Kalix - Die Werwölfin von London
empfinden. Moonglow ging.
»Dieses Mädchen ist mir vollkommen egal«, murmelte Daniel vor sich hin und trödelte ins Wohnzimmer, wo Kalix noch immer vor dem Kaminofen lag.
»Moonglows Freund geht mir echt auf die Nerven«, sagte er. »Er ist einfach unerträglich. Außer Moonglow kann ihn keiner leiden. Er faselt ständig davon, wie er um die Welt gereist und im Amazonas geschwommen ist, und seine Haare sind richtig schlecht gefärbt, und wenn er mit Moonglow ausgeht, schminkt er sich, was einfach dämlich ist. Ich hasse ihn.«
Kalix, der Moonglows Freund absolut egal war, ignorierte das alles. Das hielt Daniel nicht davon ab, sich in das Thema hineinzusteigern.
»Mal ernsthaft, Jungs mit Make-up, was soll das? Jay sieht lächerlich aus. Nicht, dass er attraktiv wäre oder so was. Er sieht aus, als käme er frisch vom Friedhof.
Ich begreife nicht, was Moonglow in ihm sieht. Und sein Astrologiegehabe ist reine Zeitverschwendung. Der Typ ist ein solcher Aufschneider. Und woher bekommt er sein Geld? Von seinen Eltern, schätze ich. Daddy besitzt bestimmt irgendeine Firma, und Jay spielt nur ein, zwei Jahre mit Make-up herum und wird dann Firmenchef. Diese Typen sind doch alle gleich. Aber das Schlimmste ist -«
»Sei ruhig!«, sagte Kalix überraschend laut.
»Was?«
»Hör auf zu reden. Das interessiert mich alles nicht. Lass mich in Ruhe.«
Daniel war verlegen.
»Entschuldige. Ich wollte das nicht so breittreten. Soll ich irgendwas holen?«
»Nein.«
Kalix drehte sich weg. Daniel überlegte, was er noch sagen konnte. Moonglow hatte ihm aufgetragen, immer weiterzureden.
»Macht es Spaß, ein Werwolf zu sein?«, startete er einen Versuch.
»Es ist toll«, grummelte Kalix niedergeschlagen. Sie war immer noch in ihre Decke gehüllt, zusammen mit einer Wärmflasche, die ihr die umsichtige Moonglow gegeben hatte. Jetzt war ihr Körper warm, aber im Innern war ihr immer noch eiskalt. Daniel, der genauso gutherzig wie Moonglow war und es nur nicht so gut zeigen konnte, machte sich plötzlich Sorgen, Kalix könne ihm einfach wegsterben. Das wäre schlimm. Er würde sich schrecklich fühlen, und Moonglow würde ihm wahrscheinlich die Schuld daran geben. Er überlegte, ob es wohl eine gute Idee war, ihr etwas Musik vorzuspielen.
103
»Hörst du gerne Musik?«, fragte er. Kalix rührte sich nicht.
»Ich habe eine riesige Sammlung«, fuhr Daniel fort. »Musik für jeden Geschmack. Naja, vor allem Heavy Rock, Heavy Metal, Nu Metal und Doom Metal, aber sie geht auch Richtung Dark Wave, Progressive Rock und alle angrenzenden Bereiche.«
Kalix hatte keine Ahnung, was diese ganzen Wörter bedeuteten, und wünschte von Herzen, Daniel würde sie einfach in Ruhe lassen. Versuchsweise beugte sie Arme und Beine, um zu sehen, ob sie genug Kraft besaß, um zu verschwinden, aber es war sinnlos, ihre Beine hätten sie nicht einmal bis zur Tür getragen.
Daniel war bei seinem Lieblingsthema angekommen und ließ nicht locker. Er erzählte Kalix von einigen seiner Lieblingskonzerte - Metallica, Slayer, Motörhead - und sprach begeistert von seinem anstehenden Besuch in der Wembley Arena, um sich Nine Inch Nails anzusehen.
Kalix konnte sich vage erinnern, in ihrer Benommenheit ein Gespräch zwischen Daniel und Moonglow mit angehört zu haben, in dem Daniel sich darüber beklagt hatte, dass er keine Freundin besaß. Als sie Daniels endlosem Monolog zuhörte, verstand sie allmählich, warum. Kalix hatte wenig Erfahrung mit Menschen. Im Gegensatz zu den anderen jungen Werwölfen hatte sie nie eine Schule besucht. Aber selbst mit ihrer mangelnden Erfahrung hatte sie das Gefühl, dass es nicht zu normalem menschlichen Verhalten gehörte, eine leidende Besucherin mit einer ellenlangen Geschichte darüber zu quälen, wie schwierig es war, eine Karte für Nine Inch Nails zu beschaffen.
»Sei ruhig«, sagte sie wieder.
Weil er dachte, jede Reaktion sei besser als gar keine, redete Daniel einfach weiter.
»Ich finde das erste Album viel besser als das zweite, aber das dritte ist wahrscheinlich das beste, auch wenn es in manchen Zeitungen nicht so gut besprochen wurde, aber die Musikzeitschriften haben natürlich -«
104
Der Mond ging auf. Mit einem Schlag verwandelte Kalix sich in eine Werwölfin.
Eine wilde Bestie, teils Mensch, teils Wolf, und insgesamt extrem genervt von Daniel. Sie fletschte die Zähne, stand halb auf und brachte ihre mächtigen Reißzähne direkt vor Daniels Gesicht.
»Wenn du noch ein Wort über deine
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