Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
durch die Korridore hinaus in den Hof, durch die Loggia in den Garten. Dort waren jetzt keine Waffen mehr zu finden - nur Giovanni schritt erschöpft und keuchend mit zwei Soldaten im Schlepptau auf den Palazzo zu.
    »Habt Ihr ihn gesehen?«, rief ich ihm zu. Der Lärm außerhalb der Mauern war entsetzlich.
    Giovanni war durch und durch Geschäftsmann; die Freundlichkeit, die ich zuvor in ihm gesehen hatte, war verschwunden und hatte einer kalten Entschlossenheit Platz gemacht. Hoch erhobenen Hauptes ging er an mir vorbei, ohne den Schritt zu verlangsamen, und als ich hinter ihm her lief, ließ er sich zu der knappen Mitteilung herab: »Ich bin nicht bis zur Piazza vorgedrungen.«
    »Ihr habt ihn also nicht gesehen? Giuliano, meine ich?«
    »Piero ist hier.« Er zeigte hinter uns.
    Ich eilte an den Holzzaun, klinkte ein Tor auf, ging hindurch und befand mich auf dem großen, ungepflasterten Platz vor den Ställen. Es roch nach Mist, Heu und erhitzten, mit Schaum bedeckten Pferden. Etwa dreißig oder vierzig Pferde, von ihren Reitern gezügelt, stampften nervös auf der Stelle; lauthals besprachen Männer Strategien, sich noch einmal hinauszuwagen und dabei möglichst wenig Todesopfer auf sich zu nehmen. Ich sah ihnen in die Gesichter, doch das von mir gesuchte war nicht dabei.
    »Giuliano!«, fragte ich. »Wo ist Giuliano?«
    Die meisten Männer, gefangen im Tumult des Kampfes, ignorierten mich; ein paar beäugten mich neugierig, antworteten aber nicht.
    Eine feste Hand krallte sich in meine Schulter. Ich wirbelte herum und sah Piero vor mir, schwitzend, mit grimmiger Miene und wildem Blick.
    »Wo ist Giuliano?«, wiederholte ich.
    »Es ist nicht gut gelaufen«, sagte er, vom Misserfolg wie betäubt. »Verflucht sei Loreno - er hat uns verraten, er sollte mich nicht zum Haupttor hineinlassen. So eine Beleidigung konnte ich nicht hinnehmen: >Komm allein he-rein, durch den Seiteneingang, und leg deine Waffen ab.< Wer bin ich denn, etwa ein Lakai? Mir ist der Kragen geplatzt, und ich habe ihnen gesagt, sie sollten sich alle zum Teufel scheren, und Loreno, der Hurensohn, hat meinen Feinden den Schlüssel zum Glockenturm ausgeliefert .«
    Ich packte ihn bei den Armen. »Wo ist Giuliano?«
    Er wich vor mir zurück. »Giuliano ist noch auf der Piazza und versucht, die Menge zu beruhigen.« Angesichts der Wut auf meinem Gesicht fügte er hastig hinzu: »Es war seine Idee, ich wollte ihn nicht allein lassen, er weiß, wenn die Sache schiefläuft, treffen wir uns an der Porta San Gallo.«
    Angewidert wandte ich mich ab. Während ich auf den Stall zuging, überlegte ich, was als Nächstes zu tun sei.
    »Geht mit uns fort!«, rief Piero hinter mir her. »Sie holen gerade meine Sachen . Habt Ihr schon gepackt?«
    Ich ignorierte ihn. Ich stand vor einer langen Reihe von Boxen, und soweit ich sehen konnte, waren fast alle leer. Ein älterer Mann diskutierte mit zwei Soldaten; ich überschrie sie alle: »Ein Pferd! Ich brauche ein Pferd, sofort!«
    »Sieh mal an«, sagte der Ältere, ohne Zweifel der Stallmeister. Sein Tonfall war zunächst herrisch; ich glaube, in der Aufregung hatte er mich mit einer der Kammerzofen verwechselt, doch ein zweiter Blick auf meine Kleidung veränderte sein Verhalten. »Verzeiht, Madonna - Ihr seid Giulianos Gemahlin, nicht wahr?« Zweifelsohne hatte er die Kutsche besorgt, die mich in diesen Palazzo gebracht hatte. »Ihr braucht ein Pferd? Weiß Ser Piero Bescheid? Ich dachte, seiner Meinung nach sei eine Kutsche besser zu verteidigen und könnte Eure Habseligkeiten aufnehmen .«
    »Nun, er hat eben seine Meinung geändert«, sagte ich. »Ich habe nichts bei mir. Er sagte, ich brauche auf der Stelle ein Pferd.« Mein starrer Blick forderte ihn heraus.
    Eine Gruppe von sechs Bewaffneten trat in den Stall. »Sind die Wagen voll?«, fragte einer von ihnen den Stallmeister. »Ser Piero wünscht jede Menge Heu und Wasser für den langen Ritt.«
    Der alte Mann hob eine Hand und sagte dann zu mir: »Seht her, Madonna, ich habe nur so viele Pferde ...« Er drehte sich zu den Soldaten um. »Und nur so viel Heu und Wasser .«
    Wütend und am ganzen Leib zitternd, wandte ich ihm den Rücken zu und ging an den Soldaten vorbei, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Ich lief an den Boxen entlang, während der Stallmeister mit den Männern diskutierte. Eine leere Box nach der anderen.
    In einer jedoch ganz am Ende stand eine Stute, vielleicht das Pferd, das der Stallmeister zur eigenen Rettung zurückhielt. Sie war

Weitere Kostenlose Bücher