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Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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geheiratet.«
    »Die Tochter eines Kaufmanns?«, fragte einer. »Du lügst!«
    »So wahr mir Gott helfe«, sagte Raffaele mit fester Stimme. Seine Worte und der Ausdruck in seinen Augen veranlassten mich, den Dolch aus der Scheide zu ziehen. »Was ist passiert, Monna Lisa? Hat dich dein Giuli bereits verlassen?«
    Ich umklammerte den Dolch noch fester. »Ich werde vorbeireiten .«
    Raffaele lächelte hinterhältig. »Versuch es doch.«
    Irgendetwas zischte in der Dunkelheit an mir vorbei;
    meine Stute schrie und bäumte sich auf. Verzweifelt hielt ich mich fest, aber ein zweiter Stein traf mein Handgelenk, dass es wie Feuer brannte. Ich stieß einen stummen Schrei aus und ließ meine Waffe fallen.
    Ich spürte einen weiteren Stein, dann den nächsten. Die Welt hob und senkte sich. Ich verlor die Zügel, meinen Orientierungssinn und stürzte - prallte gegen Pferdefleisch, spürte die kalte Luft und schlug auf dem Pflaster auf.
    Ich lag auf der Seite, mir war übel vor Schmerzen, und ich hatte panische Angst, da ich keine Luft bekam. Über mir flackerte Feuer; ich kniff die Augen zusammen, als es anfing, sich langsam mitsamt dem Rest meiner Umgebung zu drehen. Bald wurde es von Raffaeles Gesicht verdunkelt, das halb im Schatten lag. Auf der anderen Hälfte lag ein lüsternes Grinsen.
    »Sind wir nicht die behütete Prinzessin?«, sagte er verbittert. »Du kannst dich weder auf einem Pferd halten noch eine Waffe führen. Hier.« Der Dolch tauchte vor meinen Augen auf. »So packt man ein Messer an.« Pause; die Klinge drehte sich, sodass die spitze, nicht die flache Seite, auf mich zeigte. »Und so wird es gebraucht ...«
    Luft. Weniger der Dolch als vielmehr meine Atemnot ängstigte mich; meine Rippen, mein Brustkorb wollten sich nicht bewegen. Die Welt wurde noch ein wenig dunkler, verschwommener.
    Ich hörte eine andere, klägliche Stimme: »Können wir nicht zuerst ein bisschen Spaß mit ihr haben?«
    »Hier, in aller Öffentlichkeit?«
    »Das stört doch keinen! Sieh nur, die gucken nicht mal hin!«
    Daraufhin Raffaele, angewidert: »Und sie, frisch von einem Medici begattet?«
    Der Dolch, eine undeutliche silberne Form, kam näher, bis ich die Spitze an meinem Hals spürte; wenn ich schluckte, würde sie mich schneiden. Ich konnte Raffaeles Hand und den schwarzen Ledergriff sehen.
    Dann verschwanden Hand und Dolch, als das Licht in absolute Dunkelheit überging.
48
    Bin ich tot?, fragte ich mich. Nein, qualvolle Schmerzen hatten sich im Kopf und in der Schulter eingenistet.
    Auf einmal hob sich mein Brustkorb mit einem Ruck, und ich schnappte einer Ertrinkenden gleich nach Luft.
    Da ich mich fast ausschließlich auf meine Atmung konzentrierte, nahm ich nicht viel mehr als verschwommene Schatten wahr, drang über dem Klappern von Hufen, dem Glockengeläut und dem Lärm der Menge nur hin und wieder ein verständliches Wort an mein Ohr.
    Männer hoch zu Ross über mir trugen Fackeln - in meiner Benommenheit schienen es Hunderte zu sein, schwarze Riesen mit Flammen, die wie große, orangefarbene Diamanten funkelten.
    Einer der Reiter sagte etwas; seinem Tonfall war der hohe Rang, den er offenbar bekleidete, deutlich anzuhören. »Was macht ihr hier mit der Dame?«
    Raffaele neben mir erwiderte zaghaft, beinahe eingeschüchtert: »Sie ist eine Feindin des Volkes ... die Braut von Giuliano ... eine Spionin.«
    Der Berittene antwortete knapp. Ich schnappte nur die Worte auf: ». della Signoria . beschützt .«
    Ich wurde hochgehoben. Der stechende Schmerz meiner Wunden ließ mich aufschreien.
    »Schh, Madonna. Wir wollen Euch nicht verletzen.«
    Man warf mich über ein Pferd, mein Magen drückte gegen das Leder; Kopf und Beine baumelten vor den Schultern des Pferdes. Ein Mann ruckelte sich auf dem Sattel hinter mir zurecht, schob sich gegen meine Taille und Hüfte; die Zügel streiften meinen Rücken.
    Wir ritten los. Mein schweres Haar löste sich aus Alfonsinas goldenem Netz, das zu Boden fiel - ein Schatz für eine glückliche Seele, die es finden würde. Mein Gesicht schlug immer wieder gegen den heißen, mit Schaum bespritzten Pferderumpf, bis schließlich meine Lippe aufsprang; ich schmeckte Salz und Blut. Ich sah nur dunklen Stein, hörte die Glocke und das Geschrei. Beides wurde lauter -die Glocke am Ende sogar so laut und nachhaltig, dass mein Schädel mit jedem Schlag dröhnte; wir waren auf der Piazza della Signoria. Ich versuchte mich aufzurichten, den Kopf zu heben, und wollte in meiner Verwirrung laut nach

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