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Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Mutterschaft steht Euch. Salai sagt, Ihr habt einen niedlichen Sohn.«
    »Matteo, ja.« Ich blühte auf.
    »Ein guter Name. Und ist er gesund?«
    »Und ob!« Ich konnte meine Begeisterung nicht zügeln. »Er isst die ganze Zeit und will immer mehr. Er ist ständig in Bewegung, es sei denn, er schläft.«
    »Sieht er Euch ähnlich?«
    »Ich glaube schon. Seine Augen sind jetzt achatblau, aber sie werden bestimmt bald dunkler werden. Und er hat so viele Haare, so weich, mit kleinen Locken - ich lege den Finger, so, auf seinen Scheitel und drehe alles zu einem großen Ringellöckchen zusammen .« Ich verstummte, als ich mich ertappte. Francescos Augen waren eisblau, seine Haare glatt. Beinahe hätte ich zugegeben, dass mein Sohn seinem Vater gleiche - mit lockigem Haar und Augen, die sicher dunkel würden. Ich hatte kurz davorgestanden, das niedliche Grübchen in seiner Wange zu beschreiben - Giu-lianos Grübchen.
    Mein Tonfall wurde kühler. »Anscheinend wisst Ihr sehr viel über mich und meinen Gemahl«, sagte ich. »Seid Ihr wieder in Florenz? Ich wähnte Euch an Ludovicos Hof in Mailand.«
    Seine Miene war undurchdringlich. »Da bin ich auch. Aber ich halte mich für eine Weile in Florenz auf, zur Erholung.«
    »Und Ihr habt mich hierher gebracht mit all dieser Geheimniskrämerei, weil .?«
    Er antwortete nicht, da Salai ein Tablett mit Wein, Käse und Nüssen hereinbrachte. Leonardo stand auf, nahm es an sich und verbannte dann seinen Helfer; er trug das Tablett an einen langen, schmalen Tisch, der beinahe die ganze Länge der Wand hinter uns einnahm. Er hatte Mühe, Platz für das Tablett zu schaffen.
    Ich drehte mich um, da ich ihm meine Hilfe anbieten wollte, und war so fasziniert von dem, was ich sah, dass ich aufstand und hinüberging, um es näher in Augenschein zu nehmen. Auf dem Tisch lagen Holzplatten mit langen, scharfen Kanten; Haufen von grauweißem Fell mit Löchern an den Stellen, an denen das Fell fein säuberlich ausgerupft und neben einer Schere angehäuft worden war. Auch Federn gab es stapelweise - die größten, dunkelsten von Geiern, die helleren von Gänsen, die kleinsten, zartesten von Tauben - sowie durchsichtige, drahtige Schweineborsten. Am anderen Ende stand ein Holzeimer mit Leimspuren und mit einem Tuch abgedeckt; der Boden darunter war mit Gips besprenkelt. Daneben lagen kleine Farbkugeln - weiße, schwarze, gelbbraune, blassrote - zum Trocknen auf einem Tuch neben einem großen Mörser mit Stößel, in dem sich ein paar winzige Brocken Malachit befanden. Auch eine große Platte aus rotem Stein lag dort, auf der dunkles, gelbbraunes Pulver angehäuft war, daneben ein handtellergroßer Schleifstein und ein dünner Holzspachtel mit scharfer Kante. Eine Reihe von Pinseln befanden sich in verschiedenen Phasen der Herstellung: eine Geierfeder war gerupft worden, die Spitze abgeschnitten. Ein dickes Bündel Schweineborsten war dann vorsichtig in die Öffnung geschoben und mit Wachsfaden stramm befestigt worden. Ich sah auch einige sehr schlanke, spindelförmige Holzstäbe; einer war in den Kiel der Feder gesteckt worden, damit sie dem Druck einer Künstlerhand widerstehen konnte.
    »Das ist ein Maleratelier«, sagte ich erfreut zu mir selbst.
    Leonardo hatte das Tablett abgesetzt und betrachtete mich amüsiert, während er Wein in einen Kelch goss. »Mehr schlecht als recht; es ist nur vorübergehend. Das in Mailand ist viel schöner. Nur keine Scheu, Ihr könnt alles anfassen. Bitte.«
    Ich holte tief Luft und langte nach einem halb fertiggestellten Pinsel, der noch eines Griffs bedurfte. Er bestand aus einer gerupften Taubenfeder; der Hersteller hatte vor-sichtig weißes Grauwerk, Faser für Faser, in die abgeschnittene Feder gesteckt und den Pinsel unwahrscheinlich spitz zugeschnitten. Ich berührte die seidige Spitze mit dem Finger und lächelte. Mit diesem Werkzeug konnte man die feinsten Einzelheiten malen: ein einzelnes Haar, eine Augenwimper.
    Ich legte den Pinsel nieder und deutete auf die getrockneten Kügelchen. Die Farben waren erstaunlich einheitlich. »Und wie werden die gemacht? Und benutzt?«
    Er stellte einen Kelch ab und füllte den zweiten; meine Fragen gefielen ihm. »Seht Ihr den Ocker dort auf dem Porphyr?« Er zeigte auf das Pulver auf der roten Steinplatte. »Den besten Ocker findet man in den Bergen. Den hier habe ich in den Wäldern bei Mailand gefunden. Wenn man dort gräbt, trifft man auf Adern aus Weiß, Ocker und Rot in allen Schattierungen, von Schwarz bis hin

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