Kalt, kaltes Herz
da.«
»Bist du verletzt?«
»Nein.« Wieder holte ich tief Luft.
»Hast du einen Schock?«
»Mir geht es prima«, log ich.
»Frank, ich habe drei Minuten bis zu meinem nächsten Einsatz. Warum hast du mich ausrufen lassen?«
»Ich habe Emma Hancock gesagt, daß sie den Falschen eingesperrt hat. Und jetzt sieht es aus, als wäre es der Typ wirklich gewesen.«
»Aber er sitzt doch noch immer im Knast? Du hast nicht dafür gesorgt, daß er freikommt.«
»Er sitzt im Knast.«
Ich hoffe, sie ...«
»Ich weiß, ich weiß. Das Problem ist nur, daß mir die Beweise auch weiterhin nicht schlüssig erscheinen. Und selbst wenn Westmoreland den Mord begangen hat, heißt das noch lange nicht, daß er zurechnungsfähig ist und ein vernünftiges Geständnis ablegen kann. Er schwebt irgendwo in der Stratosphäre. Wenn ich ihm eines dieser neuen Psychopharmaka, Clorazil zum Beispiel, geben dürfte, würde er uns vielleicht mehr verraten.«
»Du gibst dir aber ganz schön Mühe, Sarahs Mörder zu helfen.«
»Er wurde sein halbes Leben lang mißhandelt.«
»Wie?«
»Verprügelt.«
»Verschon mich. Wieder mal ein Täter, der nur Opfer ist.«
»Ich bin noch nie einem begegnet, bei dem das nicht der Fall gewesen wäre.«
»Sogar Marcus Prescott?«
Mir wurde flau im Magen. »Warum fragst du ... ?«
»Sogar er?«
Ich schloß die Augen. »Ja, sogar Prescott.«
»Weißt du was? Wenn du es drauf anlegst, zum Erlöser aller Psychopathen zu werden, ist das deine Sache. Aber wehe, wenn du deswegen Sarahs Fall vermasselst. Sie ist das Opfer.« Kathy hielt inne. »In Wahrheit benutzt du Westmoreland auch nur wie eine Droge.«
»Was?«
»Ich glaube, für dich spielt das gar keine Rolle. Koks, Alkohol, Mädchen. Und ich, wenn dir gar nichts anderes übrigbleibt.«
»Ich benutze dich nicht als Droge. Und Westmoreland auch nicht.«
»Ach, danke. Da bin ich ja in guter Gesellschaft. Und jetzt hör mir mal gut zu: Du mußt dringend in eine Drogenklinik.«
»Zuerst muß ich diesen Fall abschließen.«
»Du bist derart süchtig, daß du niemandem helfen kannst – auch nicht der Polizei.«
»Ich weiß nicht. Die Fakten passen einfach nicht zusammen. Und das liegt bestimmt nicht am Koks.«
»Dann mußt du es wohl auf die harte Tour lernen und erst mal ganz unten ankommen. Aber erwarte nicht, daß ich die Scherben zusammenklaube. Ich habe es satt, die zweite Geige zu spielen, weil deine Wahnideen dir wichtiger sind.«
»Findest du wirklich, daß ich wieder in die Therapieklinik sollte? Sofort?«
»Ich habe dir gesagt, was ich denke.«
»Ich kann auch allein aufhören.«
Sie lachte. »›Die Drogen sind nicht das Problem. Ich kann auch allein aufhören.‹ Du klingst wie ein Junkie.« Ich klang wirklich wie ein Junkie. Seufzend meinte ich: »Ich werde mir überlegen, ob ich freiwillig ins McLean gehe.«
»Überleg nicht zu lange.« Sie hängte ein.
Ich blieb eine Weile sitzen und dachte über meinen nächsten Schritt nach. Da ich nicht glaubte, mich voll und ganz auf eine Gruppentherapie im McLean einlassen zu können, während die Bank mir Haus und Auto pfändete, fuhr ich zu meiner Mutter. Ich mußte fünfmal auf die Klingel drücken, bevor sie sich meldete.
»Hallo?« zwitscherte sie. Ihre Stimme klang dünn und sehr entfernt.
»Ich bin's, Frank.« Die Hand an der Tür, stand ich da und wartete auf das Surren des Türöffners.
»Oh.«
»Die Tür geht nicht auf.«
»Willst du wieder Geld?«
Ich hatte nicht mehr die Kraft zu lügen. Und ich hatte nicht den Mut, ihr zu sagen, daß ich mehr von ihr brauchte als Geld – Dinge, die sie mir nie hatte geben können. »Die dreihundert waren nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Ich habe meine Ratenzahlungen und...«
»Kathy meinte, ich muß damit rechnen, daß du mich wieder um Geld bittest.«
»Laß mich rein.«
»Nein.«
Erschöpft beugte ich mich vor und hielt den Mund dicht an die Gegensprechanlage. »Wenn du willst, kannst du die Schecks direkt an die Finanzierungsfirma schicken. Ich stecke in Schwierigkeiten und könnte alles verlieren, was ich besitze.«
»Du gehst immer den leichtesten Weg, Frank. Das ist dein Problem.«
Komisch. Ich konnte mich nicht erinnern, daß ich den leichtesten Weg genommen hatte, wenn mein Vater mich wieder verprügeln wollte. Sie hingegen hatte sich im Schlafzimmer verschanzt.
»Kathy sagt, ich muß aufhören, einer von deinen ... Wie hat sie es noch mal genannt? ... Kumpanen zu sein.« Ich konnte mir ein Lächeln nicht
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