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Kalix - Die Werwölfin von London

Kalix - Die Werwölfin von London

Titel: Kalix - Die Werwölfin von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Millar
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wir das gar nicht brauchen. Wie wär's nach dem Fleisch mit einem Stück Pizza?«
    Als Kalix nickte, steckte Daniel ihr eine Pizzaecke in den Mund.
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    Sie marschierten ins Wohnzimmer, wo Überreste eines Gelages um das Sofa verbreitet lagen: Leere Pizzaschachteln, leere Verpackungen von Pop-Tarts und die Schnur, die um das riesige Fleischstück gewickelt war, das Moonglow für Kalix ins Eisfach gesteckt hatte.
    »Das habe ich in der Mikrowelle aufgetaut«, erklärte Daniel. »Daher auch das Blut. Kalix isst Fleisch gerne roh, aber nicht gefroren.«
    Kalix und Daniel waren offenbar dicke Freunde geworden. Sie setzten sich nebeneinander auf das Sofa. Neben den leeren Essensverpackungen lag ein Haufen Platten und CDs.
    »Kalix steht total auf die Runaways.«
    »Echt?«, fragte Moonglow.
    »Meine Lieblingsband«, antwortete Kalix.
    »Oh«, machte Moonglow, der ihr Auftritt von vorhin immer noch peinlich war.
    »Und, wieso bist du so früh wieder hier?«, fragte Daniel.
    »Ich wollte nur mal sehen, wie ihr zurechtkommt.«
    »Sie traut mir nicht«, wandte Daniel sich wieder an Kalix. »Als wäre ich nicht in der Lage, mich um eine kranke Werwölfin zu kümmern. Habe ich mich nicht gut um dich gekümmert?«
    »Sehr gut sogar«, sagte Kalix. »Kann ich noch mehr Runaways hören?«
    Es war seltsam zu hören, wie menschliche Sprache aus dem Wolfsgesicht kam.
    Wenn Kalix redete, zog sie die Lippen über ihre langen, scharfen Zähne zurück.
    Daniel reichte ihr ein Tuch, um sich das Blut vom Kinn zu wischen. Moonglow fand den Anblick ziemlich grausig. Es war auch seltsam, Kalix scheinbar fröhlich zu erleben. Als Moonglow aus dem Haus gegangen war, hatte Kalix elend vor dem Kaminofen gelegen, und jetzt saß sie auf dem Sofa, aß und hörte sich Musik an. Vielleicht, gestand Moonglow sich ein, war Daniel doch kein hoffnungsloser Fall.
    Als Moonglow den ersten Schock überwunden hatte, freute sie 106
    sich. Es war schön, einen fröhlichen Werwolf im Haus zu haben. Viel besser als einen deprimierten, selbstmordgefährdeten Werwolf. Moonglow setzte sich auf das Sofaende und nahm das letzte Stück Pizza aus dem Karton.
    »Tut mir leid, dass ich dachte, du hättest Daniel gefressen«, sagte sie.
    »Schon in Ordnung«, antwortete Kalix.
    Sie saßen eine Weile lang nebeneinander, aßen Pizza und hörten Musik.
    »Danke, dass ich hierbleiben darf«, sagte Kalix.

    Moonglow lächelte. Nachdem Kalix sich in eine Werwölfin verwandelt und mit Fleisch vollgestopft hatte, wirkte sie wie ein ganz neuer Mensch. Moonglow fragte sich, ob es jeden Monat so war. Oder war Kalix nur glücklich, weil Daniel Platten von ihrer Lieblingsband spielte? Soweit Moonglow wusste, mochte Daniel die Runaways nicht besonders. Sie hatten ihre kurze Glanzzeit um 1978
    herum erlebt, bevor er geboren wurde. Die paar Platten von ihnen besaß er nur, weil er sie in einem Trödelladen gefunden und spontan gekauft hatte; so etwas tat er oft und wunderte sich dann, warum er seine Rechnungen nie bezahlen konnte. Kalix jedenfalls gefielen sie. Moonglow und Daniel war bereits das außergewöhnliche Erlebnis zuteilgeworden, eine junge Werwölfin recht unmelodisch Cherry Bomb mitsingen zu hören. Kalix hatte die echte Vi-nylsingle noch nie gesehen und wiegte sie wie ein Baby auf dem Schoß.
    »Ich wünschte, Joan Jett wäre meine Mutter«, sagte Kalix. »Spiels noch einmal.«
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    Mr Mikulanec war nicht groß, aber dafür massig, breitschultrig und sehr stark.
    Das dunkle Haar trug er kurzgeschoren, und seine Züge hatten etwas Grausames. In seinen vierzig Lebensjahren hatte er viele Werwölfe getötet, und er war davon überzeugt, dass er noch viele weitere töten würde.
    Am liebsten blieb er für sich. Die Gesellschaft anderer Menschen störte ihn schon nach kurzem. Wenn er mit ein, zwei anderen Jägern auf Werwolfpatrouille ging, war es erträglich. Dann hatte Mikulanec das Kommando, und es gab kein unnötiges Gerede. Aber alle gesellschaftlichen Anlässe, bei denen andere ihn mit den dummen Belanglosigkeiten ihres Alltags langweilen konnten, betrachtete Mr Mikulanec als reines Ärgernis. Die Gilde stellte ihm eine kleine Wohnung in Bayswater. Sie hätte ihm auch etwas Adäquateres besorgt, schließlich war er ein Jäger mit hervorragendem Ruf, aber Mikulanec hatte ausdrücklich um ein Haus gebeten, das sowohl bescheiden als auch unauffällig wirkte. Die Wohnung war noch genauso, wie die Gilde sie übergeben hatte. Er hatte weder die Möbel umgestellt noch neue

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