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Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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bereits gesattelt, die Trense im Maul, und als ich auf sie zutrat, schnaubte sie. Ihr Fell war grau, bis auf einen schwarzen Fleck auf dem Maul. Als ich das Tor öffnete und in die Box trat, wich sie einen Schritt zurück, neigte den Kopf und betrachtete mich mit ängstlichen, dunklen Augen, in denen das Weiße zu sehen war.
    »Sieh mal an«, sagte ich und imitierte unwillkürlich den Stallmeister. »Wenn hier jemand Angst hat, dann bin ich es.« Behutsam legte ich eine Hand auf ihr weiches, zuckendes Maul; ihr rascher Atem strich warm über meine Haut.
    »Kann ich aufsteigen?«, fragte ich. Die Aussicht darauf machte mich nervös. Ich war gewohnt, in Kutschen zu fahren; mein Vater glaubte, Frauen seien zum Reiten nicht geeignet. In meinem Fall hatte er vielleicht recht. Es war ein schwieriges Unterfangen. Wir hatten beide Angst, und ich war zu klein; ich musste mich auf einen umgedrehten Eimer stellen, bevor ich mich ungeschickt in den Sattel schwingen konnte. Mein langes Kleid mit der Schleppe machte das Wagnis noch halsbrecherischer. Sobald ich aufsaß, steckte ich mein Kleid so gut wie möglich um die Beine herum fest und ließ das Überkleid darüberfallen.
    Die Stute war eine festere Hand als meine gewöhnt, doch ich ließ die Zügel locker, denn ich wusste, sie würde auf dem kürzesten Weg aus dem Stall gehen; zum Glück führte uns ihre bevorzugte Strecke nicht am Stallmeister vorbei.
    Sobald wir draußen im Hof waren, überließ ich ihr auch weiterhin die Führung, da sie den Weg auf die Via Larga hinaus kannte.
    Bewaffnete Wachen liefen vor dem verriegelten Tor hin und her, das oben mit tödlich spitzen Dornen versehen und innen mit armdicken Eisenstangen bewehrt war. Durch die Stangen konnte ich die schwarzen Gestalten von Soldaten ausmachen, die im flackernden Spiel von Licht und Schatten standen. Die Männer bewegten sich nur wenig; sie als die hinteren Wachen waren noch nicht in den Kampf einbezogen, die letzte Reihe des Schutzes vor dem Pöbel.
    An meiner Seite stand ein Soldat direkt neben dem Riegel.
    Ich ritt zu ihm und beugte mich hinunter. »He, du da. Mach das Tor auf.«
    Er schaute zu mir auf; selbst das schwache Licht konnte nicht verbergen, dass er mich für verrückt hielt. »Madonna, sie werden Euch in Stücke reißen.«
    »Da draußen herrscht heilloses Durcheinander. Niemand wird merken, woher ich gekommen bin; niemand weiß, wer ich bin. Ich bin unbewaffnet; wer soll mich schon angreifen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Es ist nicht sicher für eine Dame.«
    Suchend wühlte ich in der Tasche meines Überkleides -den schweren Dolch beiseite schiebend - und zog eins der Medaillons hervor, ohne darauf zu achten, welches es war.
    Es fing gerade so viel Fackelschein ein, um zu glänzen. »Hier. Das ist mehr wert als ein Florin. Vielleicht sogar viel mehr.«
    Er nahm es in die Hand, warf einen zweifelnden Blick darauf und erkannte dann, was es war. Schuldbewusst schaute er sich um, schob dann wortlos den Riegel beiseite und drückte das Tor auf, so gut es ging, denn der Druck der Menschen draußen verhinderte, dass es weit aufsprang. Die Stute und ich zwängten uns hindurch; das raue Eisen scheuerte mir die Schienbeine auf und verhakte sich in meinen Kleidern.
    Sobald ich hindurch war, schlug das Tor scheppernd hinter mir zu; der Riegel wurde mit grimmiger Endgültigkeit vorgeschoben.
    Ich befand mich in einer Gruppe von etwa vierzig Männern, die das Tor bewachten. Sie standen Schulter an Schulter; während die Stute an ihnen vorbeiging, drückten sich ihre schweißdurchtränkten Körper an mich.
    »Mutter Gottes!«, fluchte einer.
    Ein anderer schrie: »Wo zum Teufel ist die denn hergekommen?«
    Ihre gezückten Schwerter verfingen sich in meiner Schleppe, zerfetzten meine Röcke, ritzten mir die Haut auf
    - und die Flanke der Stute ebenfalls, denn sie wieherte klagend. Doch ich führte sie fest und unnachgiebig bis in die vorderste Reihe.
    Dort kämpften Männer im Schein der Fackeln, die an den Wänden des Palazzo hingen. Die Wachen warfen drohende Schatten auf die rebellischen Bürger; die schwarzen Umrisse ihrer erhobenen Schwerter wirkten viel länger, als sie in Wirklichkeit waren, und schienen Männer zu durchbohren, die ein ganzes Stück weit weg standen.
    Ich trieb mein zögerndes Pferd aus der Sicherheit hinaus in den Kampf. Die Luft war kühl, aber stickig und roch nach Rauch und brennendem, ranzigem Fett. Die Ka-kophonie war zum Verrücktwerden: Die Glocke der Signo-ria schlug noch

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