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Kalle Blomquist

Kalle Blomquist

Titel: Kalle Blomquist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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Mädchen herausholen werden – hieß sie nicht Eva-Lotte? Ich glaube nicht, daß ihre Aussagen uns bedeutend weiterbringen werden. Kinder können nicht sachlich beobachten. Sie phantasieren zuviel.«
    »Eva-Lotte ist aber recht sachlich«, sagte Schutzmann Björk.
    Bäckermeister Lisander erschien auf der Veranda. Er hatte eine kleine Falte auf der Stirn, die sonst nie dort zu sehen war.
    Diese Falte bedeutete, daß er um sein einziges, geliebtes Kind in Sorge war. »Sie kommt jetzt«, sagte er kurz. »Darf ich bei dem Verhör zugegen sein?«
    Nach einigem Zögern willigte der Kommissar ein. Bedingung war allerdings, daß der Bäckermeister sich absolut still verhielt und auf keine Weise in das Verhör eingriff. »Na ja, es ist übrigens nicht schlecht, wenn das Mädchen ihren Vater hier sieht. Es wird sie beruhigen. Könnte ja sein, daß sie Angst vor mir hat.«
    »Warum sollte ich«, sagte eine ruhige Stimme von der Tür her, und Eva-Lotte kam in das Sonnenlicht hinaus. Sie sah den Kommissar aufmerksam an. Warum sollte sie Angst vor ihm haben? Eva-Lotte hatte keine Angst vor Menschen. Nach ihrer Erfahrung waren die Menschen nett und freundlich und wollten einem wohl. Es war erst seit gestern, daß sie im Ernst verstanden hatte, es könne auch böse Menschen geben.
    Sie sah aber nicht ein, weshalb sie auch den Kriminalkommissar dazu rechnen sollte. Sie wußte, er war hier, weil er hier sein mußte. Sie wußte, daß sie ihm alles von dem Entsetzlichen drau-
    ßen auf der Prärie erzählen mußte, und sie war bereit, es zu tun.
    Warum also sollte sie Angst haben?
    »Guten Morgen, kleine Lisa-Lotte«, sagte der Kommissar hastig.
    »Eva-Lotte«, sagte sie. »Guten Morgen!«
    »Ach ja, natürlich – Eva-Lotte! Komm und setz dich hierher, Eva-Lotte. Wir wollen ein wenig miteinander reden. Es wird nicht lange dauern. Und dann kannst du gleich wieder mit deinen Puppen spielen.« Das sagte er zu Eva-Lotte, die sich so alt vorkam, beinahe wie sechzehn!
    »Ich habe schon vor zehn Jahren aufgehört, mit Puppen zu spielen«, sagte sie aufklärend.
    Schutzmann Björk hatte recht – das war tatsächlich ein sachliches Kind. Der Kommissar verstand: Hier mußte er einen anderen Ton finden und Eva-Lotte wie eine Erwachsene behan-deln.
    »Erzähle mir nun alles«, sagte er. »Du warst also bei dem Mor… also draußen auf der Prärie? Wie kam es eigentlich, daß du gestern mittag so ganz allein dorthin gegangen bist?«
    Eva-Lotte kniff die Lippen zusammen. »Das … das darf ich nicht sagen. Das ist vollkommen geheim. Ich war draußen in geheimem Auftrag.«
    »Kind … komm«, sagte der Kommissar. »Wir versuchen doch, einen Mord aufzuklären. Da gibt es nichts, was geheim ist.
    Was solltest du also gestern beim Herrenhof draußen tun?«
    »Ich sollte den Großmummrich holen«, sagte Eva-Lotte widerstrebend.
    Es war eine ziemlich eingehende Aufklärung nötig, bis der Kommissar endlich begriff, was ein Großmummrich war.
    »Hast du dort irgendeinen Menschen gesehen?« wollte der Kommissar wissen, nachdem das Rätsel des Großmummrich geklärt war.
    »Ja«, sagte Eva-Lotte. »Ich sah … Gren … und noch einen.«
    Der Kommissar wurde lebhaft: »Erzähle ganz genau, wie und wo du sie gesehen hast!«
    Und Eva-Lotte erzählte. Wie sie Gren aus ungefähr hundert Meter Entfernung von hinten gesehen hatte …
    »Halt«, unterbrach der Kommissar. »Wie konntest du dann sehen, daß es Gren war?«
    »Man merkt, Herr Kommissar, daß Sie nicht aus unserer Stadt sind«, sagte Eva-Lotte. »Jeder Mensch hier würde Gren sofort an seinem Gang erkennen. Stimmt das, Onkel Björk?«
    Björk bestätigte es. Eva-Lotte setzte ihren Bericht fort. Wie sie Gren in den Pfad hatte einbiegen sehen und wie er in den Büschen verschwand. Wie der mit den dunkelgrünen Gabardinehosen von der anderen Seite gekommen war und auf demselben Pfad verschwunden sei.
    »Hast du eine Ahnung, wie spät es da wohl war?« fragte der Kommissar, obwohl er doch wußte, daß Kinder selten sachliche Beobachtungen machen konnten.
    »Halb eins«, antwortete Eva-Lotte schnell.
    »Woher weißt du das? Hast du auf die Uhr gesehen?«
    »Nein«, sagte Eva-Lotte und wurde blaß. »Aber ich habe den Mör… den Mörder danach gefragt – ungefähr eine Viertelstunde später.«
    Der Kommissar sah seine Kollegen an. Hatten sie so etwas schon erlebt? Dies Verhör schien doch wertvoller zu werden, als er es sich vorgestellt hatte. Er beugte sich nach vorn und sah Eva-Lotte durchbohrend in die

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