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Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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geädert und trüb, das Stück an sich unauffällig bis auf die Tatsache, dass es sehr alt war. Ein schwarzer, hartnäckiger Belag umgab die Perlen, obwohl die Brosche vor kurzem noch poliert worden war.
    Eine Tradition, dachte ich. Für alle seine Bräute.
    »Danke«, sagte ich steif und wappnete mich innerlich vor der Grausamkeit, die sich bestimmt anschließen würde.
    Was dann allerdings geschah, war vollkommen uner-wartet und höchst bemerkenswert; Francescos Miene blieb freundlich, beinahe gelangweilt. Er unterdrückte ein Gähnen.
    »Das ist doch nicht der Rede wert«, sagte er verlegen. »Nun, dann.« Er schaute sich ein wenig betreten um und lächelte mich dann wieder an. »Es war ein anstrengender Tag für dich, kann ich mir denken. Wir sehen uns morgen früh. Gute Nacht.«
    Ungläubig schaute ich zu ihm auf. Er war peinlich berührt, unruhig und eifrig darauf bedacht, mich loszuwerden. »Gute Nacht«, sagte ich.
    Er ging. Rasch legte ich die Brosche ab, hielt ein Ohr an meine geschlossene Tür und hörte, wie er den Flur entlang und die Treppe hinunterging. Sobald ich sicher sein konnte, dass er fort war, öffnete ich die Tür, um Zalumma zu rufen - und schrak zusammen, als ich sie dort bereits vorfand.
    Sie hatte den Blick auf die dunkle Treppe gerichtet. »Kommt er zurück?«, flüsterte sie.
    »Nein.« Ich zog sie ins Zimmer.
    Ihr Unterkiefer wurde schlaff, sie öffnete den Mund und riss die Augen noch weiter auf. »Was ist passiert?«
    »Nichts.« Die Erkenntnis, dass meine Vorstellung an jenem Abend beendet war, überwältigte mich. Plötzlich war ich erschöpft und schaffte es kaum bis zum Bett, bevor meine Beine endgültig unter mir nachgaben. Ich setzte mich mit dem Rücken an das stabile hölzerne Kopfende, streckte die Beine aus, nahm geistesabwesend ein Rosenblatt auf und rieb es zwischen den Fingern. Zalumma kippte die Weinkaraffe und füllte den silbernen Kelch, den sie mir reichte. Das Aroma des Weins war erstaunlich anregend in Anbetracht der Tatsache, dass mir an jenem Tag so übel davon geworden war. Ich trank einen kleinen, vorsichtigen Schluck, den ich genüsslich auf der Zunge zergehen ließ; einen so köstlichen Wein hatte ich noch nie getrunken, so gut wie jede Sorte, die bei den Medici getrunken wurde.
    Zum ersten Mal an jenem Tag entspannte ich mich so weit, um Zalumma wahrzunehmen. Sie stand neben meinem Bett und betrachtete mich, die Stirn in Falten gelegt, um sicherzugehen, dass der Wein mir auch bekam und mir nicht etwa schlecht davon wurde. An jenem Tag sah sie sehr gut aus; ihre Sorge um mich hatte sie in letzter Zeit abnehmen lassen, wodurch die Wangenknochen unter ihren dunklen, schräg stehenden Augen noch deutlicher hervortraten. Das tintenschwarze Haar war sorgfältig geflochten, die Hauptmasse nach hinten in einen Schleier aus cremefarbener Seide gesteckt; ihr Kleid war aus dunkelbraunem Tuch, mit goldfarbenem Band gesäumt.
    »Was hat er gesagt?«, erkundigte sie sich, als sie mein Schweigen nicht länger ertragen konnte.
    »Er hat mir ein Geschenk gemacht.« Mit dem Kinn deutete ich auf die Granatbrosche auf dem Nachttisch. »Er hat mir ein Geschenk gemacht und gesagt, ich sei doch bestimmt müde. Dann hat er sich verzogen.«
    Sie starrte auf die Brosche. »Er ist verrückt.«
    »Vielleicht ist er krank«, sagte ich. »Oder er ist nach all den Vorbereitungen selbst müde. Sieh dir das Bett an.« Ihr Blick wanderte über den bestickten Samtüberwurf und die dazu passenden Vorhänge. »Das alles hat er für mich gemacht.«
    »Das ist auch das Mindeste, was er tun konnte«, sagte sie barsch.
    Nach einem weiteren vorsichtigen Schluck Wein merkte ich, dass ich Heißhunger hatte. Ich schaute auf den Teller mit Rosinen neben mir und runzelte die Stirn. Die Diener waren davon ausgegangen, dass ich nach den Feierlichkeiten tagsüber vollgestopft wäre, und hatten sie als süßes
    Naschwerk hingestellt, das ich zum Wein nehmen könnte; sie wussten noch nicht, dass ich Rosinen verabscheute.
    Zalumma bemerkte es sofort. »Habt Ihr Hunger? Ihr habt heute noch nichts gegessen.«
    »Ich hätte gern etwas Brot und Käse.«
    »Ich treibe etwas auf.«
    Nach kurzer Pause sagte ich: »Hol noch einen zweiten Kelch - für dich. Und was du sonst noch möchtest. Ich will nicht allein essen.« Francesco würde es für unpassend halten, aber es war mir einerlei. Mir war schwindelig vor Erleichterung, und trotz meiner Schwäche hatte ich plötzlich Lust zu feiern. Wenigstens für eine Nacht war

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