Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
rumpelnd und über den Steinboden schrammend zur Seite geschoben wurde.
    Wir gingen eine Treppe hinunter - ich unsicher, die eine Hand plagte sich mit meinen langen Röcken, meinem schweren Überkleid, dem schleppenden Saum des Umhangs. Dann kam unser üblicher Halt, wenn Salai auf ein Zeichen des Postens wartete, dass der Weg frei war. Anschließend trotteten wir über glatte Flure.
    Zum ersten Mal zögerten wir - in einer Türöffnung, dessen bin ich mir sicher, denn dahinter war strömender Regen zu hören, nur wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt. Tropfen wie Pfeilspitzen, vom Wind getrieben, streiften meine Wangen. Es donnerte so heftig, dass die Erde unter meinen Füßen bebte.
    Salai neben mir spannte sich an, machte sich bereit und packte meinen Oberarm. »Lauft«, befahl er und zerrte mich hinter sich her.
    Blindlings rannte ich los. Und schnappte nach Luft, als eisiges Wasser auf mich eintrommelte. Der Regen peitschte mir schräg unter die Kapuze direkt ins Gesicht; ich hielt es nach unten in dem Versuch, es abzuschirmen, doch meine Augenbinde war rasch durchnässt; das Wasser brannte mir in den Augen. Ich legte meine freie Hand darüber.
    Dabei verfing sich mein Schuh im durchweichten Saum meines Umhangs. Ich verlor das Gleichgewicht, stürzte, gezogen von Salais Griff, und fiel hart auf meinen freien Ellenbogen und die Knie. Mühsam versuchte ich wieder auf die Beine zu kommen, die Handfläche auf kalte, glitschige Bodenplatten gepresst. Gleichzeitig wischte ich mir mit dem anderen Handgelenk die brennenden Augen.
    Die durchweichte Augenbinde verrutschte und fiel herunter. Ich starrte plötzlich in Salais hübsches, junges Gesicht, auf dem sich nun panische Angst breitmachte.
    Pferd und Wagen warteten in der Nähe. Und hinter ihm erhoben sich die massiven Mauern eines großen Klosters, das ich ziemlich gut kannte. Er streckte die Hand nach mir aus und versuchte mich zurückzuhalten, aber es war zu spät: Ich drehte den Kopf und warf einen Blick durch den grauen Regenschleier auf die Piazza hinter mir.
    Die anmutigen Kolonnaden des Ospedale degli Innocen-ti, des Waisenhauses, schauten mich von der anderen Straßenseite an. Weiter unten, so weit entfernt zu meiner Linken, dass er nicht größer als eine Fliege wirkte, hatte mein Kutscher Claudio unter einer Loggia Schutz gesucht.
    Salai und ich befanden uns auf der nördlichen Seite der Kirche; Claudio wartete auf der Westseite auf mich, die zur Piazza hinausging.
    Jedes Mal, wenn ich mich mit Leonardo getroffen hatte, war ich die ganze Zeit in der Santissima Annunziata gewesen.
60
    Salai und ich sprachen nicht miteinander; der prasselnde Regen machte ein Gespräch unmöglich. Er zog mich auf die Füße, streifte mir die Kapuze des Umhangs über den Kopf, und wieder liefen wir los, diesmal zurück in den Schutz des Klosters. Dort, vermutlich in der Eingangshalle eines Schlafsaals, kamen wir allmählich wieder zu Atem. Meine Knie und der linke Ellenbogen schmerzten und hatten ohne Zweifel starke Prellungen davongetragen, allerdings war nichts Schlimmes passiert.
    Salai versuchte gar nicht erst, mir die Augenbinde wieder anzulegen; tatsächlich gab er mir durch Zeichen zu verstehen, auch die Wolle aus meinen Ohren zu ziehen. Er stand so nah bei mir, dass sich unsere Körper berührten, und sagte, seinen Mund dicht an meinem Ohr: »Nun liegt es in Euren Händen, uns alle zu verraten. Wartet hier. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass jemand auftaucht. Falls doch, sagt kein Wort - ich werde mir etwas ausdenken, wenn ich wiederkomme.«
    Ich wartete. Kurz darauf kehrte Salai mit einem großen Tuch zurück. Er half mir aus dem durchnässten schwarzen Umhang und sah mir dann zu, wie ich mich, so gut es ging, trocken rieb.
    »Fein«, sagte er, als ich ihm das Tuch zurückgab. »Ich habe mir Sorgen gemacht, wie Ihr Eurem Kutscher Eure ... feuchten Gewänder erklären würdet.«
    »Ihr müsst es Leonardo nicht erzählen«, sagte ich. »Dass ich weiß, wo wir sind.«
    Er schnaubte. »Glaubt nur nicht, wir hätten auch nur die geringste Hoffnung, es vor ihm zu verbergen, Monna. Er kann eine Lüge so gut riechen wie wir das Blut an einem Schlachter. Im Übrigen bin ich es leid, Euch durch die Stadt zu fahren. Kommt.«
    Er führte mich eine Treppe hinauf durch ein Gewirr von Korridoren und wieder hinunter, bis wir in die Vorhalle gelangten, die zur Hauptsakristei führte. Dort ließ er mich stehen, ohne sich auch nur einmal umzudrehen.
    Im Schutz eines

Weitere Kostenlose Bücher