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Kalt, kaltes Herz

Kalt, kaltes Herz

Titel: Kalt, kaltes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Ablow
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meinen Schlüssel zu Hilfe nahm. Dann raste ich hinauf in den dritten Stock zur Gynäkologie.
    Kathys Büro war eines von sechsen, in einer Reihe hinter einem halbrunden Empfangstisch angeordnet. Die Sekretärin Kris Jerold, die ihr wasserstoffblondes Haar auf Streichholzlänge trug und sich in der Lesbenbewegung engagierte, bedeutete mir zu warten, bis sie ihr Telephonat beendet hatte. »Kathy ist noch nicht da«, verkündete sie, als sie fertig war. Sie spielte mit den drei goldenen Ringen in ihrem Ohr herum. »Vorhin hat sie angerufen und gesagt, sie käme um neun.«
    »Dann warte ich in ihrem Büro.«
    Sie nickte zögernd.
    Ich konnte nur mit Mühe an mich halten. »Oder gibt es ein Problem, wenn ich da drinnen warte?« fragte ich. »Im Augenblick fällt mir keins ein.«
    »Und wenn Ihnen später eins einfällt?«
    »Ich liebe Psychiater«, entgegnete sie lächelnd. »Es ist überhaupt kein Problem, wenn Sie sich in ihr Büro setzen. Ich wollte eigentlich fragen, wie Dr. Singleton über den Tod ihrer Freundin hinwegkommt.«
    »Das versuche ich gerade selbst herauszufinden. Was für einen Eindruck macht sie denn auf Sie?«
    »Ich habe sie seitdem kaum gesehen. Gestern ist sie früh gegangen, und heute war sie fast den ganzen Vormittag nicht in der Sprechstunde.« Sie schüttelte den Kopf. »Die beiden waren beinahe wie Schwestern ...«
    »Ja.« Ich dachte wieder an Kathys Schwester, die bei dem Brand ums Leben gekommen war. »Ich glaube, Sie haben recht.«
    »Wenn sie kommt, stelle ich ihre Anrufe erst mal nicht durch.«
    »Danke.«
    Ich ging in Kathys Büro und ließ mich auf ihren Schreibtischstuhl fallen. Überall roch ich ihr Parfüm. Grinsend betrachtete ich mein Photo, das in einem silbernen, verschnörkelten Rahmen auf dem Schreibtisch stand. Ich hatte es ihr zu Weihnachten geschenkt. Auf diesem Photo saß ich cool auf meiner schwarzen Harley vor einer Kneipe in Lynn, die Irish Mist hieß. Das Motorrad hatte ich mir wenige Wochen nach unserer ersten Begegnung gekauft. Mit einem Kichern dachte ich daran, daß ich das Geld eigentlich gespart hatte, um meine Analyse weiterzuführen. »Sie sollten sich erst überlegen, was Ihr Ziel ist, bevor sie sich mit Vollgas auf den Weg dorthin machen«, hatte Ted Pearson, mein Psychiater, gewarnt, als ich die vereinbarten Termine absagte.
    »Ich glaube, ich komme schon klar«, sagte ich.
    »Dann geht es Ihnen sogar noch schlechter, als ich vermutet habe«, antwortete er. »Rufen Sie an, wenn Sie mich brauchen.«
    Im letzten Jahr war ich öfter in Versuchung geraten, mich bei Pearson zu melden und ihm zu gestehen, wie elend ich mich fühlte. Aber er hatte die Leitung eines Hilfsprogramms für Mediziner in Not übernommen, das sich mit der Diagnose und Behandlung von Alkoholproblemen, Drogenmißbrauch und psychischen Erkrankungen bei Ärzten befaßte. Und von diesem Dunstkreis wollte ich mich unter allen Umständen fernhalten.
    Kathys Büro war mit den typischen Krankenhausmöbeln eingerichtet, wie sie Behörden nach dem Baukastenprinzip verteilen. Doch sie hatte das Beste daraus gemacht. Vor dem Schreibtisch stand ihr gerüschtes, zweisitziges Laura-Ashley-Sofa. Auf dem Sideboard, das mit einigen Metern elfenbeinfarbener Spitze bedeckt war, thronten Porzellanpuppen. Anstelle der üblichen Diplome und Urkunden schmückten Ölgemälde von spielenden Kindern die Wände. Eine antike Buntglasscheibe verbarg die Mietskasernen gegenüber und tauchte den grauen Teppich in orangefarbenes, gelbes und rotes Licht. Ich entdeckte eines von Kathys blonden Haaren auf der Schreibunterlage und zog es mit den Fingern glatt. Mein Nacken und meine Schultern entspannten sich allmählich. Ich kippte den Stuhl zurück und schloß die Augen. Warum heiratete ich sie nicht, wenn schon ein einziges Haar von ihr mich fast zu Tränen rührte? Wovor hatte ich Angst? Offenbar war ich kurz eingenickt, und als ich aufwachte, spürte ich, wie Kathys Hand sanft meine Schulter massierte. Ihr Duft stieg mir in die Nase. Ich hielt die Augen geschlossen und rührte mich nicht. Denn falls ich es doch nur träumte, daß sie hier war, wollte ich sie nicht verscheuchen.
    »Frank«, flüsterte sie.
    Ich atmete tief durch, schwieg aber beharrlich.
    Nun klang ihre Stimme schärfer: »Frank, du bist eingeschlafen.« Sie fuhr mir mit den Fingerknöcheln übers Schlüsselbein. »Ach, verdammt!« fluchte ich und rutschte von ihr weg. Als ich aufblickte, sah ich sie vor mir stehen. Gleichzeitig belustigt und leicht genervt

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