Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis
Hochzeitsnacht schwanger werden. Ich hob meinen Kelch an die Lippen, presste sie aber fest zusammen; der Geruch des Weins verursachte mir Übelkeit, sodass ich die Luft anhielt. Ich aß nichts außer etwas Brot und einem kleinen Stück Käse, auch wenn mein Teller voll war. Ich schob das Essen kunstvoll hin und her, sodass es den Anschein hatte, als hätte ich mehr gegessen.
Nach dem Essen wurde getanzt, wozu ein von Francesco engagiertes Quartett aufspielte. Nachdem die Hochzeitszeremonie und die Mahlzeit hinter mir lagen, war ich fürs Erste erleichtert. Ich war erschöpft, lachte aber, spielte und tanzte mit meinen neuen Neffen und Nichten und betrachtete sie mit neu entdeckter Wehmut.
Einmal drehte ich mich zu meinem Vater um und stellte fest, dass er mich mit derselben Empfindung ansah.
Doch als die Sonne allmählich am Horizont verschwand, gingen die Feiernden, und mein Vater kehrte zu seinem Haus zurück, ohne Familie - selbst Zalumma hatte ihn verlassen. Und mit dem Licht schwand auch meine Tapferkeit.
Ich war wie betäubt, als Francesco mich einem Teil seiner Dienerschaft vorstellte: seinen Kammerzofen Isabella und Elena; seinem Kammerdiener Giorgio; der Köchin Agrippina; einer Küchenmagd Silvestra; und dem Kutscher Claudio. Die meisten schliefen gegenüber der Küche im Erdgeschoss des Südwestflügels, der sich zum rückwärtigen Teil des Palazzo hin öffnete. Ich wiederholte die Namen laut, obwohl ich wusste, dass ich sie nicht lange behalten würde; mein Herz schlug so laut, dass ich mich selbst kaum hörte. Es gab noch mehr Personal, das ich nicht kennenlernte - Stallknechte und den Stallmeister, eine zweite Köchin, die krank geworden war, einen Laufburschen.
Elena, eine Frau mit niedlichem Gesicht, kastanienbraunem Haar und dem heiteren Blick einer Madonna, führte Zalumma und mich die Treppe hinauf in den zweiten Stock, vorbei an Francescos Räumen im ersten, bis in die weiträumigen Gemächer, die nun mir gehörten. Sie hielt eine Laterne hoch und brachte mich zuerst ins Kinderzimmer mit einer einsamen Wiege unter einem Gemälde, das eine starre Maria und ihr männliches Kind zeigte, und das leere Zimmer eines Kindermädchens; der Raum war derart ausgekühlt, dass in diesem Kamin wohl noch nie ein Feuer gebrannt hatte.
Dann unternahmen wir einen Rundgang durch mein Wohngemach, das Stühle hatte, einen Tisch mit einer brennenden Lampe, einen Schreibtisch und ein Regal mit Büchern, die dem Geschmack einer Dame angemessen waren: Liebesgedichte, Psalme auf Latein, Fibeln für klassische Sprachen, Ratgeber, wie die Hausfrau ihren Haushalt zu führen hatte, wie sie sich in Bezug auf ihren Gatten und ihre Gäste zu verhalten hatte, wie sie alltägliche Krankheiten behandeln sollte. Auch hier brannte kein Feuer, doch der Raum war wärmer angesichts der Tatsache, dass er sich zwei Stockwerke über dem lodernden Kamin des Speisezimmers und ein Stockwerk über Francescos Räumen befand.
Wohnraum und Kinderzimmer lagen auf der Vorderseite des Hauses, die Fenster gingen nach Norden; Zalummas Quartier (das sie mit Elena und Isabella teilte) und das meine waren auf der Rückseite und schauten nach Süden. Elena nahm uns mit zu den Zimmern der Dienerschaft und erlaubte mir einen raschen, flüchtigen Blick hinein; mein Schlafzimmer zu Hause war nicht so groß und gut ausgestattet gewesen.
Dann überquerten wir den Flur, und Elena öffnete die Tür zum Brautzimmer, meinem Schlafzimmer.
Der Raum war durch und durch feminin. Die Wände waren aus weißem, der Boden aus geschecktem cremefarbenem, rosa und grünem Marmor, Kaminsims und Kamin aus weißem Granit, der im Schein eines großzügigen Feuers schimmerte. Zwei zarte Damenstühle, die gepolsterten Sitze mit hellgrünem Brokat bezogen, standen vor dem Kamin; an der Wand dahinter hing ein Gobelin, auf dem zwei Frauen Orangen von einem Baum pflückten. Das Bett war übersät mit getrockneten Rosenblättern und bedeckt mit einem bestickten, mit Quasten versehenen Überwurf aus demselben blauen Samt wie mein Kleid. Passende Vorhänge, mit Gold besetzt, hingen von einem Baldachin aus Ebenholz herab; die inneren Vorhänge bestanden aus unzähligen Lagen reinweißem Chiffon, raffiniert drapiert. Glastüren gingen nach Süden und, wie ich vermutete, auf einen Balkon hinaus.
Zu beiden Seiten des Bettes waren Tische aufgestellt;
auf dem einen war eine weiße, mit Blumen bemalte und mit duftendem Rosenwasser gefüllte Schüssel. Darüber hing ein ovaler Spiegel.
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