Kalle Blomquist
Großmummriche wachsen auf den Bäumen. Aber es gibt nur einen Großmummrich – in Ewigkeit – Amen.«
Dann berichtete sie von dem Nachtmarsch über Grens Dach.
Der arme Bäckermeister schüttelte kummervoll sein Haupt, als er davon hörte. Und da sagen die Leute, für Eltern sei es so viel friedlicher, Mädchen zu haben …
»Woher wußtest du, daß es die Hosen des Mörders waren, die du sahst?« staunte der Kommissar.
»Das wußte ich gar nicht«, sagte Eva-Lotte. »Hätte ich das gewußt, wäre ich hineingegangen und hätte ihn verhaftet.«
»Ja, aber sagtest du nicht …« wandte der Kommissar betreten ein.
»Nein, das habe ich mir nachher ausgerechnet«, beteuerte Eva-Lotte. »Ich hörte doch, wie sie sich da drinnen im Zimmer über diese Reverse zankten und wie der in den Hosen sagte:
›Wir treffen uns am Mittwoch an der gewohnten Stelle! Bringen Sie dann meine Reverse mit!‹ Und nun rechnen Sie sich doch einmal selbst aus, mit wie vielen dunkelgrünen Gabardinehosen konnte Gren sich wohl am Mittwoch treffen?«
Der Kommissar war überzeugt davon, daß Eva-Lotte recht hatte. Das Puzzlespiel ging auf. Alles war jetzt klar: das Motiv, der Zeitpunkt, die Tat selbst. Es blieb nur noch eine Kleinigkeit übrig: den Mörder zu verhaften.
Der Kommissar erhob sich und tätschelte Eva-Lotte das Kinn. »Vielen Dank auch«. sagte er. »Du bist sehr tüchtig gewesen. Du hast uns mehr geholfen, als du, wie ich glaube, selbst verstehst. Vergiß nun alles wieder.«
»Danke«, sagte Eva-Lotte.
Dann wandte sich der Kommissar an Schutzmann Björk.
»Nun müssen wir noch diesen Kalle erwischen«, sagte er, »damit er uns Eva-Lottes Aussagen über die Geschehnisse am Dienstagabend bestätigt. Wo finden wir ihn?«
»Hier«, sagte eine sichere Stimme vom Balkon über der Veranda. Der Kommissar sah erstaunt dort hinauf und bemerkte zwei Köpfe, einen dunklen und einen hellen, die über dem Bal-kongeländer hervorlugten.
Ritter der Weißen Rose können einen Kameraden während eines Polizeiverhörs oder während anderer Prüfungen nicht im Stich lassen. Ebenso wie der Bäckermeister hatten auch Kalle und Anders den Wunsch gehabt, bei dem Verhör zugegen zu sein. Aber um der Sicherheit willen fanden
sie
, daß es klüger war, vorher nicht erst um Erlaubnis zu fragen.
ZEHNTES KAPITEL
Auf den ersten Seiten aller Zeitungen des Landes nahm der Mord einen großen Platz ein, und auch Eva-Lottes Aussage wurde besonders erwähnt. Ihr Name wurde nicht genannt, aber es wurden viele Worte gemacht über »die tüchtige Vierzehnjährige«, die so gründlich ihre Beobachtungen am Tatort wieder-gegeben und damit der Polizei wichtige Hinweise vermittelt hatte.
Die Ortszeitung war nicht so verschwiegen, wenn es Namen galt. In der kleinen Stadt wußte ja sowieso jeder, daß die tüchtige Vierzehnjährige Eva-Lotte Lisander war, und der Redakteur sah nicht ein, was ihn hindern sollte, über alles ausführlich und mit vollem Namen zu berichten. Eine so prachtvolle Möglichkeit zu schreiben hatte er lange nicht gehabt, und das nutzte er aus. Er schrieb einen langen, überschwenglichen Artikel über
»die kleine, niedliche Eva-Lotte, die heute wieder zwischen den Blumen in der Eltern Garten spielt und aussieht, als habe sie all die schrecklichen Erlebnisse des Mittwochs dort draußen auf der stürmischen Prärie wieder vergessen«.
Der Redakteur breitete vor dem Leser in den weiteren Sätzen aus, wie tüchtig Eva-Lotte gewesen war, wie genau sie den Mörder beobachtet und beschrieben hatte. Das heißt, er schrieb nicht wirklich »der Mörder«, sondern »der Mann, bei dem man die Lösung dieses furchtbaren Geheimnisses vermutet«. Er erwähnte auch, daß Eva-Lotte den Unbekannten wiedererkennen würde, falls sie ihn sähe, und er wies hochtrabend besonders darauf hin, daß die kleine Eva-Lotte möglicherweise ein Werkzeug sei, durch das eines Tages der Verbrecher seiner wohlver-dienten Strafe zugeführt werden könne. Ja, er schrieb tatsächlich alles, was er eigentlich nicht hätte schreiben dürfen.
Ein sehr bekümmerter Schutzmann Björk gab dem Kommissar auf dem Polizeirevier ein Exemplar der Zeitung, noch feucht von Druckerschwärze. Der Kommissar las, und dann brüllte er:
»Es ist eine Schweinerei, so etwas zu schreiben! Ehrlich gesagt: eine glatte Schweinerei!«
Bäckermeister Lisander gebrauchte noch wesentlich kräftige-re Ausdrücke, als er eine Stunde später in die Redaktion der Zeitung stürmte. Die Adern auf seiner
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