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Kalt, kaltes Herz

Kalt, kaltes Herz

Titel: Kalt, kaltes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Ablow
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Stehlampe an und ließ mich in einen mit abgewetztem Leder bezogenen Ohrensessel fallen. Die Zigarette hatte mich ein wenig entspannt. Ich nahm noch eine aus einem Kristallglas auf dem Beistelltisch und zündete sie an. Dabei stellte ich mir vor, daß sich die leeren Zimmer des Hauses um mich herum verschachtelten wie ein Labyrinth. Das Haus war viel zu groß für zwei Menschen, geschweige denn für einen. Hundertachtundfünfzig Quadratmeter Wohnfläche. In gewisser Hinsicht hatte meine Mutter mit ihrer Frage, warum das unbedingt sein mußte, den Nagel auf den Kopf getroffen – selbst wenn sie nicht unwesentlich dazu beigetragen hatte, daß ich dieses Haus zu brauchen glaubte. Ich konnte nicht leugnen, daß es zum Teil eine Reaktion auf meine tiefsitzende Angst war, in der Bedeutungslosigkeit zu versinken.
    Kathy hatte vor dieser Angst die Augen verschlossen; vielleicht hatte ich sie ihr auch verheimlicht. jedenfalls erklärte das, warum meine Kokainsucht bei ihr nur Wut und kein Mitgefühl auslöste.
    Ich betrachtete das Bücherregal an der gegenüberliegenden Wand. Es war ein englisches Möbelstück mit geschnitzten Greifen an den Ecken. Auf dem obersten Brett stand Kathys Sammlung von Trixie-Belden-Büchern. Sie hatte mir öfter erzählt, die Geschichten mit der halbwüchsigen Amateurdetektivin als Heldin hätte sie als Kind am liebsten gelesen. Damals fürchtete sie sich im Dunkeln, und die Bücher halfen ihr beim Einschlafen. Ich hatte mir noch nie die Zeit genommen, in eines davon hineinzuschauen.
    Ich stand auf, ging zum Regal und nahm einen Band heraus.
    Es war der dritte von neununddreißig:
Das Geheimnis des Pförtnerhauses.
Dann ließ ich mich wieder in den Ohrensessel nieder und schlug das Buch auf. Auf das Deckblatt hatte jemand mit Bleistift das Wort »Maus« geschrieben. Aus dem M ragten hingekritzelte Schnurrhaare, und aus dem ringelte sich ein Schwanz. War das Kathys Spitzname gewesen? fragte ich mich. Heute war sie alles andere als eine Maus. Ich blätterte zum ersten Kapitel und fing an zu lesen:
    »Oh, Mama«, jammerte Trixie und wickelte eine blonde Haarsträhne um den Bleistift, der hinter ihrem Ohr steckte. »Muß ich wirklich an Brian und Mart schreiben? Am Sonnabend kommen sie ohnehin nach Hause, und dann kann ich ihnen selbst alles erzählen.«
    Mrs. Belden blickte von dem Pulloverauf, den sie für Bobby, Trixies jüngeren Bruder, strickte. »Genau darum geht es«, sagte sie lächelnd. »Deine älteren Brüder waren den ganzen Sommer lang im Ferienlager, und du hast ihnen nur schlampig
hingekritzelte Postkarten geschickt.«
    »Ich hatte eben keine Zeit«, murrte Trixie und starrte auf das Blatt Papier. »Crabappel Farm, Sleepy-side-on-the-Hudson, New York, Dienstag, der
22.
August, abends«, hatte sie hastig daraufgeschmiert.
    Es machte mir Spaß, mir Kathy vorzustellen, als sie noch jung genug gewesen war, um Trixie spannend zu finden. Nach einem Blick auf die lange Reihe kanariengelber Bücher im Regal legte ich die Füße hoch und las weiter.

7
    Natürlich durfte in meiner letzten Nacht in der Freiheit das Koks nicht fehlen. Da ich nicht riskieren wollte, noch einmal etwas vor dem Emerson zu kaufen oder mir das Zeug nach Hause liefern zu lassen, machte ich mich auf den Weg zum Pug's, einer Kneipe an der Straße nach Lynn. Willie Hightower, von dem ich öfter was bekam, arbeitete hin und wieder dort. Die restliche Zeit war er Drummer bei einer Heavy Metal Band, die
Fixierung
hieß. Den Namen hatte ich mir ausgedacht. Zum Glück war er da.
    Ich brauchte Willie gar nicht zu sagen, was ich wollte. Bei ihm fühlte ich mich ein wenig wie ein Gast, der in seinem Stammlokal automatisch das Frühstück vorgesetzt kriegt. Also warf ich einfach meine Marlboroschachtel auf den Tresen. »Wie läuft's mit der Musik?«
    »Fetzt richtig rein«, antwortete er. Er räusperte sich und warf sein langes, schwarzgefärbtes Haar zurück. Während er mir ein Miller-Bier einschenkte, sah er sich um. »Malloy war vorhin da. Er hat mich gefragt, ob du hier manchmal was kaufst.« Er stellte das Glas vor mich hin und nahm die Marlboroschachtel.
    Ich nickte. Mein Herz klopfte wie wild.
    »Selbstverständlich hab ich den Mund gehalten. Keine Angst. Aber ich finde, du solltest es wissen.« Die Marlboroschachtel verschwand hinter dem Tresen.
    »Danke.«
    »Und dabei habe ich diesem Fettwanst in den letzten anderthalb Jahren jeden Monat dreihundertfünfzig Dollar abgedrückt, damit er sich nicht blicken läßt.« Er

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