittert und erhob sich. Sie fühlte sich nicht mehr krank, aber sie kam sich schwerfällig und unbeholfen vor, und sie konnte diesen Mann nicht mehr sehen.
    »Falls Sie Neigung verspüren, nach hier zurückzukehren, werden Sie jederzeit willkommen sein«, sagte Charles. Er ließ ein kleines, unangenehmes Lachen folgen. »Und ich nehme an, Sie kommen ganz von selber zurück«, setzte er hinzu.
    »Verlassen Sie sich darauf: Sie werden mich hier nicht wieder sehen«, versetzte Garnet und verließ das Zimmer, die Tür hinter sich zuschlagend.
    Früh am nächsten Morgen beluden die Boys die Packpferde, und gegen acht Uhr befand sich Garnet schon auf dem Weg nach Los Angeles.
    Als sie den Paß durchritten hatten und die Gebäude der Ranch hinter den Bergen untergetaucht waren, stieß sie einen Seufzer der Erleichterung aus. Sie sah zu John auf, der neben ihr ritt.
    »O Lieber!« sagte sie, »jetzt fühle ich mich wohl.«
    »Das kann ich mir denken«, versetzte John mit trockenem Auflachen. »Silkys Haus ist gewiß kein Palast«, sagte er, »aber Sie werden dort jedenfalls frei und unabhängig sein.«
    »Wie es auch sein mag, ich werde dankbar sein«, sagte Garnet. »Und, John«, – ihre Stimme gewann einen ernsthaften Ton – »ich danke Ihnen für all Ihre Fürsorge. Ich finde die Worte nicht, um meine Dankbarkeit auszudrücken.«
    John zupfte ein paar Grashalme aus der Mähne seines Pferdes. »Offen gesagt, Garnet«, entgegnete er, »es wäre mir lieber, Sie ließen das. Ich höre dergleichen nicht gern.«
    Er sagte das sehr ruhig, aber in seinem Gesicht waren jetzt wieder die Kälte und die Härte zu lesen, die sie in der ersten Zeit zurückschrecken ließen. Es war, als ritte da plötzlich wieder ein Fremder neben ihr. Sie sagte überrascht und verwirrt:
    »Aber, John! Es ist doch selbstverständlich, daß ich Ihnen dankbar bin. Sie und Florinda haben mir sehr wahrscheinlich das Leben gerettet. Wie sollte ich mich da nicht gedrängt fühlen, Ihnen meine Dankbarkeit auszudrücken!«
    »Ich mag das Wort nicht«, versetzte John, »das ist alles.« Er spielte noch immer mit der Mähne des Pferdes, aber nun hob er den Blick und lächelte sie an. »Entschuldigen Sie«, sagte er, »ich wollte nicht unhöflich sein. Aber glauben Sie mir: wenn ich ein wenig dazu beigetragen habe, daß Sie wieder gesund wurden, dann tat ich es aus eigenem Antrieb und zu meiner eigenen Freude. Denn ich mag Sie sehr gern und ich wollte, daß Sie wieder gesund würden. Also schulden Sie mir überhaupt nichts.«
    Garnet hörte ihm mit gerunzelter Stirn zu. »Macht es Sie verlegen, wenn man Ihnen dankt?« fragte sie.
    »Ja«, entgegnete er ruhig. »Es vermittelt mir ein Gefühl, als hätte ich Dank gefordert. Und ich hasse Menschen, die von einem anderen Dank fordern.«
    »Menschen, die Dank fordern?« wiederholte Garnet verwirrt. »Wer – ich verstehe das nicht.«
    Johns Lippen preßten sich fest zusammen; seine Kinnmuskeln schwollen an. Er sah einen Augenblick starr vor sich hin durch den wogenden Nebelschleier, der die rotbraunen Hügelwellen vor ihnen verbarg. Dann wandte er sich ihr zu und seine kühlen grünen Augen begegneten den ihren. Er fragte: »Waren Sie schon einmal ein Objekt der Wohltätigkeit?« Garnets Augen weiteten sich und ihr Mund öffnete sich vor Erstaunen. Sie schüttelte den Kopf. »Nun«, sagte John, »ich war es.«
    Ohne ihr eine Gelegenheit zur Antwort zu geben, spornte er sein Pferd und setzte sich neben den Russen, der vor ihnen ritt. »Wir drehen jetzt etwas nach Süden«, sagte er, mit der Hand weisend. »Wir reiten auf diese Weise zwar etwas länger, aber der Nebel im Norden ist zu dick.«
    Von da an schien er unausgesetzt zu tun zu haben. Als sie zur Mittagsrast anhielten, breitete er eine Decke für Garnet aus und sagte: »Ruhen Sie jetzt ein wenig, während die Boys mit dem Kochen beschäftigt sind.« Garnet hatte das »Danke schön« schon auf der Zunge, aber sie hielt es im letzten Augenblick zurück und entgegnete nur: »Ausgezeichnet!« Während sie sich niederlegte, hörte sie das Feuer unter den Kochkesseln knistern und Johns Stimme, die kurze, aber bestimmte Anweisungen erteilte. Ein ›Objekt der Wohltätigkeit‹, dachte sie. Was mag er wohl damit gemeint haben? Wahrhaftig, dieser John scheint mir der letzte Mensch auf der Erde, der jemals einwilligte, etwas von einem anderen anzunehmen.

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