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Kalt, kaltes Herz

Kalt, kaltes Herz

Titel: Kalt, kaltes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Ablow
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Wir haben seit Monaten Überwachungskameras vor dem Emerson installiert. Sie sollten vorsichtiger sein.«
    In diesem Augenblick stürmte Officer Lucey herein. Er wirkte verstört. »Wir brauchen da drin Hilfe. Westmoreland rastet wieder aus.« Ich rannte mit den beiden zur Zelle. Westmoreland hatte sich an die gegenüberliegende Wand gepreßt. Malloy stand vor ihm. Der Gefangene streckte die Zunge heraus und biß darauf. Das Blut lief ihm über Kinn und Hals. Malloy machte eine beschwichtigende Handbewegung. »Immer mit der Ruhe«, sagte er.
    Westmoreland stieß einen Schrei aus. Blut spritzte durch die Luft. Dann biß er sich wieder kräftig auf die Zunge. »Scheiße«, schimpfte Malloy. Er wischte sich das Blut aus dem Gesicht.
    »Kann mir jemand erklären, was hier los ist?« forderte Hancock. Malloy drehte sich nicht um. »Ich habe ihm nur eine einfache Frage gestellt, und er ist ausgeflippt.«
    Ich ging in die Zelle und stellte mich neben Malloy. »Was haben Sie ihn denn gefragt?«
    Er zuckte die Achseln. »Nur, wie er richtig heißt.«
    »Hat er geantwortet?« wollte Hancock wissen.
    »Am Anfang nicht. Ich mußte nachfragen, um ein George La-irgendwas aus ihm rauszukriegen. Danach hat er wieder dichtgemacht.«
    Westmoreland preßte die Kiefer zusammen. Das Blut floß immer schneller.
    »George. Sie tun sich doch nur weh«, meinte Hancock. Etwas Dümmeres hätte sie nicht sagen können. Westmoreland stieß wieder einen Schrei aus und biß sich noch kräftiger in die Zunge. Für mich was das allerdings sehr aufschlußreich. Allmählich gewann ich den Eindruck, daß es nur einen Menschen gab, dem Westmoreland wehtun wollte, und zwar er selbst. Ich entfernte mich von Malloy und blieb ein paar Meter vor Westmoreland an der Wand stehen. Dann zog ich das kleine silberne Taschenmesser heraus, mit dem ich immer mein Koks zerhacke, und ließ die Klinge aufschnappen.
    »Stecken Sie das Ding weg!« schrie Hancock.
    Ich sah Westmoreland an, und unsere Blicke trafen sich. »Ihr Leiden ist mein Leiden«, flüsterte ich. »Sagen Sie mir, wann wir aufhören können.«
    Westmoreland preßte weiter die Kiefer zusammen.
    Ich fuhr mir mit der Klinge über die Haut, daß ein weißer Kratzer auf meinem Handgelenk zurückblieb. Er riß die Augen auf, ließ aber nicht locker. Mit zusammengebissenen Zähnen fuhr ich mir wieder übers Handgelenk, diesmal mit so viel Druck, daß die Haut aufgeritzt wurde. Der glatte Schnitt verfärbte sich blutrot.
    »Oh, mein Gott«, flüsterte Malloy.
    Westmoreland starrte erst auf mein und dann auf sein Handgelenk.
    Ich setzte das Messer am Anfang des Einschnittes an, schloß die Augen und drückte die Spitze etwa einen halben Zentimeter tief hinein. Kurz spürte ich einen scharfen Schmerz: ein Pochen breitete sich in meiner ganzen Hand aus. Mit schmerzverzerrtem, Gesicht taumelte ich an die Wand.
    Westmoreland fing an zu schluchzen.
    Ich stach mir noch ein bißchen tiefer ins Fleisch.
    Er fiel auf die Knie und öffnete endlich den Mund. »Hören Sie auf, Vater« , flehte er. »Ich habe schon genug gesündigt.« Ich wartete einen Moment und ging zu ihm hinüber. Als ich die Hand ausstreckte, griff er danach. Er ließ sich von mir zu seiner Pritsche führen.
    »Kümmern Sie sich darum, daß er ärztlich behandelt wird«, sagte Ich draußen vor der Zelle zu Hancock. »Das war ja eine eindrucksvolle Vorstellung, Frank«, meinte sie. Woher wußten Sie, daß er aufhören würde?«
    »Weil er kein Mörder ist.«
    Sie zuckte zusammen. »Bei Ihrer bisherigen Trefferquote sollten Sie keine so große Lippe riskieren.«
    »Normalerweise führe ich keine Punktelisten, wenn es um Menschenleben geht«, entgegnete ich und ließ sie einfach stehen.

4
    Ich schleppte mich auf den Parkplatz, hievte mich in mein Auto und ließ den Motor an. Mit geschlossenen Augen saß ich nur so da. Ich war erledigt und hing ganz schön in den Seilen. Wenn Hancock ihre Drohung wahrmachte und mich bei der Ärztekammer meldete, würde ich meine Approbation verlieren. Dann war mein Haus so gut wie weg und der Rover auch. Und das ausgerechnet jetzt, während meine Beziehung mit Kathy den Bach runterging. Aber ich durfte mich davon nicht bremsen lassen, denn wenn ich Westmoreland aufgab, hatte er keine Chance mehr. Ich kann es nicht mitansehen, wenn ein Hilfloser in die Mangel genommen wird. Außerdem ließ sich nicht abschätzen, welche Schreckensvisionen sein Hirn im Gefängnis ausbrüten würde. Vielleicht sah er die Gitterstäbe als

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