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Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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und viele gemurmelte Glückwünsche.
    Mit meinem Gemahl an meiner Seite trat ich hinaus auf die große Piazza und atmete tief durch. Der Nachmittag war grau; Nebel hing in der Luft. Weich wie Dampf, der vom Wasser aufsteigt, legte er sich auf mein Gesicht, doch die Berührung war kalt.
54
    Danach kehrte unsere kleine Gesellschaft in mein neues Zuhause zurück. Diesmal rumpelte meine Kutsche durch offene schwarze Eisentore auf eine kreisförmige Auffahrt aus neuen Pflastersteinen, die uns an einem Dickicht junger Lorbeerbäume vorbeiführte. Die Eingangstüren aus kunstvoll gearbeitetem Holz waren höher als alle, die ich bisher gesehen hatte. Östlich davon befand sich eine große, formale Loggia, in der bei besserem Wetter Gäste empfangen wurden.
    Die Kutsche hielt an, und Francesco half mir beim Aussteigen, während Zalumma sich hinter mir um die große Schleppe kümmerte. Auf hohen Sockeln hockten zwei majestätische Steinlöwen, die den Eingang bewachten. Wir gingen zwischen ihnen hindurch, und die Türen öffneten sich wie durch Zauberhand vor uns.
    Ein Diener führte uns in den Raum zu unserer Linken: ein riesiger Salon mit makellos weißen Wänden, der Boden aus glänzendem, blassem Marmor, in den klassische Muster in Schwarz eingelegt waren. Dahinter, vorbei an einem Bogengang, befand sich ein Esszimmer, dessen lange Tafel unter Platten mit allerlei Speisen verschwand. Die Größe der Räume hätte eher zu einem Prinzen und seinem Hofstaat gepasst als zu unserer kleinen Gesellschaft. Tatsächlich konnte das Feuer im Speisezimmer die Kälte nicht ganz vertreiben. Es war ein kaltes, ein förmliches Haus.
    Mein neuer Gemahl war ein sehr reicher Mann.
    Ich war in einem über hundert Jahre alten Haus aufgewachsen, mit kahlen Wänden und schlichten Möbeln. Ich war an unebene Steinböden gewöhnt, von Generationen ausgetreten, an Treppenstufen, die sich in der Mitte senkten, an Türen, deren Ränder unter der Berührung unzähliger Hände dunkel geworden waren.
    Dieses Haus war nicht einmal zehn Jahre in Benutzung, seine Böden waren eben, glatt und schimmernd, die Türen ohne Kerben warteten mit Schlössern und Scharnieren aus blankem Metall auf. Kurzum: Es gefiel mir ganz und gar nicht.
    Von den Verwandten meines Vaters war niemand vom Land in die Stadt gekommen, Francescos Brüder hingegen hatten Frau und Kinder mitgebracht. Nachdem seine Familie uns neben Onkel Lauros Brut ins Haus gefolgt war, schien das Gebäude weniger leer, obwohl das Geplapper von den Wänden widerhallte. Sobald der Wein ausgeschenkt wurde, gab es viel Gelächter, manches laut und rau.
    Der Brauch schrieb vor, dass ich auf einem weißen Pferd zu meiner Hochzeit ritt, dann zu Fuß ins Haus meines Vaters zurückkehrte, wo ich die Nacht verbringen würde, allein und rein. Die Ehe sollte erst in der zweiten Nacht vollzogen werden, nach einem Fastentag.
    Doch für meine erste und für die zweite Hochzeit missachtete ich den Brauch. Ich ritt nicht auf einem weißen Pferd. Außerdem ging ich nicht in mein Vaterhaus zurück, eine Entscheidung, die aus drei Gründen getroffen worden war: In der Woche zuvor war ich an Fieber erkrankt und noch immer schwach, das Wetter war unbeständig, und ich war schwanger. Letzteres wurde nicht offen angesprochen, doch meine Taille war so umfangreich, dass es für die meisten sichtbar war. Es verursachte nur flüchtige Besorgnis, denn formale Verlöbnisse wurden als ebenso bindend wie Eheschließungen empfunden. So manche florentinische Braut hatte ihr Hochzeitskleid auslassen müssen, bevor sie nach San Giovanni ritt, und niemand hatte deswegen schlechter von ihr gedacht.
    Ich begrüßte noch mehr Gäste, Prioren und buonomi, Gleichgesinnte Francescos. Kurz darauf folgte ein Hochzeitsmahl, dessen Üppigkeit Savonarola stirnrunzelnd zur Kenntnis genommen hätte; ein gebratener Hammel, zwei gebratene Schweine, drei Gänse und ein Schwan, unzählige Fasane, ein paar Kaninchen und Dutzende von Fischen; Suppe und Kuchen und appetitliches Naschwerk, sechs verschiedene Pastasorten in Brühe, Käse, Nüsse und getrocknete Früchte.
    Der Essensgeruch brachte mich dem Erbrechen gefährlich nah. Doch ich lächelte, bis meine Wangen schmerzten. Hundertmal hörte ich mir an, ich sei die schönste Braut, die Florenz je gesehen hätte. Ich antwortete geistesabwesend, stets die richtige, höfliche Antwort gebend, obwohl ich es nie so meinte.
    Es gab Trinksprüche, darunter einen beliebten für Neuvermählte, ich möge in meiner

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