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Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Morgengrauen verschwinden, nachdem Francesco von seinen Streifzügen zurückgekehrt war und ich ihn töten konnte, wenn er betrunken in seinem Bett lag.
    In der Stille des Morgens, als alle noch schliefen, war es Zeit für Zalumma, aufzubrechen. Ich ergriff ihre Hände und küsste sie auf die Wange.
    »Ihr werdet mich Wiedersehen«, versprach sie, »spätestens bei der Beerdigung Eures Vaters. Wenn ich mich verspäte, finde ich Euch in der Kirche.« Leichten Schrittes ging sie zur Tür; dann fiel ihr etwas ein, sie blieb stehen und blickte über die Schulter zurück. »Ihr habt Eurem Vater vieles verziehen«, sagte sie. »Zu viel. Aber vielleicht werde ich versuchen, ihm auch zu verzeihen.«
    Sobald sie fort war, ging ich ins Schlafzimmer meines Vaters. In seinem weißen Leinenhemd, die Hände um ein kleines rotes Kreuz gefaltet, sah er kalt und unglücklich aus. Ich nahm ihm das Kreuz ab und versteckte es in einem Schrank unter einem Stapel Tuniken, wo Loretta es nicht finden würde; dabei stieß ich zufällig auf ein Stilett mit goldenem Griff - fein und tödlich - und verbarg es in meinem Gürtel.
    Die Beerdigung fand in Santo Spirito direkt nach der Non statt, am Nachmittag. Loretta war früh hingegangen, um alles in die Wege zu leiten; da die Pest nicht mehr so weit verbreitet war, fiel es ihr leichter als gedacht, Totengräber zu finden.
    Die Messe, die für meinen Vater gelesen wurde, war kurz und traurig. Francesco kam und nahm ungeduldig an der Andacht teil, er ging gleich danach mit der Erklärung, in der Signoria gebe es eine Notlage. Ich war erleichtert. Es war mir fast nicht mehr möglich, meinen grenzenlosen Abscheu vor ihm zu verbergen.
    Nur wenige standen am Grab meines Vaters, Onkel
    Lauro, seine Gemahlin und seine Kinder, Loretta, der Stallbursche meines Vaters, sein Koch und ich. Matteo blieb mit dem Kindermädchen zu Hause. Als ich die erste Handvoll Erde auf den Sarg meines Vaters warf - neben den niedlichen Steincherubim meiner Mutter hockend -, vergoss ich keine Träne.
    Vielleicht stahl die Angst sie mir: Zalumma war nicht zurückgekehrt. Es war ein Fehler gewesen, sagte ich mir, sie allein mit derart wertvollem Schmuck hinauszuschik-ken, vor allem schon so früh, wenn die Straßen noch leer waren. Wenn sie einem Dieb in die Arme gelaufen war, wer hätte ihre Hilfeschreie hören sollen?
    Es war an der Zeit, zum Totenmahl ins Haus meiner Eltern zurückzukehren. Onkel Lauro und die anderen versuchten mich zu überreden, sie zu Fuß zu begleiten, doch ich lehnte ab. Ich wollte später nachkommen und zuerst noch einen Moment mit meinem Vater und meiner Mutter allein sein; und ich wollte auf Zalumma warten, falls sie doch noch käme.
    Als die anderen gingen, war ich nur kurz allein. Einer der Augustinermönche von Santo Spirito kam im traditionellen Habit seines Ordens auf mich zu, die Falten einer Kapuze auf den Schultern, die Kutte angehoben.
    Ich hielt den Blick starr auf das Grab meines Vaters gerichtet; ich wollte mich nicht unterhalten. Doch er stellte sich dicht neben mich und sagte leise: »Madonna Lisa, es tut mir unendlich leid.«
    Der Klang seiner Stimme widerte mich an. Ich wandte mich ab.
    »Ihr habt mit dem Buch zu erkennen gegeben, dass Ihr einen Brief gefunden habt«, sagte er, »aber als Ihr nicht kamt, machte ich mir Sorgen. Es stimmt mich traurig, zu hören, dass Antonios Hinscheiden der Grund dafür ist.«
    »Geht.« Meine Stimme war rau. »Verschwindet und kommt nie wieder.«
    Aus den Augenwinkeln sah ich, dass Leonardo den Kopf nach vorn neigte. »Ihr seid zu Recht wütend: Ich konnte ihn nicht retten, obwohl Ihr mich darum batet. Aber ich hatte keine Möglichkeit. Jedenfalls keine, wenn ich Euch und Matteo nicht gefährden wollte. Wenn Eure Trauer nachlässt, werdet Ihr vielleicht verstehen ...«
    »Ich verstehe, dass Ihr ein Lügner seid, dass Ihr mich von Anfang an belogen habt. Ihr wusstet . « Ich versuchte die Worte auszusprechen, doch sie blieben mir im Halse stecken; ich fuhr herum. »Giuliano lebt. Und Ihr habt mich in Kummer leben lassen, in Qualen, die ganze Zeit. Wie ein guter Spion habt Ihr mich benutzt!«
    Er hob das Kinn und richtete sich auf. »Ich habe Euch vor langer Zeit gesagt, dass ich Euch nicht alles offenbaren kann, weil es Euch in Gefahr bringt. Ich habe Euch nicht benutzt. Ihr steht mir näher, als Euch bewusst ist.«
    »Den Teufel stehe ich! Ihr seht mich an, damit Ihr von Eurem geliebten Giuliano träumen könnt, den Ihr verloren habt.«
    Bei meinen

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