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Kalt kommt der Tod (German Edition)

Kalt kommt der Tod (German Edition)

Titel: Kalt kommt der Tod (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Sprado
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nicht.«
    Sie hängten ihre Jacken übereinander an den Kleiderständer und setzten sich abseits an einen Tisch am Fenster, das auf eine Parkgarage hinausging.
    Die Kellnerin knallte die Gläser, den Wein und das Bier auf den Tisch mit der Ansage: »Wir machen bald dicht.«
    Sie war eine kleine Person, der es Spaß zu machen schien, größere Leute aus dem Gleichgewicht zu bringen.
    Jenna nahm einen anständigen Schluck von ihrem Bier.
    »Das war nötig«, sagte sie und wischte sich über die Lippen. »Ich habe in meinem Leben einige ernsthaft gestörte Männer kennengelernt, aber …«
    »Jetzt kennst du noch einen«, sagte Packer.
    Er betrachtete die Lücke zwischen ihren Schneidezähnen, sie war beträchtlich, aber reizend.
    Jenna bemerkte es, sagte: »Meine Lücke verleiht mir Charakter. Als ich dreizehn war, rief mir ein Junge nach: Du kannst ein Fünfmarkstück durch deine Schneidezähne stecken. Ich hab’s versucht. Aber es ging nicht. Zehn und zwanzig Pfennig: ja. Aber keine fünf Mark.«
    Eine Weile sagte Packer gar nichts, dann: »Wann habt ihr euch kennengelernt, du und Carolin?«
    »Wir haben während eines Praktikums zur gleichen Zeit am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven gearbeitet. Polar- und Meeresforschung. Carolin war schon damals eine ehrgeizige und gewissenhafte Wissenschaftlerin. Wir verstanden uns auf Anhieb. Außerdem, wir kommen beide aus Bremen, das schweißt zusammen. Aus Arbeit wurde Freundschaft. Noch was?«
    »Meinen Namen hat sie nie erwähnt?«, fragte Packer.
    Er drehte sich eine dünne Zigarette mit thailändischem Gewürztabak, den er rauchte, solange er denken konnte. Sie stanken nach billigem Parfum mit einem Hauch Nelke. Er selbst kriegte das nicht mit, nur die Leute, die in seiner Nähe standen, wenn er sich eine anzündete. Klar, die meisten dachten, er würde einen Joint rauchen, so wie das roch, und machten, dass sie wegkamen. Oder fragten, ob sie auch eine haben könnten.
    »Hätte sie denn sollen? Eigentlich haben wir uns alles erzählt, trotzdem hatte ich manchmal den Eindruck, dass sie mir etwas verschweigt, und so wie es aussieht, lag ich mit dieser Einschätzung ja nicht ganz falsch. Sag du mir, ob ich mich geirrt habe.«
    »Das ist eine lange Geschichte. Unterwegs werden wir eine Menge Zeit haben, darüber zu reden.«
    »Wie bist du in Bremen an den Namen Phong gekommen?«, fragte sie. »Das ist ein Name, wie man ihn höchstens auf der Speisekarte eines chinesischen Restaurants findet. Oder in Ostfriesland.« Amüsiert blickte sie ihn über ihr Glas hinweg an. »War nur Spaß, ich dachte, ich könnte dich ein wenig aufziehen, damit du mir erzählst, was mit dir los ist und was du für einer bist.«
    »Ich sag’s dir, wenn ich es weiß.«
    Jenna trank ihr Bier aus und winkte der Kellnerin, die sich demonstrativ abgewandt hatte und mit dem Barmann und dem Werder-Fan unterhielt.
    Als die nächste Runde endlich ihren Tisch erreicht hatte und die Kellnerin wieder abgezogen war, sagte Jenna: »Ich wette, du hast schon einigen Leuten gewaltig in den Arsch getreten. Schockiert? Ich versuche nur gerade herauszufinden, ob es sich lohnt, dich mit nach Hause zu nehmen. Auch Forscherinnen reden so, vor allem wenn es spät ist.«
    »Ich möchte nur ein Bett, sonst nichts.«
    »Bist du gut? Ich meine, als Detektiv?«
    »Liest du manchmal Zeitung?«
    Während sie an ihren Gläsern nippten, erzählte ihr Packer, weshalb es für ihn unmöglich war, heute Nacht in seine eigene Wohnung zurückzukehren.
    »Das mit dem Catcher bist du gewesen?«, fragte sie. »Im Park Central Hotel?«
    Packer nickte.
    »Ich sage ja nicht, dass es mir Spaß gemacht hat. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich das Problem lieber friedlich gelöst. Aber er war nicht sonderlich kooperativ … Erzähl mir von Spitzbergen.«
    »Erzähl mir von dir.«
    »Meinetwegen. Aber du zuerst, dann ich, in dieser Reihenfolge. Zuerst Spitzbergen.«
    »Ich könnte für dich den Reiseführer spielen, aufpassen, dass du in keine Schneewehe fällst.«
    Sie bestellten noch mal das Gleiche.
    Selbstvergessen fing Jenna an, diverse Gegenstände auf dem Tisch zu betasten. Den gläsernen Ständer mit der halb abgebrannten roten Kerze. Den Stapel Bierdeckel. Den Fuß ihres Glases.
    »Spitzbergen ist krass«, sagte sie. »Kalt, überall Schnee und Eis und das übelste Ungeziefer, das es gibt, zum Beispiel Eisbären. Von oben sieht Spitzbergen aus wie das Ohr eines alten Elefanten. Eine karge, raue, erbarmungslose Inselgruppe auf

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