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Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Tisch auf; ich schaffte es nicht mehr rechtzeitig, den Raum zu verlassen. Dort, vor meinem Vater und Francesco, lehnte ich mich an die Wand und erbrach mich heftig.
    Selbst in meinem verzweifelten Zustand hörte ich, wie ein Stuhl krachend zu Boden fiel. Als ich schließlich trotz des Schwindelgefühls imstande war, keuchend den Kopf zu drehen, sah ich meinen Vater mit geballten Fäusten auf der anderen Seite des Tisches stehen und auf meinen Zukünftigen starren. Diesmal versuchte er gar nicht erst, seinen Zorn oder seinen Hass zu verbergen.
    Eine Dienerin kam, um die Schweinerei zu beseitigen und mir das Gesicht abzuwischen; mein Vater ließ die Teller entfernen und den Raum lüften. Sobald wir wieder saßen und es mir wieder besserging, sagte ich: »Ich möchte nicht im Juni heiraten. Ich würde den März vorziehen.«
    Die Augen meines Vater schossen hoch und gleich darauf zur Seite; er rechnete. Anschließend fiel sein Blick auf Francesco und bohrte sich tief bis in dessen Seele. Ich hatte den Eindruck, als liefe Francesco ein leichter Schauer über den Rücken.
    »Fünfter März«, sagte mein Vater in einem derart unheimlichen, unnachgiebigen Ton, dass weder mein Bräutigam noch ich dem etwas hinzuzufügen wagten.
    Eine Woche lang weigerte sich mein Vater, uns nach dem Abendessen allein zu lassen - doch bald darauf traf er offenbar eine Vereinbarung mit Francesco und ich war wieder auf Gedeih und Verderb meinem Zukünftigen ausgeliefert.
    Nun, da Francesco wusste, dass ich schwanger war, stellte er die Geschenke ein. Jetzt verlangte er, ich solle um den sexuellen Akt selbst betteln, da mein Zustand offenbar das Ergebnis meines wollüstigen Verlangens war. Ich gab mir die schrecklichsten Bezeichnungen: Hure, Metze, Schlampe.
    Ich hatte Angst, zu zerbrechen. Mit Entsetzen blickte ich dem fünften März entgegen.
    Er war nur allzu bald da, ein Tag, der feucht und kühl war und ungewöhnlich warm im Vergleich zum Rest des bitterkalten Winters; dicke Wolken zogen über einen graublauen Himmel. Ich hätte gut auf einem weißen Pferd über die Brücke zu Francescos Palazzo reiten können, doch wir rechneten mit einem kalten Tag, sodass ich mit meinem Vater und Zalumma in einer Kutsche fuhr, Onkel Lauro, seine Frau und die Kinder in einem Wagen hinter uns.
    Mein Kleid war aus hellblauem, leuchtendem Samt mit einem gleichfarbigen Brokatgürtel; aufgrund meiner umfangreicheren Taille trug ich den Gürtel direkt unter den Brüsten. Zalumma versicherte mir, es sehe so aus, als müsse es so getragen werden. Francesco hatte mir eine Kette aus Gold und Saphiren geschenkt und einen kostbaren Kopfschmuck, der mich nervös machte; es war ein Netz aus feinsten Goldfäden, in das Diamanten gewoben waren. Jedes Mal, wenn ich den Kopf bewegte, fing sich die Sonne in den Edelsteinen, und aus den Augenwinkeln sah ich Blitze aus Regenbogenfarben. Es war später Vormittag. Mir war übel, und ich lehnte mich aus dem Fenster, um die kühle Luft einzuatmen.
    Wir bogen aus der Via Maggio nach Osten in den Borgo Sant' Iacopo ein und ließen mein Wohnviertel Santo Spiri-to hinter uns. Von dort rollten wir über den geschäftigen Ponte Vecchio. Männer und Jungen sahen unsere mit weißem Satin drapierte Kutsche und riefen uns etwas zu, manche scherzten, andere gratulierten, wieder andere lästerten.
    Ich hatte die Strecke ausgesucht. Für den Kutscher wäre es angenehmer gewesen, den Ponte Santa Trinita zu überqueren, doch es fiel mir schon schwer genug, auch nur in seine Richtung und auf den Arno hinabzuschauen und daran zu denken, wie Giuliano gestorben war.
    Wir fuhren ins Stadtviertel Santa Maria Novella in die Via Por Santa Maria, dann nach Osten weiter zur Via Vac-chereccia, Heimat der Seidenhändler, zu denen auch Francesco gehörte. Die Verkaufsstände befanden sich im Schatten des Turms der Arte della Seta, der Seidengilde.
    Der Palazzo meines Gemahls lag in einer Seitenstraße hinter schwarzen Eisentoren und war eigens für ihn und seine erste Braut errichtet worden. Er war in klassisch romanischem Stil gehalten und aus hellem, grauem Stein erbaut, der in der strahlenden Sonne weiß erschien. Rechteckig, einer Festung gleich und von schnörkelloser Eleganz erhob er sich vier Stockwerke hoch, die Front zeigte nach Norden, die Rückseite auf das Zuhause meiner Familie. Dieses Gebäude bekam ich zum ersten Mal zu sehen.
    Als wir uns den Toren näherten, vernahm ich einen Aufschrei. Francesco stand draußen, die Hand nach vorn gestreckt,

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