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Kalix - Die Werwölfin von London

Kalix - Die Werwölfin von London

Titel: Kalix - Die Werwölfin von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Millar
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schüttelte den Kopf.
    »Das war ein schwerer Schlag für jeden, der ihn kannte, möge er in Frieden durch die Wälder der toten Werwölfe streifen.«
    Es war seltsam, diesen Satz von einem Menschen zu hören, aber der Krämer war mit den Bräuchen der Werwölfe vertraut und dachte vielleicht, Kalix würde ihn erwarten. Aber vielleicht wollte er sich auch über sie lustig machen.
    »Nun ja«, redete der Krämer weiter. »Ich habe in dieser Zeit rege gehandelt. Für das Begräbnis des Fürsten war nur das Beste gut genug, und zum Glück kann ich das Beste beschaffen.«
    Der junge MacDoig hielt sich schweigend im Hintergrund. Er führte zwar die Geschäfte in London, ordnete sich aber offensichtlich seinem Vater unter, wenn der Krämer zu Besuch kam. Kalix wollte den Kauf so schnell wie möglich über die Bühne bringen und wieder verschwinden, aber der Krämer war ein redseliger Mensch.
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    »Ich nehme an, Sie sind wegen Laudanum gekommen? Wunderbar, ganz wunderbar, wir haben heute Morgen eine neue Lieferung erhalten, allerbeste Qualität. So etwas finden Sie sonst nirgends auf der Welt, junge Kalix MacRinnalch. Stehen Sie mit Ihrer Schwester noch in Kontakt? Ich denke oft, die Zauberin könnte meine Dienste gut für ihren magischen Bedarf nutzen, aber sie hat sich nie daran interessiert gezeigt. Aber sie ist eine außergewöhnliche junge Frau, das muss man ihr lassen, und schafft sich ihren Platz in der Welt, wie man hört.«
    Kalix gab sich Mühe, ihre Unruhe zu unterdrücken. Egal, wie lästig der Krämer und sein Sohn auch waren, sie konnte es sich nicht leisten, die Geduld zu verlieren. Keinen Nachschub mehr zu bekommen wäre eine Katastrophe. Sie kramte in ihren Taschen nach Geld.
    »Ah«, machte der Krämer und drehte sich zu seinem Sohn um. »Die junge Wölfin hat es eilig. Sie war schon immer sehr verschlossen.«
    »Das stimmt, Vater«, gab ihm der junge MacDoig beinahe ebenso überschwänglich recht. »Aber sie ist eine gute Kundin und besucht mich häufig.«
    »Das höre ich gerne, mein Sohn!«, sagte der Krämer und klopfte seinem Sohn auf die Schulter. »Sagen Sie, Kalix, haben Sie sich in London eingewöhnt?
    Haben Sie eine schöne Bleibe?«
    »Warum?«, fragte Kalix.
    »Nur so, nur so. Ich mache mir nur um Ihre Gesundheit Sorgen.«

    »Mir geht's gut«, murmelte die Werwölfin. Sie hatte nicht vor, dem Krämer etwas Persönliches zu erzählen. Als der junge MacDoig ihr Laudanum hervorholte, gab Kalix ihm das Geld und verabschiedete sich so rasch wie möglich, ohne von Krämer MacDoig ein Glas Whisky anzunehmen, das sie vor der Kälte schützen sollte.
    »Kommen Sie bald wieder«, sagte der Krämer. »Wir freuen uns immer, Sie zu sehen, junge Kalix.«
    Kalix verließ die MacDoigs eilig. Den restlichen Tag verbrachte 138
    sie am Flussufer. Sie lief den ganzen Weg zurück zur Vauxhall Bridge, die etwas nördlich von der Stelle lag, an der sie den Jägern begegnet war. Ab und an nippte sie an ihrer Flasche, aber sie fühlte sich gesund und halbwegs zufrieden, deshalb brauchte sie nicht viel von ihrem künstlichen Beruhigungsmittel. Hier, direkt südlich von Pimlico, war das Ufer nicht allgemein zugänglich. Es war zugewachsen und vor Blicken von der Straße weiter oben geschützt. Sie schlenderte umher und legte immer wieder Pausen ein, um mühsam etwas in ihr Tagebuch zu schreiben. Sie schrieb von ihrem Kampf mit den Jägern, von ihrem Besuch bei den MacDoigs und davon, wie sie auf der Westminster Bridge gestanden und sich den Westminster-Palast angesehen hatte. Außerdem schrieb sie ein paar scharfe Worte über Moonglow auf, die sie dazu gebracht hatte, so viel zu essen.
    Auf dem Fluss fuhren Touristenboote und ein paar lange, flache Frachtkähne.
    Soweit Kalix sich erinnern konnte, hatte sie noch nie ein Boot betreten. Sie fragte sich, wie das wohl sein müsste. Die MacRinnalchs besaßen auf mehreren schottischen Inseln Land, und sie wusste noch, dass ihre Eltern manchmal hinübergesegelt waren, aber sie hatten Kalix nie mitgenommen. Eine Ratte lief ihr über den Fuß, und Kalix lief ihr aus Spaß hinterher und nahm sie hoch, um sie sich anzusehen, bevor sie das Tier laufenließ.
    Sonst traf Kalix niemanden. Für sie war das ein guter Tag. Aber als die Dämmerung einsetzte, verspürte sie ein seltsames Gefühl, das sie nicht recht einordnen konnte. Sie fühlte sich gesund, so gesund wie seit langem nicht mehr. Ihre Verwandlung in eine Werwölfin hatte ihr neue Kraft gegeben. Sie hatte genug Laudanum

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