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Kalt kommt der Tod (German Edition)

Kalt kommt der Tod (German Edition)

Titel: Kalt kommt der Tod (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Sprado
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waren mit einem zuckersüßen Lächeln lackiert: »Das ist also alles Unsinn in deinen Augen, Phong? Ich hab O. C. gesagt, dass er dich nicht anrufen soll, aber wie du siehst, hört er noch immer nicht auf mich. Ich bin hier bloß die Statistin. Du hast nie viel getaugt, Phong. Warum solltest du ausgerechnet jetzt damit anfangen?«, sagte sie mit einer Stimme, die zum Farbe-Abbeizen gut gewesen wäre. Unter dem Rita-Hayworth-Rot mussten ihre Haare inzwischen weiß sein.
    Packer ließ sich Zeit, das ganze Aroma dieses Vorwurfs auszukosten.
    Sie war gut in ihrer Rolle als altes Biest. Als was auch sonst? Statt eines Gewissens hatte sie ein schwarzes Loch. Schon immer gehabt.
    O. C. Riesenberg funkelte sie an.
    »Ich will meine Tochter wiederhaben. Dafür ist mir jedes Mittel recht.«
    »Sie ist auch meine Tochter, erinnerst du dich?«, sagte Aveline Riesenberg spitz. »Ist nur eine Kleinigkeit, aber mit dem Alter wirst du manchmal vergesslich.«
    Riesenberg rollte zu Packer.
    »Wie wäre es mit fünfzigtausend?«
    »Eine Menge Geld.«
    »Wie hättest du es gern?«
    »In einem weißen Umschlag, sieht gleich viel netter aus.«
    Packer würde den Alten bluten lassen. Und dachte: Wir stauen diesen Familienkram in uns auf, bis es kocht wie die Hölle.
    »Der Plan ist«, sagte Riesenberg, »ihr vier fliegt zusammen nach Spitzbergen, Jenna, Kokina, du und Kurt.«
    »Kurt kostet extra«, sagte Packer. »Mindestens zehntausend.«
    »Du leitest das Team«, fuhr Riesenberg unbeirrt fort, als hätte er die Bemerkung nicht gehört. »Seht euch um, sammelt Eindrücke, macht ein bisschen Druck. Hast du schon eine Idee, Junge?«
    »Wenn der mal ’ne eigene Idee hat, stirbt die vor Einsamkeit.« Der Schwiegersohn jetzt wieder. Kurt Vollmer.
    »Es ist alles arrangiert«, sagte Riesenberg. »Morgen früh fliegt ihr mit der ersten Lufthansa-Maschine nach Oslo, von da geht es weiter nach Tromsö, dann noch mal zwei Stunden nach Longyearbyen, wo meine Assistentin für euch Zimmer im Radisson Hotel reserviert hat. Es ist verdammt kalt da oben. Du wirst warme Sachen brauchen, Junge.«
    Er zückte sein Portemonnaie und zupfte vier Fünfhundert-Euro-Scheine heraus.
    »Auf Spitzbergen gibt es in der Stadt einen Laden, da findest du alles, was du brauchst, um dich für die Arktis auszurüsten.«
    Er nahm Packers Hand, schaute zu ihm auf und sagte: »Bring sie mir zurück, Junge. Bitte, bring sie uns zurück.«
    Es lag eine so überraschende Traurigkeit in der Stimme von O. C. Riesenberg, dass Packer erst später gewahr wurde, was er darauf geantwortet hatte: »Ja, Vater.«
    12
    »Vater?«, fragte Jenna Harbers.
    »Carolin hat dir also nichts von uns erzählt«, erwiderte Packer.
    »Hätte sie denn sollen?«
    Dank der sechs Espressos, die er am Nachmittag getrunken hatte, war er hellwach. Er ging neben Jenna durch den knöchelhohen Schnee über die Fußgängerbrücke zurück in die Innenstadt.
    Da gab es Straßenbahnen, Restaurants, Kneipen. Und vor allem Wärme.
    Jenna blieb plötzlich stehen.
    »Kann ich mal was laut sagen? Hörst du mir zu? Das ist doch nicht normal, wie ihr redet. Ich hab mich vorhin wie auf Spitzbergen gefühlt, da ist es auch nicht kälter.«
    Packer ging weiter.
    »He, du, ich rede mit dir. Was bist du für einer?«
    Sie lief ihm nach und zupfte am Ärmel seiner Jacke.
    »Bleib stehen, wenn ich mit dir rede. Wohin willst du überhaupt?«
    Gute Frage. Er hatte keine Ahnung. Vor seinem Haus warteten die Paparazzi.
    »Können wir zu dir gehen?«, fragte er.
    Eine langsame, traurige Akkordeonmelodie wehte zu ihnen herüber und brach mit einem Misston schlagartig ab.
    Ehe sie auf seine Frage antworten konnte, hob Packer den Kopf und rannte los, sprang über die Schienen in der Obernstraße, rutschte aus, fing sich wieder und lief weiter, in die Sögestraße.
    Vor einem Schaufenster von Karstadt blieb er stehen. Hinter der Scheibe strahlten Halogenscheinwerfer Night Fluids an, Anti-Aging-Cremes und anderes Teufelszeug, mit dem die Beauty-Industrie ihren Kunden das Geld bündelweise aus den Taschen zieht.
    Ein paar Meter entfernt krümmte sich ein Mann mit einem Akkordeon. Sein Notenständer war umgekippt. Um ihn herum lagen lose Blätter und saugten sich voll Wasser. Ein Speicheltropfen hing von seinen Lippen. Er stöhnte.
    Drei Skinheads mit Bierflaschen in der Hand waren auch noch da. Dünne Bomberjacken, knallenge Hosen, hier und da blitzten silberne Ketten und bunte Buttons. Zwei hatten schwarze Wollmützen auf. Einer trug

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